Die Schulautonomie im Praxis-Test

Ob Schüler von Reform profitieren werden, hängt von Umsetzung ab.
Noch wird um Details gefeilscht, die Stoßrichtung ist aber klar: Schulleiter sollen den Schulalltag freier gestalten können. Praktiker orten dennoch zu wenig Spielraum.

Nach Zentralmatura, Neuer Mittelschule und Lehrerbildung neu steht wieder eine Monsterreform im Bildungswesen an. Im Zentrum steht die Schulleitung, die deutlich mehr Gestaltungsfreiraum erhalten soll.

Wird die Reform halten, was sie verspricht?

Positiv wird sie von Heidi Schrodt, Ex-Direktorin und Expertin beim Verein Bildung Grenzenlos, beurteilt: "Die Richtung stimmt. Der Direktor wird mehr Gestaltungsmöglichkeit haben. Ich bin sehr froh, dass die Mitbestimmungsmöglichkeiten von Eltern und Lehrern am Standort gelockert werden. Denn das hat bis jetzt nur zu Blockaden geführt. Eltern können dafür künftig mehr Druck auf die Schulleitung ausüben, wenn der Direktor im Rahmen der dann erweiterten Autonomie zu wenig gestaltet. Das ist sicher eine neue, positive Entwicklung."

Was wird sich im Schulalltag ändern?

Wann, wie und wo unterrichtet wird, kann der Direktor zukünftig weitgehend entscheiden. Ebenso die Öffnungszeiten – wenn Bedarf ist, kann das Schulhaus schon um 7 Uhr geöffnet werden.

Werden durch diese Reform künftig alle Schüler lesen und schreiben können?

Das wird wohl wie bisher von der Schule abhängen. Das Problem sind die "Brennpunktschulen" – jene Standorte, die eine äußerst heterogene Schülerpopulation haben, mit einem besonders hohen Anteil an Kindern aus bildungsfernen Familien und einer anderen Muttersprache als Deutsch. Diese Schulen sollen mehr Ressourcen für Sprach- und Förderlehrer bekommen.

Da es aber kein zusätzliches Budget geben wird, kann nur innerhalb des Systems umverteilt werden. Was den Schulen sicher hilft, ist die Schulautonomie. Das heißt, die Direktoren können die vorhandenen Lehrer gezielter einsetzen, mehr in Kleingruppen arbeiten lassen, und auch klassen- und jahrgangsübergreifend unterrichten.

Werden Brennpunktschulen tatsächlich mit mehr Unterstützung rechnen können?

Jein. Für den Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann ist das, was die Schulen zusätzlich erhalten sollen, viel zu wenig. "Bei den Verantwortlichen im Ministerium gibt es keine Vorstellung davon, was eine Schule mit solchen Herausforderungen braucht – nämlich mehr als nur das Recht, Lehrer einzustellen, Gruppengrößen festzulegen oder Öffnungszeiten zu ändern. Die Schulleitung sollte z. B. die Möglichkeit haben, einen Sozialtherapeuten statt eines weiteren Lehrers anzustellen. Das geht auch mit den Neuerungen nicht." Seine pessimistische Prognose: "Die Reform wird nichts bringen."

Wird die Autonomie den Direktoren helfen?

Direktor Wilhelm Zillner, Sprecher der AHS-Direktoren, ist skeptisch: "Die Schulautonomie ist für mich ein guter Weg, wenn sie richtig gemacht wird. Meine Sorge ist, dass im Kleinen durch eine Unzahl von Regelungen, Erlässen und Sonderbestimmungen alles wieder ad absurdum geführt wird. Die Bürokratie hat in unseren Schulen in den letzten Jahren in besorgniserregendem Ausmaß Einzug gehalten. Wir leiden unter einem Verwaltungsaufwand, der pädagogische Arbeit kontinuierlich zurückdrängt. Wenn das durch die Autonomie wegfällt, dann sage ich: Ja, bitte gerne! Wenn ich nur Lehrer selber einstellen und Klassengrößen bestimmen kann, war es nur viel Lärm um nichts."

Bildungswissenschaftler Hopmann gibt ihm recht. Schlimmer noch: "Man will die Direktoren für den Lernerfolg der Schüler verantwortlich machen, ohne ihnen die dazu nötigen Entscheidungsfreiheiten zu geben."

Wird das Mitspracherecht der Eltern beschnitten?

Für Georg Schreyer, Elternobmann für die höheren Schulen, "ist es bedauerlich, dass wir z. B. bei Gruppengrößen nicht mehr gehört werden müssen. In anderen wesentlichen Bereichen ist allerdings alles beim Alten geblieben, weshalb ich hier den großen Wurf nicht erkennen kann." Dass bei der Direktorenbestellung die Schulpartner angehört werden, sei nichts Neues.

Wird auch diese Reform ein Sparpaket?

Das Ministerium verspricht, dass die Reform kostenneutral sein wird. Lehrer sind skeptisch – haben sie doch schlechte Erfahrungen mit Reformen gemacht.

Kommentare