Mitterlehner: Keine Gewalt gegen Flüchtlinge an Grenze

Johanna Mikl-Leitner, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner: Nicht ganz einig in der Flüchtlingsfrage.
Innenministerin skizzierte strengeres Vorgehen. Vizekanzler weist das zurück: "Maximal Missverständnis."

Am Wochenende war viel spekuliert worden - stellt Berlin den Flüchtlings-Sonderzugverkehr von Österreich nach Deutschland ein oder nicht? In Salzburg wurde eine humanitäre Katastrophe befürchtet, wenn die Regelung nicht mehr gelten sollte; denn alle Flüchtlinge wurden dann in Österreich hängenbleiben (mehr dazu hier).

Das deutsche Innenministerium dementiert eine Grenzschließung, gibt sich sonst aber zugeknöpft: "Es wird weiterhin lageangepasst evaluiert", sagt Tobias Plate, Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière, zum KURIER. Er ließ offen, wie lange Deutschland weiter über Sonderzüge aus Österreich Flüchtlinge aufnehmen will bzw. wieviele.

Auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gibt derzeit keine genaue Auskunft. Argumentiert hat sie das am Dienstag vor dem Ministerrat mit dem Interesse der Schlepper daran.

"Dann entstehen Bilder so wie in Mazedonien, das muss sich jeder bewusst sein."

Die Ministerin stellte im Fall eines Rückstaus allerdings einen Gewalteinsatz in den Raum. "Man muss sich bewusst sein, wenn es keine internationale Lösung gibt, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Vorgangsweise wie bisher oder dann eben ein strenges Vorgehen an den Grenzen, das heißt auch, mit Gewalteinsatz", betonte die Ministerin. "Dann entstehen Bilder so wie in Mazedonien, das muss sich jeder bewusst sein." Wenn es zu einem Rückstau an der Grenze komme, dann habe man nur eine Chance, nämlich die Grenzen ganz dicht zu machen. Man sei aber in Kontakt mit den Behörden in Deutschland.

Mitterlehner: "Missverständnis"

Mikl-Leitners Kommentar dürfte in der Regierung nicht abgesprochen gewesen sein: Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hat am Dienstagnachmittag klargestellt, dass es mit Sicherheit keinen Einsatz von Gewalt gegen Flüchtlinge an Österreichs Grenzen geben wird. "Das kann maximal ein Missverständnis sein", so der ÖVP-Chef.

Im Fall der Einführung eines beschleunigten Asylverfahrens durch Deutschland spricht sich Mitterlehner aber für ein umgehendes Nachziehen Österreichs aus. Dies könne auch Asylverfahren direkt an der Grenze bedeuten. "Wenn die Deutschen solche Kontrollen machen, werden wir genau das in selber Stärke machen müssen", sagte der Vizekanzler im "Report".

Zur Unterstützung der Sicherheitskräfte befinden sich derzeit 1.450 Soldaten im Assistenzeinsatz an der Grenze. Dabei werden ausschließlich Berufssoldaten und nicht Grundwehrdiener herangezogen. Die Frage eines Einsatzes der Miliz stelle sich derzeit nicht, erklärte Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) am Dienstag im Verteidigungsausschuss. Bei einer Ausweitung des Assistenzeinsatzes könne deren Beteiligung aber nicht ausgeschlossen werden.

Mitterlehner: Keine Gewalt gegen Flüchtlinge an Grenze
ABD0016_20150616 - WIEN - ÖSTERREICH: Verteidigungsminister Gerald Klug am Dienstag, 16. Juni 2015, anl. des Ministerrats im Bundeskanzleramt in Wien. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH

Klug: Humanitärer Einsatz in Syrien denkbar

Nach Klug muss es nun aber in erster Linie darum gehen, die Ursachen der Flüchtlingsströme zu bekämpfen. Der Verteidigungsminister betonte, dass das Bundesheer auch in Syrien nach einer allfälligen politischen Lösung "zum richtigen Zeitpunkt und unter den richtigen Rahmenbedingungen" durchaus einen solidarischen Beitrag leisten könne. Vorstellbar ist für den Minister dabei primär ein humanitärer Einsatz wie etwa die Unterstützung mit Sanitätspersonal.

Kritik für die Innenministerin kam von den Grünen: Dass Mikl-Leitner "über einen Gewalteinsatz gegen Kriegsflüchtlinge aus Syrien an der österreichischen Grenze öffentlich nachdenkt, ist einer Ministerin unserer Republik unwürdig und erschütternd", meinte Menschenrechtssprecherin Alev Korun am Dienstag in einer Aussendung.

Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen hat in Deutschland die Regierung am Dienstag nach wochenlangem Tauziehen zwischen Bund und Ländern ein Gesetzespaket zur Asylpolitik verabschiedet. Damit werden die Beschlüsse des Flüchtlingsgipfels in der vergangenen Woche umgesetzt.

Kern sind die Kostenverteilung für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen, eine Beschleunigung der Asylverfahren und Beschlüsse zugunsten einer besseren Integration. "Deutschland ist seit Monaten Ziel einer präzedenzlosen Zahl von Asylbewerbern, die Sicherheit vor Krieg, Verfolgung und Not suchen", heißt es in dem von der Regierung gebilligten Gesetzentwurf des deutschen Innenministers Thomas de Maiziere (CDU). "Zur Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen" sei es notwendig, die Asylverfahren zu beschleunigen, die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern zu vereinfachen und "Fehlanreize, die zu einem weiteren Anstieg ungerechtfertigter Asylanträge führen können", zu beseitigen.

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