Der rätselhafte Zeuge im Fall Wallner

NEUWAHL: TREFFEN BUNDESKANZLER KURZ MIT DEN LANDESHAUPTLEUTEN: WALLNER
Vorarlbergs Landeschef wurde anonym schwer belastet – nur fehlt vom Zeugen jede Spur. Das Verfahren könnte nun eingestellt werden. Eine Rekonstruktion der Ereignisse.

Es war ein Zeitungsbericht, der hohe Wellen schlug: Markus Wallner, ÖVP-Landeshauptmann von Vorarlberg, wurde im April von einem Unternehmer anonym vorgeworfen, er sei korrupt.

Wallner wurde daraufhin zum Rücktritt aufgefordert, in den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss geladen und stand irgendwann so sehr unter Druck, dass er sich aus gesundheitlichen Gründen eine Auszeit nahm.

Heute, fast acht Monate der intensiven Ermittlungen später, steht die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mit leeren Händen da. Offenbar plant sie bereits, das Verfahren einzustellen. Was bleibt, ist ein ramponierter Ruf und die Frage: Jemand lügt – aber wer?

Eidesstattlich

Begonnen hat das alles im April mit einem Bericht in den Vorarlberger Nachrichten. Die Zeitung zitierte aus der eidesstattlichen Erklärung eines Unternehmers, der behauptete, der Landeshauptmann habe ihn bei einem Betriebsbesuch dazu angehalten, ein Inserat in der Wirtschaftsbund-Zeitung zu bezahlen. Im Gegenzug würde er, Wallner, ihn bei einer Betriebsbewilligung unterstützen. Der Unternehmer sagte nicht, wann das gewesen sein soll und nannte auch sonst kaum Details.

Die WKStA wurde daraufhin aktiv. Delikte wie Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit sind Offizialdelikte – die Behörde muss von Amts wegen, also selbstständig, prüfen. Verdächtig machte sich Wallner auch dadurch, dass er sich kurz nach Publikwerden der Vorwürfe ein neues Handy zugelegt hatte.

Und dann gab es eben diese eidesstattliche Erklärung (mehr dazu rechts). Bloß: Die Zeitung gab die Erklärung nicht her und berief sich auf das Redaktionsgeheimnis. Der Unternehmer will auch weiterhin anonym bleiben.

Also begab sich die WKStA auf die Suche nach dem Zeugen. Ein Anhaltspunkt war Norbert Loacker, roter Gewerkschafter, der behauptet hatte, Wallner hätte bei mehreren Unternehmen um Inserate geworben. Auch Loacker nannte keine Namen, gab bei einer zweiten Einvernahme aber schriftlich einen Hinweis auf den ehemaligen Chef eines Unternehmens, das infrage kam.

Dieser wurde von der WKStA einvernommen. Laut ORF Vorarlberg und der ZiB2 gab er aber zu Protokoll, er sei gar nicht der gesuchte Zeuge bzw. Urheber der Eidesstattlichen. Er sagte: „In meiner Zeit, als ich Geschäftsführer war, habe ich nie in dieser Wirtschaftsbund-Zeitung eine Anzeige gekauft.

Ich kann mich nicht erinnern, dass Landeshauptmann Markus Wallner um Inserate gebeten habe.“

Zurück also zur Frage: Wer lügt?

Variante 1: Der befragte Ex-Chef könnte der Gesuchte sein, aber kalte Füße bekommen haben, als er enttarnt wurde. Zwar musste er bei der WKStA unter Wahrheitspflicht aussagen, könnte aber darauf hoffen, dass er nie auffliegt, wenn die VN das Redaktionsgeheimnis wahren.

Variante 2: Loacker hatte die WKStA auf die falsche Fährte gebracht, und es wurde schlicht der Falsche befragt. Spekuliert wird, dass nicht der ehemalige, sondern der aktuelle Chef der Gesuchte ist.

Dem Vernehmen nach ist sich die Behörde zumindest sicher, bei dem Unternehmen an sich an der richtigen Adresse zu sein. Der KURIER hat dort um Stellungnahme gebeten, dies blieb am Mittwoch aber unbeantwortet.

„Glatte Lüge“

Die WKStA hat bei den Ermittlungen wirklich jeden Stein umgedreht hat. Sogar der Verfasser eines Leserbriefes an die VN, der die Praktiken des Wirtschaftsbundes bezüglich Inserate kritisiert hatte, wurde zur Einvernahme vorgeladen. Dieser gab – wie auch andere Zeugen – an, er wisse nicht, ob der Landeshauptmann etwas damit zu tun habe.

Wallner selbst wurde von der WKStA noch nicht einvernommen. Im Oktober bekam er erstmals Akteneinsicht und dürfte dabei auch die Aussage des befragten Ex-Chefs gelesen haben. Später sagte er in der ORF-„Pressestunde“, die Vorwürfe gegen seine Person seien „eine glatte Lüge“ und würden „in sich zusammenbrechen“ – ohne das näher zu erläutern.

Die WKStA hat laut ORF Vorarlberg bereits einen Vorhabensbericht an ihre Fachaufsicht, die Oberstaatsanwaltschaft geschickt. Naheliegend ist, dass es sich um eine Einstellung handelt, bestätigt wird das offiziell nicht.

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