Wie Drohnen den Krieg und damit die Welt verändern

Soldat in Tarnkleidung steuert eine Drohne in bewaldeter Landschaft.
Bei einem Symposium in Wien zeigten Industrie, Militär und zivile Experten, wie dramatisch die Drohnen-Technologie die Sicherheitsdebatte beeinflusst.

Wäre es nicht zynisch, man könnte von perfektem Timing sprechen: Ausgerechnet an jenem Tag, an dem Drohnen auf dem Flughafen Kopenhagen für den "bislang schwersten Anschlag auf die dänische Infrastruktur gesorgt haben" (Regierungschefin Mette Frederiksen), trafen sich in Wien Militärs, Industrievertreter und zivile Experten, um beim Symposium "DroneVation & Defence" einen Einblick in die faszinierend-beängstigende Welt der Kampfdrohnen zu geben. 

Dass die Drohnen-Technologie den Krieg und die gesamte Sicherheitspolitik im Kern verändert hat, gilt unter Experten längst als Binsenweisheit. 

"Drohnen haben das Gefecht grundlegend verändert. Es gibt kein Verstecken mehr im Gefechtsraum, Überraschungen sind weitgehend unmöglich, weil alles sichtbar wird", sagt Generalmajor Gerfried Promberger, Kommandant der Luftstreitkräfte und Air Chief des Österreichischen Bundesheeres.

Wie ist das zu verstehen?

Bleiben wir kurz bei den kleinen "First Person View"-Drohnen (FPV), die mit Kameras ausgestattet sind und von Piloten mittels Fernbedienung gesteuert werden: Ursprünglich aus dem zivilen Sportbereich kommend, können sie dank ihrer Kameras in Echtzeit das Schlachtfeld "aufklären". Sie bieten also einen Überblick, was passiert. 

Bestückt mit Sprengstoff, werden sie schließlich zu effektiven und gefährlichen Angriffswaffen, die über Kilometer hinweg auf Zentimeter genau ins Ziel gesteuert werden können und ihr Ziel - im Unterschied zu Marschflugkörpern oder Raketen - auch am schwächsten Punkt, also etwa von hinten, treffen können.  

Billig und sehr effizient

Vor FPV-Drohnen kann man sich im Prinzip nur mit zwei Möglichkeiten schützen: Entweder, man stört das Funksignal und bringt sie zum Absturz. Oder man zerstört sie "ballistisch", wie Experten das euphemistisch umschreiben, sprich: Sie werden mit Raketen oder Kanonen abgeschossen. Das ist einer der Gründe, warum Österreich bereits im Vorjahr und als erster Kunde überhaupt das so genannte Skyranger-System für das Bundesheer beschafft hat (Details siehe hier).

Drohnen haben aus militärischer Sicht eine ganze Reihe an "Vorteilen": Sie bestehen großteils aus zivilen Bauteilen, die leicht verfügbar sind. Sie sind schnell "verlegbar", sprich: Sie können von A nach B gebracht werden. Und die Kosten sind für militärische Begriffe sehr gering: eine selbst gebaute FPV-Drohne kommt auf 300 bis 500 Euro. 

"Und dennoch kann man mit ihr einen Kampfpanzer im Wert von 3,5 Millionen Euro zerstören", sagt Markus Reisner, Militär-Analyst und momentan Chef der Offiziersausbildung in der Theresianischen Militärakademie Wiener Neustadt.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass nur 15 Prozent aller Drohnen im Ziel landen, fällt das Kostenverhältnis also extrem zu Gunsten der Drohnen aus. 

Die schiere Masse, die jede Luftraumverteidigung herausfordert (in der Ukraine sind pro Tag rund 10.000 Drohnen unterwegs, Anm.), das ist die eine Herausforderung. 

Die andere ist der Technologie-Sprung. Denn alle zwei Monate gibt es bei der Elektronik eine Veränderung.

Glasfaser-Drohnen als neuester Trend

Stephan Kraschansky vertritt die Aaronia AG, die - vereinfacht gesagt - mit High-Tech-Sendern Flughäfen oder Veranstaltungen wie den G20 und den NATO-Gipfel sichert. "Am Ende ist es egal, ob eine Drohne von einem ausländischen Nachrichtendienst oder einem verirrten Hobby-Piloten gesteuert wird", sagt er zum KURIER. "Wenn eine Drohne auf einem Flughafen in ein startendes Flugzeug fliegt oder bei einem Formel-1-Rennen auf Autos oder Zuschauer stürzt, kann sie schwere Schäden anrichten und Menschen verletzen oder töten. Das gilt es zu verhindern." 

Aaronia sucht das gesamte Spektrum der elektromagnetischen Signale ab, um Steuerungs- bzw. Ortungssignale von Drohnen zu finden. Es ist ein Katze und Maus-Spiel: Der, der die Drohnen lenkt, will sein Funksignal tarnen; der, der sie abwehren muss bzw. möchte, versucht die Funksignale zu finden, mit denen die Drohnen gelenkt werden bzw. auf denen sie ihre Funkbilder übermitteln. 

Gegen einen neuen Trend sind elektromagnetische Störsignale freilich weitgehend hilflos: Die Experten erzählen von Glasfaser-Drohnen, die derzeit verstärkt in der Ukraine eingesetzt werden. Das Prinzip ist simpel: Wie bei einer Angelrute sitzt auf der Drohne eine Drahtspule mit einem hauchdünnen Glasfaser-Kabel. Digitale Funksignale zum Stören sind hier sinnlos. Die Drähte, die gerade einmal so dick sind wie ein Menschenhaar, verbinden Fernsteuerung und Drohne. Und wenn das Gerät sein Ziel erreicht hat oder abgestürzt ist, bleiben die Drähte auf dem Schlachtfeld liegen. Wie die Reste eines riesigen, zerstörten Spinnennetzes. 

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