Ein U-Ausschuss wie "Kraut und Rüben“

SONDERSITZUNG DES NATIONALRATS AUF VERLANGEN DER FPÖ: KICKL / PRÖLL
Die FPÖ will in einem Aufwaschen die Causa Pilnacek und die Coronapolitik in einem U-Ausschuss ausleuchten – und erntet dafür Häme bei den anderen Parteien.

Eine Partei, seit Jahrzehnten an der Macht, die Medien und Polizei kontrolliert, um Kritiker zu verleumden und mundtot zu machen: Zustände, die FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker nicht etwa in Russland oder Ungarn ortet, sondern in Österreich, und zwar in der Verantwortung der ÖVP.

Nach einer etwas längeren Orientierungsphase nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen gehen die Freiheitlichen nun in die Offensive. Nachdem sie zuletzt mehr als 800 parlamentarische Anfragen zu den Corona-Maßnahmen der Regierung eingebracht hatten, folgt nun die zweite Stufe: In einer Sondersitzung des Nationalrats am Mittwoch bringt die FPÖ ihren Antrag zu einem U-Ausschuss ein, der den „Machtmissbrauch“ durch die ÖVP beleuchten soll. Konkret soll es dabei einerseits um die Ermittlungen zum Tod des einstigen Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek gehen, andererseits um die Corona-Maßnahmen.

„ÖVP-Tentakel“

„Die Tentakel der ÖVP reichen von Justiz über Polizei bis hin in die Medien“, ist Hafenecker überzeugt. Sie sei nur noch daran interessiert, Kontrolle über Ermittlungen und Medien zu erhalten. „Insbesondere bei den Ermittlungen im Fall Pilnacek, der nicht mehr mitspielen wollte. Er hat sich geweigert, sich vor den Parteiapparat spannen zu lassen. Kurze Zeit später war er tot, und es kam zu merkwürdigen Ermittlungen.“ Während der Pandemie wiederum seien Maßnahmenkritiker wie Staatsfeinde behandelt und Demonstranten kriminalisiert worden.

Deshalb, so Hafenecker, sei ein U-Ausschuss „unsere staatsbürgerliche Pflicht“, ja „ein Akt der politischen Notwehr gegen die ÖVP“.

So auch Klubchef Herbert Kickl: „Die ÖVP-Mentalität ist: ‚Der Staat, des samma mir.‘ Wenn man die ÖVP kontrollieren will, dann schädigt man den Staat. Wir spielen hier nicht mit.“

Entwurmungsmittel

Die ÖVP versucht, den Spieß umzudrehen: „Es war nicht die ÖVP, die ein Entwurmungsmittel empfohlen hat, das zu einem Todesfall geführt hat“, so Staatssekretär Alexander Pröll. Er beantwortet in Vertretung des verhinderten Bundeskanzlers Christian Stocker (ÖVP) eine Dringliche Anfrage der Blauen. 

Pröll weiter: „Die FPÖ will mit dem U-Ausschuss den Verkauf des Pilnacek-Buchs von Peter Pilz unterstützen und verunglimpft zugleich die Arbeit der Polizei.“

Wobei womöglich erst die Verfassungsrichter klären werden müssen, ob der bemerkenswerte Themenmix aus Corona und Pilnacek überhaupt zulässig ist. Von einem „Kraut-und-Rüben-Antrag der FPÖ“ spricht SPÖ-Mandatar Maximilian Köllner und mahnt: „Ein U-Ausschuss ist kein Vehikel für einen politischen Rachefeldzug.“

Ähnlich auch Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos, der im Antrag keinen roten Faden, sondern einen blauen ortet. Dass man in dem Antrag Corona und die Causa Pilnacek vermischt, ist nicht nur für ihn ein Zeichen dafür, dass es innerhalb der FPÖ konkurrierende Lager mit unterschiedlichen Prioritäten gibt.

Grüne ziehen partiell mit

Zwischen den Stühlen sitzen die Grünen, die nicht ihren Ruf als Kontrollpartei verspielen wollen, sich aber gleichzeitig nicht zum Komplizen der FPÖ mit ihrem Geraune über einen angeblichen „tiefen Staat“ in Österreich machen lassen wollen. Die Lösung ist ein Mittelweg. Man werde die Aufklärung des „Ermittlungschaos“ in der Causa Pilnacek unterstützen, so Klubchefin Sigrid Maurer. Sie kritisiert, dass die ÖVP Niederösterreich gleichsam eine Erbpacht auf das Innenministerium habe.

Das „wirre Gefasel“ abseits dieser Thematik lehnt sie aber ab. Der Begriff des „tiefen Staats“ komme nur in Zusammenhang mit Verschwörungstheorien vor. Da sei es nicht mehr weit zum Glauben an die Existenz von Echsenmenschen und daran, dass die Erde eine Scheibe sei.

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