Ein Drittel der Medizin-Absolventen arbeitet nicht als Mediziner

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Rechnungshof-Prüfer sehen dringenden Handlungsbedarf für Politik und Unis gegen die hohe Drop-out-Rate – auch angesichts der Ausbildungskosten von 542.000 Euro pro Absolvent.

Der Rechnungshof prüfte – auf Beschluss des Nationalrats – die „Ärzteausbildung“. Ergebnis: In Österreich besteht eine erhebliche Differenz zwischen der Zahl der Medizinabsolventinnen und -absolventen und der Zahl der in Folge im Arztberuf tätigen Ärztinnen und Ärzte. 

Als Gründe sehen die Prüfer, dass die Absolventen schlicht einen anderen Beruf wählen oder ins Ausland abwandern.

Der Rechnungshof empfiehlt dem Gesundheitsministerium, dem Wissenschaftsministerium und den Medizinischen Universitäten Graz und Wien – aufgrund der Drop-out-Rate nach Studienabschluss von 31 Prozent – geeignete Maßnahmen zu setzen, um die ärztliche Berufstätigkeit von Medizinabsolventinnen und -absolventen in Österreich zu forcieren.

Die Prüfung ergab konkret, dass sich im Durchschnitt der Studienjahre 2008/09 bis 2018/19 nur 79 Prozent der Medizinabsolventinnen und -absolventen in die Ärzteliste eintragen ließen.

Und weiter: Nur 69 Prozent der Absolventinnen und Absolventen waren zur Zeit der Gebarungsüberprüfung auch ärztlich tätig.

Die Prüferinnen und Prüfer halten zudem fest: Immerhin konnte durch Zuwanderung von Ärzten aus dem Ausland der „verbleibende Verlust“ auf 20 Prozent reduziert werden.

Und dies alles vor dem Hintergrund, dass Österreich je Absolventin bzw. Absolvent bis zu rund 542.000 Euro ausgibt.

Planwirtschaft beim Medizinstudium nicht erfolgreich

Durch die Beschränkung des Zugangs zum Medizinstudium an den öffentlichen Medizinischen Universitäten ab dem Studienjahr 2005/06 lag die jährliche Absolventenzahl im Durchschnitt der Studienjahre 2011/12 bis 2018/19 bei 1.269 und somit um 19 Prozent niedriger als im Durchschnitt der Studienjahre 2000/01 bis 2010/11 (1.576).

Der Rechnungshof empfiehlt dem Gesundheitsministerium und dem Wissenschaftsministerium, gemeinsam mit den Medizinischen Universitäten die Absolventenzahlen des Medizinstudiums auch im Hinblick auf die Sicherstellung des Ärztenachwuchses zu evaluieren.

Auswirkung auf die ärztliche Versorgung

Von 2016 bis 2020 nahm die Zahl der allgemeinmedizinischen Turnusärztinnen und Turnusärzte in allen Ländern ab – dies in einer Bandbreite von 15 Prozent im Burgenland bis zu 43 Prozent in Kärnten und Salzburg, erklärt der Rechnungshof weiter.

Der Rechnungshof hält außerdem fest, dass die tatsächlichen Austritte aus der Ärzteliste von den Schätzungen der Ärzte-Ausbildungskommission für 2017 und 2018 deutlich abwichen.

So waren etwa für das Jahr 2018 die Schätzungen für Wien um 621 Prozent, für die Steiermark um 211 Prozent und für das Burgenland um 250 Prozent höher als die Austritte.

Ärztekammer verlangt bessere Arbeitsbedingungen

Auf KURIER-Anfrage weist die Österreichische Ärztekammer "schon seit längerer Zeit" auf die deutlich zu hohe Drop-out-Quote hin, die aufzeige, dass bis zu 40 Prozent der Medizin-Absolventen nicht dem österreichischen Gesundheitssystem zur Verfügung stehen.
 
Aus Sicht der ÖÄK sei wesentlich, den Nachwuchs mit attraktiven Arbeitsbedingungen im Land zu halten, denn wir befinden uns speziell mit Deutschland und der Schweiz, aber – mit geringerem Umfang - auch skandinavischen Ländern in einem harten Wettbewerb um die jungen Ärztinnen und Ärzte.

Attraktivere Arbeitsbedingungen bedeuten etwa eine Entlastung von bürokratischen Aufgaben oder auch Arbeitszeiten, die eine bessere Work-Life-Balance ermöglichen.
 
Wesentlich sei auch die Qualität der Ausbildung. Eine Umfrage unter Ärztinnen und Ärzten in Ausbildung aus dem Vorjahr habe ergeben, dass 87 Prozent grundsätzlich bereit seien, in ein anderes Land zu gehen, wenn sie den Eindruck hätten, dass die Ausbildung dort besser ist. Hier müsse man ansetzen, dass beispielsweise die Krankenhausträger das entsprechende Budget erhalten, um mehr Personal für die Ausbildung zu haben.
 
Die Drop-out-Quote zeige außerdem, dass mehr Studienplätze alleine keine Lösung seien. Das Gesundheitssystem müsse unser Angebot für die bei uns ausgebildeten Ärztinnen und Ärzte deutlich verbessern.
Ein Drittel der Medizin-Absolventen arbeitet nicht als Mediziner

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