Dickpic-Verbot: Wichtige Fragen und Antworten

cell phone in hand
Man hofft, dass das Verbot bei Jugendlichen Diversion und Aufklärung ausreichen. Und: Wiederholungstäter werden härter bestraft.

Jede zweite Frau zwischen 18 und 36 Jahren hat schon einmal ein Foto von einem Penis geschickt bekommen, fast 90 Prozent davon ungefragt. Ab 1. September ist das strafbar. Das gesetzliche Verbot unerwünschter Genitalbilder wurde im Nationalrat beschlossen. 

Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was genau fällt unter das "Dickpic“-Verbot?

Verboten ist, Bildaufnahmen von Genitalien „am Wege der Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems“ zu verschicken – also per SMS, Messenger, E-Mail, Posting, Bluetooth und Fax. 

Voraussetzung ist, dass sich der Empfänger belästigt fühlt – das Bild also unerwünscht war. Zudem muss der Absender das Bild absichtlich verschickt haben. Strafrechtsexperten geben zu bedenken, dass sich Täter herauswinden könnten, indem sie sagen, sie hätten das Foto aus Versehen verschickt bzw. an die falsche Person geschickt.

Wie wird das Verbot gesetzlich geregelt?

Das „Dickpic“-Verbot wird in den Paragraf 218, sexuelle Belästigung, eingebettet. Darauf stehen bis zu sechs Monate Haft bzw. eine Geldstrafe. Wer seinem Opfer wiederholt Genitalbilder schickt, kann in den Stalking-Paragrafen (107a) fallen, dort ist das Strafmaß doppelt so hoch.

Wie bringt man ein „Dickpic“ zur Anzeige?

Das Verbot ist ein Ermächtigungsdelikt, die bzw. der Betroffene muss sich aktiv an die Polizei oder die Staatsanwaltschaft wenden. Laut Erfahrungen aus Deutschland, wo es das Verbot schon länger gibt, empfiehlt es sich, einen Screenshot des Genitalbildes anzufertigen, auf dem man (User-)Name, Telefonnummer oder sonstige Daten des Täters sowie das Datum sieht. 

Den Schriftverkehr rund um den Versand des Fotos per Screenshot festzuhalten, ist hilfreich, um nachzuweisen, dass das Bild tatsächlich ohne Aufforderung geschickt wurde.

Wie begründet die Regierung dieses Verbot?

„Dickpics“ seien ein Massenphänomen, und dem gehöre Einhalt geboten, sagte SPÖ-Justizministerin Anna Sporrer jüngst im Falter. Das Handy sei das Privateste, das man besitzt, wie eine „erweiterte Persönlichkeit“. 

Wenn darauf plötzlich Bilder von Genitalien auftauchen, sei das ein „invasiver Übergriff“ in die Privatsphäre, der nicht nur Ekel, sondern auch Scham und Hilflosigkeit auslöst, wie sie an anderer Stelle erklärte.

Warum schicken Männer überhaupt so etwas?

Laut einer Studie aus Kanada (1.087 Befragte, 2019) ließ sich unter jenen Männern, die angaben, schon einmal ungefragt ein Penisbild verschickt zu haben, zwar ein größerer Anteil an Narzissmus feststellen, expliziter Frauenhass aber nur bei sechs Prozent der Befragten. Die Absender seien laut den Forschern eher „fehlgeleitet“ als „hasserfüllt“. Das am häufigsten genannte Motiv sei die Hoffnung, ähnliche Fotos zurückzuerhalten.

Der Vollständigkeit halber: Bestimmt schicken auch Frauen unerwünscht Genitalbilder, von denen sich das Gegenüber belästigt fühlt. Studien dazu waren nicht zu finden.

Eine Kritik lautet, dass Jugendliche, die sexuell oft noch unbeholfen sind, kriminalisiert werden.

Dem widerspricht SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. Sie geht davon aus, dass Fälle unter Jugendlichen eher mit einer Diversion geregelt werden. Der Verein Neustart etwa hat die Kampagne „Erst denken, dann senden“ lanciert, um den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien zu fördern. 

Dass der Straftatbestand kommt, sei aber wichtig – auch wegen der Signalwirkung: „Das ist kein Spaß, weder im beruflichen noch im privaten Umfeld, sondern eine Form der sexuellen Gewalt – und davon gibt es in Österreich nach wie vor viel zu viel.“

Wichtig: Das einvernehmliche Verschicken von Genitalbildern („Sexting“) ist weiterhin erlaubt. Allerdings nur, wenn die abgebildete Person nicht minderjährig ist. Der Besitz solcher Fotos fiele unter das Verbot „bildlicher sexualbezogener Darstellungen minderjähriger Personen“.

Was ist im Sexualstrafrecht sonst noch geplant?

Im Rahmen des „Aktionsplans gegen Gewalt an Frauen“ plant die Regierung die Einführung des Konsensprinzips beim Sex und will sich etwa an Ländern wie Norwegen orientieren. Die Devise: „Nur Ja heißt Ja.“ Derzeit wird bei Vergewaltigungsvorwürfen geprüft, ob die/der Betroffene klar ihr/sein Nein zum Ausdruck gebracht hat. Künftig soll es darauf ankommen, ob es ein klares Ja gab.

Seit 2021 gibt es ein Verbot des „Upskirtings“, also des heimlichen Fotografierens bzw. Filmens des Intimbereichs. 2024 gab es 360 Anzeigen, 46 Anklagen, 13 Verurteilungen und sechs Freisprüche. In 35 Fällen endeten die Verfahren mit einer Diversion.

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