Düstere Zeiten für Ländle-Schwarze

Die Vorarlberger Volkspartei musste zuletzt bei Nationalrats- und EU-Wahl heftige Tiefschläge einstecken. Landeschef Markus Wallner muss nun auf die Mobilisierungskraft der Parteimaschinerie hoffen
Die Herausforderer von Landeshauptmann Wallner sind sicher: Die Absolute der VP wird fallen.

Jeder Wahlgang findet unter neuen Vorzeichen statt. Darum sind die Konkurrenten der Vorarlberger Volkspartei auch vorsichtig damit, die Ergebnisse der letzten beiden Urnengänge auf die Landtagswahl am 21. September zu übertragen. Beide Male hatte es schallende Ohrfeigen für die Schwarzen im Ländle gesetzt. Bei der Nationalratswahl im vergangenen Herbst gab es ein Minus von 5 Prozent, bei der EU-Wahl im Mai sogar einen Absturz um 8,5 Prozent. Beide Ergebnisse lagen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.

Das schwarze Bollwerk im äußersten Westen Österreichs bröselt. Ausgerechnet bei seinem ersten Antreten als amtierender Landeshauptmann muss Markus Wallner um die Absolute bangen. "Mehrheiten gegen uns sind schnell gebildet", lautete daher eine seiner bewusst pessimistischen Botschaften beim Wahlkampfauftakt vor einer Woche. Es ist ein Schreckgespenst, das der 47-Jährige an die Wand malt. Denn es entbehrt jeglicher Grundlage.

Düstere Zeiten für Ländle-Schwarze
APA19619570-2_01082014 - BREGENZ - ÖSTERREICH: Die Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Vorarlberg am 21. September 2014. (v.l.) Michael Ritsch (SPÖ), Dieter Egger (FPÖ), Markus Wallner (ÖVP), Johannes Rauch (Grüne) und Sabine Scheffknecht (NEOS). FOTO: APA

Michael Ritsch (SPÖ), FPÖ-Chef Egger, Wallner (ÖVP), Johannes Rauch von den Grünen und Sabine Scheffknecht (Neos)

Eine Mehrheit gegen die ÖVP bedürfte eines ziemlichen bunten Haufens. FPÖ, Grüne, SPÖ und die höchstwahrscheinlich erstmals in den Landtag einziehenden Neos müssten sich zusammentun. "Und eine Koalition der Grünen mit der FPÖ ist vollkommen ausgeschlossen. Aber Wallner glaubt offenbar selbst nicht mehr, dass die Absolute zu halten ist. Und das wird so sein", ist Johannes Rauch, Landessprecher der Grünen, überzeugt. Er peilt eine Regierungsbeteiligung an. "Wenn die ÖVP ständig die Westachse beschwört, wäre es naheliegend, die Westachse mit den Grünen zu suchen", sagt Rauch. In Salzburg und Tirol regieren ÖVP-Landeshauptleute ja bereits mit den Grünen.

Die Umfragen sprechen jedenfalls dafür, dass sich die ÖVP im Herbst einen Koalitionspartner suchen muss. Sie dümpelt auf einem historischen Tiefstand von 38 Prozent herum. 2009 konnten die Schwarzen noch 50,8 Prozent der Vorarlberger Wähler von sich überzeugen – damals noch unter Landeshauptmann Herbert Sausgruber, der 2011 das Zepter an Wallner übergab.

Düstere Zeiten für Ländle-Schwarze
Zweitstärkste Kraft wird auch nach der Wahl die FPÖ bleiben, der leichte Verluste vorausgesagt werden. "Wir gehen von einem sehr hohen Stellenwert aus. Und es gibt einen neuen Mitbewerber", sagt Landesparteiobmann Dieter Egger, der trotzdem zulegen möchte. Auch er ist überzeugt, dass die ÖVP nicht mehr alleine regieren wird und hat sich als möglicher Partner ins Spiel gebracht. Dabei steht ihm jedoch seine eigene Vergangenheit im Weg. 2009 wurden die Freiheitlichen wegen eines antisemitischen Ausritts Eggers von der ÖVP aus der Regierung geworfen.Der seinerzeitige Sager müsse vor etwaigen Koalitionsverhandlungen korrigiert werden, erklärte Wallner zuletzt im ORF.
Düstere Zeiten für Ländle-Schwarze
Verhandlungen könnte es nach der Wahl auch mit den Neos geben. Sie stehen praktisch schon als großer Gewinner fest. Trotz unbekannten Personals liegen sie in Umfragen bei 14 Prozent. Das Ziel von Spitzenkandidatin Sabine Scheffknecht ist das selbe wie das der anderen ÖVP-Herausforderer: "Wir wollen die Absolute brechen."

