ELGA: Datenschützer warnen vor "Zwangsenteignung" durch EU-Pläne

THEMENBILD: ELGA / ELEKTRONISCHE GESUNDHEITSAKTE
Rauch und Tursky beruhigen: Möglichkeit zum Ausstieg aus der Elektronischen Gesundheitsakte soll bestehen bleiben.

Nachdem Datenschützer gewarnt hatten, dass im Rahmen des geplanten europäischen Gesundheitsdatenraums die Möglichkeit zur Abmeldung aus der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) abgeschafft werden könnte, hat sich Digital-Staatsskretär Florian Tursky (ÖVP) am Mittwoch um Beruhigung bemüht. "Ein Aus des Opt-Out bei ELGA wird es in Österreich nicht geben", betonte er in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA.

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Die Bundesregierung stelle sich hier klar auf die Seite der Datenschützer, so Tursky. Die Position: "Wir haben gerade im Digital Austria Act beschlossen, dass alle digitalen Lösungen freiwillig sein müssen und durch hohe Nutzerfreundlichkeit und Transparenz die Nutzerinnen und Nutzer überzeugen." Bei der nationalen Umsetzung des europäischen Raum für Gesundheitsdaten (European Health Data Space; EHDS) werde Österreich auf dem bestehenden System der elektronischen Gesundheitsakte aufbauen und die Opt-Out-Möglichkeit nicht aufweichen.

Gesundheitsreform

"Mit Zwang werden wir niemanden von neuen innovativen Lösungen überzeugen", unterstrich der Staatssekretär: "Wir müssen durch hohe Nutzerfreundlichkeit und Transparenz das Vertrauen und die Akzeptanz unserer Bürgerinnen und Bürger gewinnen." Nach Einführung der ELGA 2015 sind laut Staatssekretariat aktuell drei Prozent der Österreicherinnen und Österreichischer aus ELGA optiert.

ELGA: Datenschützer warnen vor "Zwangsenteignung" durch EU-Pläne

Florian Tursky (ÖVP)

Auf der gleichen Linie zeigt sich auch Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Am Rande einer Pressekonferenz betonte er, dass Österreich auf die Beibehaltung der Opt-Out-Möglichkeit bestehe. Auch bei der entsprechenden EU-Ratssitzung habe er diese Position vertreten, so der Gesundheitsminister.

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Johannes Rauch (Grüne)

Im Zuge der Gesundheitsreform, die kommende Woche im Nationalrat beschlossen werden soll, wird erneut ein Schwerpunkt bei der Elektronischen Gesundheitsakte gesetzt, um den Nutzen für die Bürger zu erhöhen. Dadurch sollen auch Bilddaten (etwa von radiologischen Untersuchungen) sowie jene des Eltern-Kind-Passes, der schulärztlichen Untersuchungen, der Stellungsuntersuchungen beim Bundesheer bis hin zu den Daten der Wahlärztinnen und Wahlärzte einfließen.

"Natürlich nur, wenn das der Bürger, die Bürgerin auch möchte", betonte Tursky: "Zusätzlich wird ELGA einfacher: Von einer PDF-Sammlung werden wir die ELGA zu einer echten persönlichen Gesundheitsakte entwickeln, mit der nicht nur Ärzte etwas anfangen können, sondern auch die Bürger einen einfachen Überblick über ihre Daten haben."

Ziel der EU-Pläne

Die Idee hinter dem geplanten europäischen Raum für Gesundheitsdaten (EHDS) ist es, dass EU-Bürger ihre Gesundheitsdaten künftig ganz einfach in allen Ländern der EU nutzen können. Ärzte könnten damit Krankengeschichten von Patientinnen und Patienten aus anderen EU-Ländern einsehen, wodurch unnötige Untersuchungen vermieden werden könnten. Zweites Ziel ist, dass Forscher, Industrie und öffentliche Institutionen das Potenzial der Daten nutzen können. Kommende Woche soll im EU-Parlament erstmals über den EHDS abgestimmt werden.

Laut den Datenschützern von epicenter.works würde mit dem Vorhaben die Primärnutzung von elektronischen Gesundheitsdaten zur Behandlung von Patientinnen und Patienten verpflichtend. Die Sekundärnutzung etwa für Forschung würde zum Standard, kritisieren die Datenschützer.

Offener Brief

Sie haben einen offenen Brief an die Bundesregierung, die Klubobleute und EU-Politiker  geschickt. "Gesundheitsdaten gehören zu den heikelsten persönlichen Daten jedes Menschen. Deshalb ist es essenziell, dass sie besonders hohen Schutz genießen und man selbst entscheiden kann, ob, wie und von wem die eigenen Daten verarbeitet werden", heißt es darin.

Die Opt-Out-Möglichkeit bei ELGA sei "eine große Errungenschaft". "Mit der Einführung des europäischen Gesundheitsdatenraums würde diese gut etablierte Lösung verloren gehen. Das käme einer Zwangsenteignung von Gesundheitsdaten aller 279.337 betroffenen Österreicherinnen und Österreicher gleich", so epicenter.works.

SVS-Chef: "Opt-Out überdenken"

Es gibt aber auch gegenteilige Ansichten:  "„Opt-Out bei Elga darf nicht unantastbar sein. Wir müssen es überdenken und diskutieren dürfen", sagt Peter Lehner, SVS-Obmann und Co-Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger. 

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„Es ist unethisch die neuen Technologien und Daten nicht zu nutzen - das gilt sowohl für das System, die Gesellschaft als auch den Einzelnen. Ein Opt-Out kann künftig die Versorgung des Einzelnen gefährden, wenn entscheidende Informationen nicht verfügbar sind“, erläutert Lehner. „Je vollständiger und besser die Daten sind, desto mehr Nutzen schaffen sie - in der Wissenschaft wie in der Behandlung des Patienten“. 

Gleichzeitig betont er: „Datenschutz steht in absolut keinem Widerspruch dazu, sondern Datenschutz ist unantastbar.“

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