Drohnen-"Anschlag" auf Flughäfen: NATO droht Russland mit Gewalt

Zusammenfassung
- Drohnen sorgten für stundenlange Sperrungen an den Flughäfen Kopenhagen und Oslo, zehntausende Passagiere waren betroffen.
- Die dänischen Behörden sprechen von einem schweren Angriff auf kritische Infrastruktur und prüfen einen Zusammenhang mit hybrider Kriegsführung.
- Die Ermittlungen laufen, wer hinter den Drohnensichtungen steckt, ist unklar; ein versierter Akteur wird vermutet.
Nach der Drohnensichtung am Flughafen Kopenhagen sprechen die dänischen Behörden von einem Angriff. Es handle sich um den "bisher schwersten Anschlag auf dänische kritische Infrastruktur", erklärte Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Dienstag nach Angaben der Nachrichtenagentur Ritzau in einer Stellungnahme. Wegen der Sichtungen war der Flughafen stundenlang gesperrt gewesen, zehntausende Passagiere saßen fest. Einen ähnlichen Zwischenfall gab es in Oslo.
"Wir schließen natürlich keine Option aus, wer dahintersteckt", schränkte Frederiksen ein. Es sei aber klar, dass dies mit den Entwicklungen übereinstimme, die man in jüngster Zeit bei anderen Drohnenangriffen, Luftraumverletzungen und Hackerangriffen auf europäische Flughäfen habe beobachten können.
Unterdessen wurde der Flughafen in der norwegischen Hauptstadt Oslo geschlossen - ebenfalls wegen Drohnensichtungen. Wer die Flugroboter steuert, blieb unklar.
Die NATO-Staaten Dänemark und Norwegen zählen zu den entschlossensten Unterstützern der Ukraine in ihrem Verteidigungskrieg gegen Russland. Erst vor wenigen Tagen hatten russische Kampfjets den Luftraum des baltischen Staates Estland verletzt. Experten sehen darin - wie auch in Drohnenflügen nach Polen und Rumänien - einen Teil der sogenannten hybriden Kriegsführung Russlands gegen die Unterstützer der Ukraine.
Auch die NATO selbst hat Russland unter Androhung von Gewalt vor weiteren Luftraumverletzungen gewarnt. Dias Bündnis und die Alliierten würden im Einklang mit dem Völkerrecht alle notwendigen militärischen und nicht-militärischen Mittel einsetzen, um sich zu verteidigen und Bedrohungen aus allen Richtungen abzuschrecken, heißt es in einer nach Beratungen in Brüssel veröffentlichten Erklärung aller 32 Bündnisstaaten. Die jüngsten Luftraumverletzungen seien "eskalierend", würden das Risiko von Fehlkalkulationen bergen und Menschenleben gefährden, hieß es in der NATO-Erklärung. Das müsse aufhören. Die Stellungnahme macht deutlich, dass künftig nicht nur Drohnen, sondern auch russische Flugzeuge abgeschossen werden könnten, um eine Bedrohung des Bündnisgebiets auszuschließen. In Folge könnte es zu einer direkten militärischen Konfrontation zwischen der NATO und Russland kommen.
Der Kreml wies den Verdacht auf eine Verwicklung Russlands in den Drohnenvorfall umgehend zurück. "Wenn man jedes Mal grundlose Anschuldigungen vorbringt, führt dies ehrlich gesagt dazu, dass solche Aussagen nicht mehr beachtet werden", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Wer ernsthaft und verantwortungsvoll sein wolle, dürfe nicht immer mit solchen Vorwürfen um sich werfen, sagte er der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge.

Dänische Polizei spricht von "fähigem Akteur"
Die Drohnen, die den Kopenhagener Flughafen lahmgelegt haben, wurden nach Einschätzung der dänischen Polizei von einem versierten Piloten gesteuert. Chefermittler Jens Jespersen sagte bei einer Pressekonferenz, mit Blick auf die Anzahl und Größe der Drohnen sowie den Zeitpunkt des Vorfalls gehe man davon aus, dass es sich um einen "fähigen Akteur" gehandelt habe. Auf die Frage, inwieweit Russland seine Hände im Spiel haben könnte, antwortete er: "Dazu kann ich nichts sagen. Ich weiß es einfach nicht." Eine konkrete Gefahrensituation für Menschen habe es nicht gegeben.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor einen solchen Zusammenhang angedeutet. "Besondere Aufmerksamkeit haben wir den Verletzungen des Luftraums von NATO-Mitgliedstaaten durch Russland gewidmet, insbesondere am 22. September in Kopenhagen", berichtete er über ein Gespräch mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, in New York. "Wenn es keine entschlossene Reaktion der verbündeten Staaten und Institutionen auf aggressive Provokationen gibt, wird Russland diese fortsetzen", schrieb Selenskyj auf Telegram.
Möglicher Zusammenhang der beiden Sichtungen wird geprüft
In der Nacht wurden auch am Flughafen in Oslo zwei Drohnen gesichtet, wie der norwegische Sender NRK berichtete. Unter Berufung auf den Betreiber Avinor hieß es, sowohl der Flughafen als auch der Luftraum über Oslo seien gesperrt. Ankommende Flüge würden laut einer Flughafensprecherin umgeleitet. Die Sperre dauerte drei Stunden. Die Behörden in Dänemark und Norwegen wollten prüfen, ob es einen Zusammenhang zwischen den beiden Vorfällen gibt.
Dänemarks Hauptstadtflughafen Kopenhagen-Kastrup zählt neben Stockholm-Arlanda und Oslo-Gardermoen zu den größten Airports Skandinaviens. Am Abend musste der Flugverkehr aber komplett eingestellt werden, weil nach Angaben der Kopenhagener Polizei in der Gegend zwei bis drei große Drohnen aufgefallen waren. Ankommende Flüge wurden umgeleitet, einige Abflüge gestrichen.
Offenbar keine Österreich-Verbindungen betroffen
Störungen des Flugverkehrs durch Drohnen sind ein wiederkehrendes Problem. In den vergangenen Jahren hatten Drohnensichtungen wiederholt zu Sperrungen an großen Flughäfen wie London-Gatwick oder auch in Frankfurt geführt.
Dass Flüge aus oder nach Österreich von den Störungen betroffen sein könnten, war zunächst nicht auf den Homepages der zwei Airports ersichtlich.
So sollte ein Flug von Wien nach Kopenhagen demnach planmäßig um 8.50 Uhr dort eintreffen.
Kommentare