Vereinsauflösung & Finanz: Die Luft wird dünn für Identitäre
Schrittweise geht es der Identitären Bewegung in Österreich (IBÖ) an den Kragen: Am Mittwoch wurde bekannt, dass einer von drei Vereinen, die der rechtsextremen Gruppierung zugeordnet werden, behördlich aufgelöst werden soll.
Anlass war für die zuständige Landespolizeidirektion in Oberösterreich eine Aussage beim Verfahren gegen Aktivisten der IBÖ in Graz – das war vor einem Jahr. Die Obfrau des „Vereins für lebendige Kultur und Brauchtumspflege“ mit Sitz in Linz gab damals in Graz zu, dass es sich nur um einen „Scheinverein“ handle. „Kultur und Brauchtum“ wurde da offenbar nicht gepflegt, stattdessen sollen über den Verein „Zahlungen mit Lohncharakter“ an IBÖ-Führungspersonen getätigt worden sein.
Obfrau wird beschuldigt
Die Polizei beurteilt das als „Überschreitung des statutenmäßigen Wirkungsbereichs“. Das fußt aber nur auf der damaligen Aussage, eine aktuelle Stellungnahme hat die Obfrau gegenüber den Behörden in Oberösterreich noch nicht abgegeben. Unklar ist, ob der Bescheid hält. Die Obfrau hat vier Wochen Zeit für einen Einspruch.
Sie ist auch eine von aktuell 16 Beschuldigten im Finanzstrafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Graz – aber dazu später mehr.
Freiheitliche kappen Verbindungen
Spannend sind Verbindungen zu den Freiheitlichen, die nach und nach gekappt wurden: Die Obfrau des Linzer Vereins soll bei der FPÖ aktiv gewesen sein. Die Anschrift ist dieselbe, an der früher das rechte Online-Magazin Info-Direkt gemeldet war. FPÖ-Mitarbeiter hielten daran Anteile, stießen diese aber kürzlich ab. Das Magazin hat immer wieder Solidarität mit den Identitären bekundet.
An dieser Adresse scheint der Linzer FPÖ-Gemeinderat Wolfgang Grabmayr mit einer Firma auf. Er vermietete Postfächer, hat sein Geschäft aber im Vorjahr verkauft.
Seine Ehefrau ist Vereinsobfrau in der Villa Hagen: Dort sollen die Identitären ihr zweites Zentrum neben Graz betrieben haben. Der Mietvertrag mit einem Privaten, der in Verbindung mit der IBÖ stehen soll, wurde im April aufgelöst.
Die beiden anderen Vereine sind an einer Adresse in Graz angemeldet – Vermieter ist FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl. Auch er hat den Mietvertrag gekündigt. Mit den Identitären will er nichts (mehr) zu tun haben – dass er auf einer Spenderliste aufscheint, kommentiert er auf KURIER-Nachfrage nicht.
700.000 Euro an Spenden
Man merkt: die Stimmung ist angespannt. Alle Augen sind auf die Staatsanwaltschaft Graz gerichtet: Ermittelt wird gegen 16 Personen (darunter IBÖ-Chef Martin Sellner), die drei Vereine und ein Handelsunternehmen. Der Verdacht: Abgabenhinterziehung. Die Schadenssumme dürfte deutlich höher als die bisher geschätzten 100.000 Euro sein.
Die IBÖ soll seit 2012 über ihre Vereine mehr als 700.000 Euro an Spenden lukriert haben. Eine Verurteilung würde wohl zur Auflösung der beiden Grazer Vereine und zum finanziellen Ruin der rechtsextremen Bewegung führen.
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