Doskozil: Mehr Soldaten und Kasernen
Für viele Menschen ist es die lang ersehnte Trendwende beim Bundesheer: Es wird wieder mehr Soldaten und Kasernen geben. Die Militärkommandos in den Bundesländern werden gestärkt, und die Fähigkeiten für Auslandseinsätze verbessert. Das sind Eckpfeiler der Strukturreform, die Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil am Freitag präsentierte.
Kurz nach seinem Amtsantritt stoppte Doskozil den Verkauf von Kasernen. Jedes Militärkommando soll künftig ein Jägerbataillon unterstellt bekommen. Dafür müssen fünf zusätzliche Bataillone formiert werden. Es ist für die Soldaten eine neue Erfahrung. Die letzten Verbände wurden 1978 aufgestellt. Seither wurde nur mehr reduziert und stillgelegt.
Jedes Bataillon bedeutet einen Kasernenstandort mit jeweils mehreren Hundert Soldaten, wie beispielsweise die Kasernen Melk, Mautern oder Mistelbach. Das Burgenland bekommt einen neuen Standort in Eisenstadt oder Bruck an der Leitha. In Oberösterreich soll die Kaserne Freistadt wiederbelebt werden. Auch in Kärnten, Tirol und Salzburg werden neue Standorte geschaffen, wobei aber die Ortswahl noch nicht geklärt ist.
Attraktiver Beruf
Doskozils Ziel ist es unter anderem, die Zahl der rasch verfügbaren Kadersoldaten für Einsätze von knapp 2000 auf 6000 zu erhöhen. Dafür soll der Soldatenberuf attraktiver werden. Zeitsoldaten, die nach sechs Jahren wieder abrüsten müssen, soll es nicht mehr geben. Doskozil: "Wir wollen den Menschen wieder Lebensarbeitsmodelle bieten."
Wohl ist ein Infanterist mit 35 Jahren zu alt für den Knochenjob am Maschinengewehr. Und es kann nicht jeder ein General werden. Die bisher ungelöste Frage: Wohin mit ihnen? Auf Basis der allgemeinen Wehrpflicht hat Doskozil darauf eine Antwort. Künftig sollen diese älteren, erfahrenen Soldaten als Ausbildner für die Rekruten eingesetzt werden.
Einige können auch auf zivile Verwaltungsjobs wechseln. Das hat unter anderem den Vorteil, dass die Rekruten in der Ausbildung nicht mehr mit fast gleichaltrigen, unerfahrenen Ausbildnern konfrontiert werden.
Der herumbrüllende Gefreite am Kasernenhof gehört damit der Vergangenheit an, was insgesamt zu einem besseren Erscheinungsbild der Armee beiträgt.
Zuständig für die Ausbildung der Rekruten und die Formierung der Miliz sind künftig die Militärkommandanten. Die vier Brigaden (Kampfverbände) werden spezialisiert. In Absam entsteht ein "Kommando Gebirgskampf". Die 3. Panzergrenadierbrigade in Mautern wird sich als "Kommando schnelle Einsätze" künftig hauptsächlich dem Ausland widmen. Die 4. Panzergrenadierbrigade in Linz-Hörsching bekommt alle schweren Waffen zugewiesen. Und dazu wird es auch noch eine "Leichte Brigade" in Klagenfurt geben.
Zerschlagung
Möglich macht Doskozil dieses Neuerungen unter anderem durch Einsparungen im Verteidigungsministerium und bei der Kommandostruktur. Im Ministerium wurde unter anderem eine Sektion gestrichen. In Graz wurde das Streitkräfteführungskommando zerschlagen und neu strukturiert.
Auch die Schulorganisation wurde neu aufgestellt. Dort wird auch ein Forschungszentrum angesiedelt – weil sich das Bundesheer auch bei der Sicherheitsforschung wieder zurückmelden will.
Handlungsfähige Militärkommandos und dezentrale Kleinkasernen: Es ist die Renaissance der Raumverteidigung aus den Tagen des Kalten Krieges.
Aufgrund des radikalen Spardiktates ist das Bundesheer Richtung Zentralisierung marschiert. Denn es ist ein Faktum, dass eine große Kaserne mit vielen Soldaten Verwaltungskosten spart.
Gnadenlos wurden daher Kleinkasernen verkauft.
Für die Republik war es vermutlich ein Verlust. Denn die Mittel an Regionalförderung, die von den Landesregierungen aufgebracht werden mussten, um den Ausfall von Arbeitsplätzen zu kompensieren, wurden nie eingerechnet. Die Schließungen widersprechen auch den Intentionen des Innenministeriums. Sollte es im Zuge einer Terrorlage notwendig werden, die kritische Infrastruktur in Österreich zu bewachen, sind dafür kleine, dezentrale Armeeeinheiten wesentlich geeigneter.
Wiedererstanden sind auch die Militärkommandos. Sie hätten im Falle eines Angriffes des Warschauer Paktes regional die Verteidigung organisieren sollen. Nach dem Ende des kalten Krieges wurden sie zu Verwaltungsdienststellen degradiert.
In der Praxis, etwa bei den großen Hochwasserkatastrophen, hat sich aber herausgestellt, dass so ein Einsatz zentral von Wien aus nicht geführt werden kann.
Deshalb sollen sie in der alten Stärke wieder erstehen.
Kommentare