Deutsche Pkw-Maut: Jetzt fordert Platter Vorrechte für Tiroler

Österreicher zahlen bald auf deutschen Autobahnen mehr. Jetzt kommt die Transit-Retourkutsche: "Gesundheit der Tiroler steht über dem freien Warenverkehr."

Sollte Österreich mit seiner Klage gegen die deutsche Pkw-Maut vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) scheitern, könnte die Republik am Ende doch noch als Siegerin dastehen. Wenn auch an anderen Fronten.

Deutschland will 2020 eine Pkw-Maut einführen. Weil diese deutschen Autobesitzern über die Kfz-Steuer refundiert werden soll, vermutet Österreich eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer. Diese Meinung teilt der Generalanwalt nicht – und in 80 Prozent der Fälle folgt der EuGH seiner Einschätzung. Die Entscheidung der 15 unabhängigen Richter fällt in einigen Wochen. Bis dahin heißt es Abwarten.

Sieg auf Umwegen

Eine Ablehnung der österreichischen Klage wäre nur auf den ersten Blick eine Niederlage. Sieht der EuGH bei der deutschen Maut nämlich keine Diskriminierung ausländischer Autofahrer, wäre das „Rückenwind“ für Österreich in der Frage der Indexierung der Kinderbeihilfe. Hier ortet Rumänien Diskriminierung – was Österreich bestreitet – und will klagen.

Bestätigt sähe sich auch das Land Tirol, das sich bezüglich seiner Verkehrspolitik – Stichwort Blockabfertigung und sektorales Lkw-Fahrverbot – regelmäßig vor dem EuGH rechtfertigen muss.

Tiroler Transit-Sorgen

„Wenn die Erhaltung der deutschen Autobahnen über dem Gleichheitsgrundsatz steht, dann muss die Gesundheit der Tirolerinnen und Tiroler erst recht über den freien Warenverkehr gestellt werden“, sagt Landeshauptmann Günther Platter zum KURIER.

„Wir gehen daher davon aus, dass einerseits die deutsche Haltung zu ihrer Pkw-Maut und andererseits die Bewertung des EuGH positive Signale dafür sind, dass die Tiroler Maßnahmen gegen den überbordenden Transit ähnlich behandelt werden.“

Deutsche Maut: Sprengkraft für die EU

Wie sehr Tirol unter dem Schwerverkehr leidet, wird deutlich, wenn man sich die Zahlen alleine auf der Brenner-Autobahn ansieht: Im Vorjahr nahm hier die Zahl der Lkw um fast 8 Prozent zu. 2,5 Millionen Lastwagen rollten 2018 über den Pass – das ist alle 12 Sekunden einer.

Möglichkeiten prüfen

Entscheidet der EuGH für die deutsche Maut, hat Verkehrsminister Norbert Hofer angekündigt, eine Anwendung des deutschen Modells auch für Österreich zu prüfen. (Teurere Vignetten für Ausländer?) Erwägt wird in diesem Fall auch gleich auch eine Anwendung auf andere Bereiche, wie – ohnehin im Regierungsprogramm vorgesehene – Studiengebühren oder die Besteuerung von Zweitwohnsitzen.

„Wenn Deutschland Recht bekommt, dann werden wir auch unsere Möglichkeiten prüfen“, heißt es dazu aus dem Büro von Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Angesichts dieser Situation, dass Österreich von einer Niederlage in der Maut-Frage sogar profitieren würde, spricht man im Büro von Vizekanzler Heinz-Christian Strache bereits von einer „Win-win-Situation für Österreich“.

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