Am 1. Jänner 2020 fiel der berühmte Satz, die türkis-grüne Koalition werde „das Beste aus beiden Welten“ bringen.
Nun – was ist ein knappes Jahr später daraus geworden? Wurde das Versprechen gehalten?
Der Kampf gegen Corona hat in diesem ersten Jahr alles überlagert, Politik abseits von Corona hat kaum stattgefunden.So sehen das auch die Befragten in der KURIER-OGM-Umfrage zum Jahrestag von Türkis-Grün. Sie beurteilen die Regierung entlang des Corona-Krisenmanagements. Und diese Beurteilung fällt trotz des Verordnungs-Durcheinanders erstaunlich gut aus.
Alles Details zur Beurteilung der Regierung und der Oppositionsparteien, die Zustimmung zu den fünf Parteichefs und Parteichefinnen bei den eigenen Wählern sowie die Sonntagsfrage lesen Sie hier:
Die Zustimmung zum Corona-Management ist deutlich höher als die Summe aus ÖVP- und Grün-Wählern. OGM-Chef Wolfgang Bachmayer: „Trotz des aktuellen Durcheinanders bei den Verordnungen und Maßnahmen ist das Gesamturteil zum Corona-Krisenmanagement mit 62 Prozent positiven Stimmen besser als erwartet.“
Auch die heiklen Freiheitseingriffe hat Türkis-Grün recht gut gemeistert. 40 Prozent finden sie „ausgewogen“, zusätzliche 27 Prozent hätten der Regierung sogar noch stärkere Eingriffe verziehen. 29 Prozent der Befragten gingen die Eingriffe zu weit.
Die generelle Beurteilung der Regierungsarbeit weicht von der Beurteilung des Corona-Managements nicht wesentlich ab. 59 Prozent sind zufrieden, 37 Prozent unzufrieden.
Grüne als Regierungspartei akzeptiert
In diesem Jahr waren erstmals die Grünen Teil einer Bundesregierung. Was sagen die Wähler nach einem Jahr? 52 Prozent finden, dass sie ihre Sache gut gemacht haben, aber nur 29 Prozent finden, dass in der Regierungspolitik eine grüne Handschrift erkennbar war.
Bachmayer: „Der Löwenanteil derer, die sagen, dass die Grünen ihre Sache gut machen, kommt aus den Reihen der Regierungswählerschaft, aber auch von circa jedem dritten Wähler von SPÖ und Neos.“
Grünen fehlt Klimathema
Das Urteil über die Performance der Grünen sei hauptsächlich von der Coronakrise bestimmt, andere Themen wie die Aufnahme von Kindern aus Moria oder das Klimathema spielen wenig Rolle. Bachmayer: „Einerseits fehlt den Grünen das Klimathema als Triebwerk.
Andererseits nutzt es ihnen vielleicht sogar, dass sie mit Themen wie Flüchtlinge, Menschen- und Frauenrechten nicht so durchkommen, weil sie dadurch pragmatischer erscheinen.“
Ministerteams kommen beim Partner nicht gut an
Der KURIER ließ auch die Kompetenz der Regierungsteams abseits von den Parteichefs Kurz und Kogler erheben. Das Ergebnis ist pikant: Die Grün-Wähler/innen sind mit ihrem Regierungsteam erwartungsgemäß zufrieden, aber die ÖVP-Wählerschaft findet das grüne Team zu 41 Prozent „wenig“ oder „nicht kompetent“.
Das gleiche gilt umgekehrt: 42 Prozent der Grün-Wähler/innen sagen, das ÖVP-Team sei „wenig“ oder „nicht kompetent“.
SPÖ und ÖVP über, FPÖ unter Wahlergebnis
In der Sonntagsfrage hat sich zwar während des Jahres einiges getan – die ÖVP erlebte einen Höhenflug, die SPÖ ein historisches Tief. Aber am Ende des Jahres 2020 befinden sich die Parteien nicht allzu weit vom Wahlergebnis im Herbst 2019 entfernt.
Die ÖVP liegt leicht über ihrem Wahlergebnis, die Grünen haarscharf darunter. Die SPÖ würde derzeit etwas besser als vor einem Jahr durchs Ziel gehen, die Freiheitlichen noch schlechter. Neos können nur leicht zulegen.
Die ÖVP käme bei Nationalratswahlen aktuell auf 40 Prozent der Stimmen, die SPÖ auf 23, die Grünen gleichauf mit der FPÖ auf je 13 Prozent, die Neos auf neun Prozent.
Bachmayer wagt einen Ausblick: „Den Grünen geht das Klimathema ab, und das wird sich in den nächsten Jahren angesichts der rasch nahenden Krise von Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Sozialem nicht ändern. Diese Themen werden SPÖ und FPÖ nutzen.“
Kurz über, Rendi unter Parteiwert
Interessant ist die Frage nach einer fiktiven Kanzler-Direktwahl. Sebastian Kurz erlebte am Beginn der Corona-Krise ein enormes Hoch, sank inzwischen deutlich ab, liegt aber mit hoch gerechneten 50 Prozent weit vor der ÖVP (40 Prozent). SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat ihr Tief überwunden, liegt aber mit 18 Prozent in der Kanzlerwahl-Frage hinter der SPÖ (23 Prozent).
Wer als Parteichef/in wie fest im Sattel sitzt
Die Daten geben auch Aufschluss, welcher Parteichef, welche Chefin wie fest im Sattel sitzt.
Demnach würden 94 Prozent der ÖVP-Wähler Sebastian Kurz direkt zum Kanzler wählen. 61 Prozent der SPÖ-Wähler würden für Rendi-Wagner als Regierungschefin votieren. Werner Kogler würde von 58 Prozent der Grün-Wählerschaft direkt gekürt. Norbert Hofer könnte auf 64 Prozent der FPÖ-Wähler zählen, Beate Meinl-Reisinger auf 68 Prozent der Neos-Wählerschaft.
Türkis-Grün am beliebtesten
Wären jetzt Nationalratswahlen, würden 17 Prozent eine türkis-blaue Koalition bevorzugen, 13 Prozent eine türkis-rote, 12 Prozent wären für Türkis-Grün-Neos. Eine deutliche, relative Mehrheit von 27 Prozent wäre für eine Neuauflage von Türkis-Grün.
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