"Doppelte Bestrafung": Erneute Debakel für Le Pen und Macron

"Doppelte Bestrafung": Erneute Debakel für Le Pen und Macron
Konservative und Sozialisten verspüren vor den Präsidentenwahlen im April Rückenwind.

von Simone Weiler

Ein Blick auf die Titel der französischen Presse genügt, um zu erkennen, wie wenig die Regionalwahlen vom Sonntag als rein regionaler Urnengang betrachtet werden. Und das trotz der historisch hohen Enthaltung von fast 66 Prozent – oder gerade deshalb.

Sie zeugt von Verdrossenheit, die nicht nur die mit wenig Macht ausgestatteten Regionen, sondern auch die nationale Politik betrifft. Der Figaro zeigte Fotos von Präsident Emmanuel Macron und Rechtspopulistin Marine Le Pen jeweils vor einer Wahlkabine mit der Überschrift: „Die doppelte Bestrafung“.

Weder sie noch Macron sind persönlich angetreten, doch die schwachen Ergebnisse ihrer Parteien La République en marche (LREM) und Rassemblement National (RN) fallen auf sie zurück.

Präsidenten-Wahlverein

Die Kandidaten von Macrons LREM erreichten landesweit insgesamt nur sieben Prozent. „Wir sind eine junge Partei und verfügen noch nicht über die notwendige lokale Verankerung, weil das dauert“, sagte Ministerin Emmanuelle Wargon.

Dass diese Verankerung nur eine Frage der Zeit ist, wird aber bezweifelt: LREM hat auch fünf Jahre nach ihrer Gründung durch Macron ihre Funktion als Präsidenten-Wahlverein, der durch seine Mehrheit in der Nationalversammlung Macrons Ziele abnickt, nicht erweitert.

Überraschende Schlappe

Demgegenüber war die Wahlschlappe von Le Pens Partei eine Überraschung. Meinungsforscher hatten vorausgesagt, der RN werde erstmals mindestens eine Region erobern.

Doch auch der aussichtsreichste RN-Kandidat in der Mittelmeer-Region Provence-Alpes-Côte d’Azur, Thierry Mariani, blieb in der zweiten Runde hinter dem republikanischen Amtsinhaber Renaud Muselier zurück. Landesweit lag der RN fast acht Punkte hinter seinem Ergebnis der Regionalwahlen 2015, als er 27 Prozent erreicht hatte.

In der Kritik stehen deshalb Le Pen persönlich und ihr Versuch, die Partei zu „entdämonisieren“, etwa mit dem Versprechen, sie greife den Islam nicht an, der „eine Religion wie jede andere“ sei. „Diese Strategie, um einen Teil der bürgerlich-rechten Wähler und der Senioren zu überzeugen, hat nicht funktioniert“, analysiert Historiker Nicolas Lebourg.

Duell Macron – Le Pen

Die Grünen legten zu, gewannen aber keine der 13 Regionen. Stattdessen hielten die Sozialisten ihre fünf und die Republikaner ihre sieben Regionen. Damit wurden alle Amtsinhaber wiedergewählt, die beiden Volksparteien fühlen sich erstarkt.

Ob sie das bis in die Präsidentenwahlen im April tragen können, erscheint strittig. Umfragen sagen weiter ein Duell Le Pen – Macron voraus.

Vor allem die Erfolge der konservativen Regionalratspräsidenten von Hauts-de-France (Xavier Bertrand), Auvergne-Rhône-Alpes (Laurent Wauquiez) und Île-de-France (Valérie Pécresse) wurden stark beachtet: Alle drei hegen Ambitionen, bei den Präsidentschaftswahlen für die Republikaner anzutreten.

Er sei bereit, „allen Franzosen zu begegnen“, sagte Bertrand am Wahlabend. Im Norden Frankreichs, wo der RN seit Jahren stark ist, hat er dessen Kandidaten klar überholt. Als Charismatiker gilt Bertrand aber nicht und der Weg von einer Region in den Élysée-Palast erscheint weit.

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