Deutsch vor Schuleintritt? Warum sich FPÖ und ÖVP ein Beispiel an Hamburg nehmen könnten

Initiative zur Leseförderung an Grundschulen
Hamburg hat seit 2006 ein erfolgreiches Förderkonzept, um Kindern und Jugendlichen mit sprachlichen Defiziten eine bessere Bildungschance zu ermöglichen.

Die Regierungsverhandler von FPÖ und ÖVP haben sich dem Vernehmen nach auf Maßnahmen zu "Deutsch vor Schuleintritt“ geeinigt. Wie das konkret aussieht, ist noch nicht bekannt – es gibt aber ein vielbeachtetes, internationales Vorbild: 

Denn in der Hansestadt Hamburg war der deutsche PISA-Schock im Jahr 2000 besonders groß und nachhaltig. Es war nicht der erste Beleg von erheblichen Defiziten der Schulkinder in zentralen, vor allem sprachlichen, Bereichen, aber besonders der internationale Vergleich machte der Stadtpolitik Sorgen. 

2005 wurde dann ein Sprachförderkonzept vorgestellt, das seither hamburgweit Sprachbildung und -förderung "durchgängig, systematisch und diagnosegeleitet“ verankert. Der Erfolg gab den Hamburgern recht. Wie schaut das Konzept konkret aus?

Start mit 4 ½ Jahren

Der erste Schritt ist das sogenannte Viereinhalbjährigen-Vorstellungsverfahren (VVV). Dabei werden Kinder etwa 1,5 Jahre vor ihrer Einschulung in der zuständigen Grundschule (Volksschule) auf ihre sprachlichen Fähigkeiten getestet. Zudem erhält jedes Kind bei diesem Vorstellungstermin ein eigens konzipiertes "Hamburger Geschichten-Buch", das es durch das Vorschuljahr begleitet. (Videolink dazu)

Kinder mit deutlichem Sprachförderbedarf werden bereits im Vorschuljahr schulpflichtig und erhalten gezielte Förderung in einer Vorschulklasse oder in der Kita (Kindergarten). Sprachkenntnisse werden in eigens eingerichteten Internationalen Vorbereitungsklassen (IVK) systematisch gefördert. Nach einem Jahr in der Vorbereitungsklasse wechseln die Schüler in eine Regelklasse und erhalten dort für weitere 12 Monate zusätzliche Förderung. 

Wer noch nicht in der lateinischen Schrift alphabetisiert ist, besucht vor der Internationalen Vorbereitungsklasse für maximal 12 Monate eine Basisklasse (BK).

Ein zentrales Element ist die additive Sprachförderung, die durch eine für alle Kinder verbindliche Sprachstandsanalyse mit dem Testverfahren HAVAS 5 unterstützt wird. Damit bekommt jedes förderbedürftige Kind einen individuellen Förderplan.

Ältere Quereinsteiger

Für ältere Kinder, die als Quereinsteiger ohne Deutschkenntnisse nach Hamburg kommen, gibt es spezielle Programme, die den Einstieg in das Regelschulsystem erleichtern sollen. Neben den Vorbereitungsklassen und den Basisklassen gibt es  eine Anschlussförderung: Nach dem Übergang in eine Regelklasse gibt es auch hier noch ein Jahr lang eine begleitende Förderung.

Neben den schulischen Förderprogrammen gibt es außerdem

  • Müttersprachkurse: In Kooperation mit der Hamburger Volkshochschule werden Sprachkurse für Mütter angeboten, um sie in das Bildungssystem einzubinden und ihre Unterstützung für ihre Kinder zu stärken.
  • Herkunftssprachenunterricht: Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, können ihre Erstsprache in speziellen Kursen weiterentwickeln, was langfristig den gesamten Spracherwerb stärkt.
  • Kunst- und Theaterprojekte wie „Buntsprecht“ oder das Hamburger TheaterSprachCamp, bei denen die Kinder spielerisch und kreativ ihre Sprachfähigkeiten vertiefen können.

Das Hamburger Sprachförderkonzept ist Teil des allgemeinen Schulsystems und für Eltern kostenlos. Die Finanzierung erfolgt über die Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) sowie durch Kooperationen mit Stiftungen und anderen Bildungsinstitutionen. Die Schulen erhalten zusätzliche Ressourcen je nach sozialem Index ihres Stadtteils.

Ergebnisse: Was bringt die Sprachförderung?

Seit der Einführung des Sprachförderkonzepts im Schuljahr 2005/06 haben sich die sprachlichen Leistungen der Hamburger Schülerinnen und Schüler im bundesweiten Vergleich verbessert. Besonders die systematische Förderung in der Vorschule hat sich als wirksam erwiesen.

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