Daten-Sicherstellung im Kanzleramt: OLG gibt WKStA recht

Daten-Sicherstellung im Kanzleramt: OLG gibt WKStA recht
Die Republik hatte sich gegen Auswertung der E-Mails aller Mitarbeiter gewehrt.

Das Oberlandesgericht Wien hat die Beschwerde der Republik Österreich gegen die Anordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft WKStA vom August 2022 zur Sicherstellung von Daten im Bundeskanzleramt abgewiesen. Diese Sicherstellungsanordnung war im Zusammenhang mit der ÖVP-Inseratenaffäre und dem so genannten "Beinschab-Tool" ergangen. Aufgrund eines weiteren Widerspruchs gegen die Daten-Sicherstellung kann die WKStA aber trotz des OLG-Entscheids aktuell noch nicht auf die Daten zugreifen.

Das Bundeskanzleramt hatte aus grundsätzlichen rechtlichen Überlegungen Rechtsmittel gegen die Sicherstellungsanordnung erhoben, gleichzeitig aber die Daten bereits 2022 aufbereitet. 

Die Sicherstellungsanordnung umfasst alle Daten auf E-Mail-Postfächern und persönlich zugeordneten Laufwerken sowie eOffice-Dokumente von sämtlichen Mitarbeitern des Bundeskanzleramtes, die zwischen 19. Dezember 2017 und 6. Oktober 2021 etwa im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit bzw. in der Stabsstelle für strategische Kommunikation tätig waren. Umfasst sind auch Mitarbeiter im Bereich der Informationstätigkeit der Bundesregierung (insbesondere Informationsinitiativen, Mediaplanung und -Budget) sowie jene Kabinettsmitarbeiter, die für die beiden genannten Bereiche zuständig waren. Insgesamt dürften rund 100 Mitarbeiter von der Sicherstellung betroffen sein.

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Gelöschte eMails

Die WKStA hatte ihre Sicherstellungsanordnung vom August 2022 damit begründet, dass frühere enge Mitarbeiter von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) massenhaft Emails gelöscht und ihre Handys getauscht hätten und ihr dadurch möglicherweise der Zugriff auf Beweismaterial entzogen worden sei. Mit der aus den Ermittlungen gewonnenen Überzeugung, dass "die Beschuldigten im Zuge der Umsetzung ihres Tatplanes per E-Mail oder mittels Chatnachrichten kommunizierten", argumentierte die WKStA, dass sich aus den angeforderten Daten Beweisergebnisse ergeben könnten. Die Sicherstellung der Daten sei erforderlich, "weil die Beschuldigten großflächige Löschungen von ihren elektronischen Daten vorgenommen haben" und die Beweiserhebung auf andere Weise nicht möglich sei.

Mit der Sichtung der Daten von möglichen Kommunikationspartnern hofft die WKStA, über Umwege Informationen über Auftragsvergaben und die Verwendung von Umfrageergebnissen gewinnen zu können. Bei den Ermittlungen geht es um das sogenannte "Beinschab-Österreich-Tool", bei dem mutmaßlich Steuergeld für türkise Parteiinteressen verwendet worden sein soll.

Gegen die Sicherstellungsanordnung vom August 2022 war von der Republik Österreich Einspruch erhoben worden. Die Anordnung sei für einen Vollzug zu unbestimmt, sagte damals der vom Kanzleramt als "Anwalt der Republik" beigezogene Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn.

Warum hat sich die Republik oder genauer: das BKA, gegen die Beschlagnahme gewehrt? Im Prinzip geht es um zwei Dinge: Als Arbeitgeber und insbesondere als staatliche Institution hat das BKA den Datenschutz und die Grundrechte hoch zu halten - was im Konflikt zum Ansinnen der WKStA und der umfassenden Herausgabe von Daten steht. Hinzu kommt, dass staatliche Behörden einander grundsätzlich unterstützen müssen, sie leisten Amtshilfe. Laut der Argumentation der Finanzprokuratur wäre das auch in diesem Fall sinnvoll gewesen, allein die WKStA sieht die Sache anders. Ein möglicher Grund: Man misstraut dem BKA als Behörde und geht nicht davon aus, dass die Mitarbeiter dort vollumfänglich kooperieren, wozu sie freilich gesetzlich und dienstrechtlich verpflichtet sind. Für die Beamten im Kanzleramt und auch den Präsidenten der Finanzprokuratur sind die Gründe, warum man im konkreten Fall auf die Amtshilfe verzichtet hat, nicht ausreichend erklärt. Peschorn zum KURIER: „Leider sind die Probleme durch den OLG-Beschluss nicht geringer, sondern größer geworden, weil wir als Dienstgeber - abgesehen vom konkreten Fall - keine Orientierung bekommen haben.“ 

Die WKStA will eMails von rund 100 (Ex-)Mitarbeitern aus dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit im BKA. Ein Auszug aus der Liste:

Büro Sebastian Kurz
Mitarbeiter des Ex-Kanzlers wie Johannes Frischmann, Rupert Reif, Etienne Berchtold und Bernhard Bonelli

Gerald Fleischmann
Kommunikationschef im BKA und acht Medien-Mitarbeiter

Büro Karoline Edtstadler
Fünf Mitarbeiter der amtierenden Verfassungsministerin

Büro Susanne Raab
Drei Mitarbeiter der amtierenden Frauenministerin

Weitere Ehemalige
Mitarbeiter der früheren Kanzleramtsminister Gernot Blümel, Juliane Bogner-Strauß, Alexander Schallenberg, Ines Stilling und von Ex-Kanzlerin Brigitte Bierlein

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