Am Donnerstagabend war Doskozil in Burgenland heute zu Gast. Er kündigte an, weiterhin Landeshauptmann des Burgenlands bleiben zu wollen, sollte er aus der Mitgliederbefragung als neuer Vorsitzender der SPÖ hervorgehen. Diese Funktion ließe sich in weiterer Folge mit einem Nationalratswahlkampf „nicht mehr vereinbaren“. Aus parteipolitischer Sicht sei es das Ziel, „natürlich Nummer 1 zu werden und in einer zukünftigen Regierung den Bundeskanzler zu stellen“, so Doskozil.
Auf die Frage, ob er im Falle einer Niederlage gegen Rendi-Wagner „Ruhe geben“ werde, antwortete er: „Das ist selbstverständlich.“ Das Ergebnis müsse über die beiden Kandidaten hinaus in den Parteigremien akzeptiert werden. „Dann muss man wirklich geeint Richtung Wahl blicken.“
Danach war dann am späten Abend SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner in der ZiB 2 zu Gast. Inhaltlich würden sie und ihr Herausforderer Doskozil „nicht so weit auseinanderliegen“, erklärte Rendi-Wagner. „Wo es tatsächlich einen Unterschied gibt: Ich schließe fix eine Koalition mit der FPÖ aus.“
Auf den Einwand, dass auch Doskozil bereits eine Koalition mit Herbert Kickl ausgeschlossen hat, entgegnete Rendi-Wagner: „Das hat nicht nur mit Herbert Kickl zu tun.“ Die FPÖ sei „der wahre Feind der Sozialdemokratie“, gegen deren Ideologie sich die SPÖ mit aller Kraft stellen müsse. „Das wird nicht gelingen, indem wir FPÖ-Ideologie nachzuahmen versuchen.“
Und auf die Frage, was sie im Falle einer Niederlage tun werde, antwortete Rendi-Wagner: „Ich würde wahrscheinlich eher die Politik verlassen.“
Nun bleibt abzuwarten, wie offensiv es Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil in den nächsten Tagen und Wochen anlegen.
Demgemäß gilt es in den nächsten Tagen zwei große Fragen zu beantworten.
Die erste: Wie viele Mitglieder hat die SPÖ – und wer ist stimmberechtigt? Was trivial klingt, ist es nicht. „Es muss ,Klar Schiff’ gemacht und ausgeschlossen werden, dass Karteileichen oder inaktive Mitglieder an der Abstimmung teilnehmen“, sagt der Geschäftsführer einer Landes-SPÖ zum KURIER.
Am Donnerstag erklärte die Bundespartei, dass rund 140.000 Mitglieder stimmberechtigt sind – das wären deutlich weniger als bei der letzten Befragung 2020, wo 158.000 Mitglieder über Pamela Rendi-Wagner urteilten.
Das Problem dabei: Schon 2020 zweifelten insbesondere Funktionäre aus der burgenländischen Landespartei an den Zahlen, die die Bundespartei, oder genauer: der Bundesgeschäftsführer, verlautbarte.
Deshalb und weil diesmal noch zusätzlich der eigene Landesparteichef zur Wahl steht, wollen die Eisenstädter Genossen vorab alles Technische außer Streit stellen.
Die zweite, vitale Frage lautet: Wie genau wird die Befragung durchgeführt? Als Idee kursierte zuletzt der Vorschlag, dass die Landesgeschäftsführer ein Wahlkomitee bilden, das über die Befragung wacht. Ob diese nur postalisch oder hybrid, also digital (per App, QR-Code, etc.), durchgeführt wird, blieb offen – wie übrigens auch der Termin für die nächstwöchige Präsidiumssitzung, in der das weitere Vorgehen fixiert werden soll.
Der rote „Flurfunk“ in Parlament und Löwelstraße berichtete jedenfalls von einer gleichermaßen „heftigen“ wie „emotionalen“ Sitzung, die sich am Mittwoch zugetragen hat. „Es gab weniger Zurückhaltung als sonst“, sagt ein Sitzungsteilnehmer zum KURIER. Im Klartext: Doskozil und die Vertreter seines Lagers machten der Parteichefin deutlich, dass persönliche Angriffe wie etwa der, dass Doskozil, die Gesundheit der Burgenländer gefährde, inakzeptabel seien; im Gegenzug meldete sich Wiens SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Ludwig auffallend oft zu Wort und deponierte mehrfach, dass er von der nun gewählten Vorgangsweise nur mäßig überzeugt sei.
„Den Wienern geht es gegen den Strich, dass sie und die Gewerkschaft nicht mehr das alleinige Sagen in der Bundespartei haben“, meint ein Sitzungsteilnehmer aus dem Westen.
Vermutlich trifft einfach zu, was ein Präsidiumsmitglied in und nach der Sitzung sagte: „Wir sind am Anfang eines Neustarts.“ Mit anderen Worten: Es ist noch ein weites Stück bis zur Einigkeit.
Kommentare