Dauergast auf der Reservebank

Strache nach Amtsantritt als FP-Chef im ORF: Die Jahre haben Spuren hinterlassen.
Mit elf Amtsjahren ist Strache der Senior aller Parteichefs. Wie stehen seine Chancen aufs Mitregieren?

Für Heinz-Christian Strache sind ORF-"Sommergespräche" bereits Routine. Seit 2005 sitzt er Jahr für Jahr einem anderen Interviewer gegenüber - am Montag Susanne Schnabl.

Strache ist der Senior der jetzigen Parlamentsparteichefs, nicht seines Alters wegen, sondern weil er am längsten von allen an der Spitze steht. Eines hat sich seit Beginn seiner Amtszeit nicht geändert: Der 47-jährige Wiener ist nach wie vor Frontmann einer Oppositionstruppe.

Am 23. April 2005, beim Parteitag in Salzburg, hatten ihn 90,1 Prozent der Delegierten zum FPÖ-Chef gewählt; davor hatte sich Jörg Haider von den Blauen losgesagt – und das BZÖ gegründet. Die Erwartungen freiheitlicher Funktionäre in den zehnten und jüngsten Vormann ihrer Geschichte waren hoch. Er sollte die Partei aus dem Tief führen.

In drei Nationalratswahlen hat Strache die FPÖ mittlerweile geleitet. 2006 kam sie auf Platz 4 (11,03 %), 2008 (17,5 %) und 2013 (20,51 %) wurde sie Dritte. An der Macht sind weiterhin Rot und Schwarz.

Dauer-Kanzlerkandidat

Den Kanzleranspruch stellte Strache immer wieder. Etwa bei seiner Aschermittwoch-Rede in Ried im Innkreis 2011 für die Wahl 2013: "Unsere Zeit ist näher, als mancher in Österreich glaubt." Zuletzt tat er das vergangenen April, beim Parteitag der oberösterreichischen Blauen – kombiniert mit Siegeszuversicht für seinen Hofburg-Kandidaten (die sich am 22. Mai nicht erfüllte): Er freue sich schon darauf, "im schönsten Sonntagsanzug, den ich habe, zum Rapport zum (Norbert) Hofer zu gehen", rief Strache seinen Anhängern zu.

Ein anderes Amt wollte er ebenfalls vor jeder entsprechenden Abstimmung haben: "Ich will Wiener Bürgermeister werden!" Er wurde es nicht.

Ist es möglich, dass die Freiheitlichen bei der kommenden Nationalratswahl – regulär wäre das 2018 – Nummer 1 werden? Der einstige FPÖ-Vizekanzler Norbert Steger sagte im Frühjahr im KURIER-Gespräch: "Wenn nicht etwas herausragend Negatives innerhalb der Partei passiert, gehe ich davon aus, dass sie bei der nächsten Wahl im Frühling oder Herbst 2017 rund 27 Prozent Plus macht – und damit gute Chancen hat, Erster zu sein."

FP-Themenkonjunktur

Denkbar ist das. In jüngsten Umfragen liegt die FPÖ bei bis zu 34 Prozent. Bei der Kanzler-Frage rangiert SPÖ-Boss Christian Kern aber vor Strache. Die Lieblingsthemen der Freiheitlichen, Ausländer/Flüchtlinge/Asyl, haben allerdings seit Monaten Hochkonjunktur. Polit-Kleingeld ist da leicht zu schlagen. Und Strache versteht es wie kein anderer der heimischen Politiker, die sozialen Medien, vor allem Facebook, für seine Zwecke zu nutzen.

Die ÖVP versucht, den Zulauf zu Straches Mannen zu bannen. Laufend präsentiert sie Gesetzesverschärfungsideen – vom Verschleierungsverbot bis zum Ein-Euro-Job für Asylberechtigte. Die Blauen quittieren das ebenso laufend mit: "Das haben wir schon vor Jahren gefordert." Da hätten das die Christlichsozialen kritisiert.

Könnte Strache ob des inhaltlichen Sinneswandels der Schwarzen in ihnen einen Regierungspartner finden? Manche liebäugeln mit einem neuerlichen schwarz-blauen Bund – freilich nur mit einem, den die eigene Partei anführt. Dass Außenminister Sebastian Kurz, der wohl der nächste ÖVP-Spitzenkandidat sein wird, den Vizekanzler unter Strache macht, ist unwahrscheinlich.

Die Bundes-SPÖ steht nach wie vor zu ihrem Nein zu einem Pakt mit der FPÖ (Kern: "Wir arbeiten nicht mit Parteien zusammen, die gegen Menschen hetzen"). So apodiktisch wie einst ist das aber nicht mehr: Einen "Kriterienkatalog", in dem Koalitionsbedingungen festgeschrieben werden, soll es geben. Im Burgenland haben die Roten Straches Blaue bereits salonfähig gemacht; sie regieren gemeinsam. In Oberösterreich werken die Freiheitlichen in der ÖVP-gesteuerten Proporzregierung mit.

Manche in der FPÖ meinen, es wäre besser, im Bund in Opposition zu bleiben. Bequemer sei es da; als Regierungspartei ginge zwangsweise Zuspruch verloren. Wie schnell das gehen könne, habe man bei der zweimaligen Zusammenarbeit mit der ÖVP gesehen – auch mangels ministrablen Personals. Und so könnte Strache weitermachen wie bisher – sofern nicht auch in der Opposition Schluss sei mit Wahlerfolg.

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