KURIER: Was würde es für VP-Chef Markus Wallner bedeuten, wenn er die absolute Landtagsmehrheit wirklich verliert?

Das hängt von der eigenen Partei ab: ob sie Ruhe bewahrt oder ein Ergebnis, das sie zwar nicht erfreut, aber mit dem man eigentlich gut leben könnte, durch interne Streitigkeiten dann noch schlechter macht. Ich sehe die Auswirkungen weniger dramatisch, wenn die ÖVP die Absolute verlieren sollte.

Sie hat dann mit Sicherheit mehrere Koalitionsvarianten zur Verfügung, vielleicht sogar mit allen vier (falls die Neos einziehen) anderen im Landtag vertretenen Parteien eine rechnerische Koalitionsmöglichkeit. Aber ein Restrisiko, was die Eigendynamik bei Parteien am Wahlabend betrifft, das ist immer gegeben.

Glauben Sie, dass Herr Wallner noch eine Überraschung schaffen kann und besser abschneidet als prognostiziert? Die ÖVP Vorarlberg gilt ja als mobilisierungsstark.

Jetzt schon darüber zu spekulieren, wie es genau ausgeht, würde ich für verfrüht halten. Denn ja: Die Mobilisierungskraft ist groß. Die ÖVP hat vor allem aufgrund ihrer langjährig aufgebauten Wahlkampfstruktur in allen Bezirken, in jeder Gemeinde, die Möglichkeit einer zielgerichteten Mobilisierung. Diese Struktur hat in Vorarlberg nur die ÖVP.

Wäre ein verheerendes Ergebnis in Vorarlberg für ÖVP-Bundesobmann Michael Spindelegger vielleicht sogar problematischer als für den Landeshauptmann selbst? Es stehen ja mehrere Landtagswahlen an?

Vom Ergebnis her nicht. Da sind die großen Wahlen natürlich die für Spindelegger entscheidenden: Das sind Wien, Oberösterreich und Steiermark – alle im nächsten Jahr im Herbst, wenn es plangemäß läuft. Was dazwischen liegt – jetzt Vorarlberg und im nächsten Mai voraussichtlich Burgenland –, das schlägt für ein paar Tage Wellen. Und nach ein paar Wochen ist es vergessen. Bei Vorarlberg könnte etwas ganz anderes für die Bundespolitik wichtiger sein als das Wahlergebnis: Das ist, falls die Absolute fällt, die Koalitionsfrage. Egal, was da rauskommt: ob das Schwarz-Blau ist oder Schwarz-Grün oder Schwarz-Neos. Das ist nicht nach ein paar Tagen wieder vergessen und hat eine gewisse Symbolwirkung.

Das politische System in Vorarlberg ist auch wegen dem Auftreten der Neos in Bewegung geraten. Wird die ÖVP sie ins Regierungsboot holen, um sie vielleicht zu Tode umarmen zu können?

Wenn die ÖVP so eine Strategie hat, müsste sie das mit den Freiheitlichen machen. Denn bei allem Aufschwung der Neos, der auch viele ÖVP-Stimmen kostet, müsste man in Vorarlberg längerfristig gedacht den Aufschwung der Freiheitlichen stoppen. Sie werden größer als die Neos sein, egal wie die Wahl ausgeht.

Die Tiroler ÖVP hat die Grünen 2013 mit dem Argument "frischer Wind" in die Regierung genommen. Könnte Wallner ähnlich denken?

Die negativste Stimmungslage gibt es momentan gegenüber der Bundespolitik und der Bundesregierung. Um Abgrenzung zu symbolisieren, hieße das: alles außer Schwarz und Rot. Das funktioniert mit den Grünen, mit den Neos und mit Abstrichen auch mit den Freiheitlichen.

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