ÖVP-Ermittlungen: Neues Match um Mails aus Kurz-Büro

ÖVP-Ermittlungen: Neues Match um Mails aus Kurz-Büro
Die Finanzprokuratur streitet seit dem Sommer mit der WKStA um eMails aus dem Bundeskanzleramt. In einem zweiten Anlauf versuchen es die Ermittler beim Bundesrechenzentrum.

Zwischen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und der Finanzprokuratur, der Anwaltskanzlei der Republik, herrscht seit Monaten Eiszeit. Grund dafür ist eine Sicherstellungsanordnung vom 16. August 2022. Mit dieser will die WKStA „eMail-Postfächer, eOffice-Dokumente, persönlich zugeordnete Laufwerke und Backups" von Dutzenden Mitarbeitern des Bundeskanzleramts aus der Ära Sebastian Kurz (ÖVP) konfiszieren. Im Visier der Ermittler sind ehemalige, aber nicht namentlich genannte Kurz-Mitarbeiter in den Bereichen „Öffentlichkeitsarbeit, Informationstätigkeit der Bundesregierung und Kabinett“.

Laut WKStA sollen leitende Kurz-Mitarbeiter in der Causa Beinschab-Umfragen eMails (siehe rechts) gelöscht haben. Die Ermittler setzen offenbar darauf, dass man die Daten entweder wiederherstellen oder auf der Empfängerseite noch auffinden kann.

Einspruch erhoben

Bisher hat die WKStA vom Bundeskanzleramt aber keine Daten erhalten, weil sich die Finanzprokuratur rund um Präsident Wolfgang Peschorn querlegt. Dieser hat einen Einspruch auf Rechtsverletzung eingebracht.

Er argumentiert, dass die Anordnung „nicht ausreichend konkret beschreibe, welche körperlichen oder elektronischen Gegenstände bzw. Dokumente von welchen Personen an welchen Orten und mit welchem Inhalt (…) sicherzustellen seien“. Deshalb sei die Sicherstellungsanordnung unzulässig.

Der Ball liegt derzeit beim Oberlandesgericht Wien, das sich mit einer Beschwerde der Finanzprokuratur befassen muss. In erster Instanz wurde die Beschwerde Peschorns abgewiesen.

In der Zwischenzeit ist die WKStA aber nicht untätig gewesen. Wie der KURIER erfuhr, hat sie bereits am 6. Dezember 2022 eine zweite Sicherstellungsanordnung erlassen. Diese richtet sich an das Bundesrechenzentrum (BRZ), das der Republik Österreich gehört. Das BRZ ist das größte Rechenzentrum des Landes und ist u. a. für die elektronische Bundesverwaltung (Ministerien, Bundeskanzleramt) zuständig.

107 Namen

Die WKStA begehrt vom BRZ die elektronischen Daten (eMails) von Mitarbeitern des Bundeskanzleramts für den Zeitraum 19. Dezember 2019 bis 6. Oktober 2021.

Doch diesmal ist der Anordnung eine Liste mit 107 Namen (manche mehrfach genannt) beigefügt.

Auffällig dabei ist, dass nicht nur die eMail-Adressen von den engsten Kommunikationsberatern, Social-Media-Beauftragten und Regierungssprechern von Ex-Kanzler Kurz betroffen sind, sondern auch Presse-Mitarbeiter von Familienministerin Susanne Raab und von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler.

Was verspricht sich die WKStA von der zweiten Sicherstellungsanordnung?

„Durch die Sicherstellung der eMail-Postfächer sowie der weiteren Daten der genannten Mitarbeiter, in denen Löschungen allenfalls nicht vollzogen wurden, ist zu erwarten, dass Informationen über die Auftragsvergaben und die Verwendung der Ergebnisse der Umfragen in der Öffentlichkeitsarbeit gewonnen werden können“, heißt es in der zweiten Anordnung.

Die WKStA geht davon aus, dass zum Beispiel gelöschte Mails der ehemaligen Kurz-Pressesprecher Gerald Fleischmann und Johannes Frischmann bei anderen Mitarbeitern der diversen Presseabteilungen noch vorhanden sind und „für die Sachverhaltsaufklärung zur Umsetzung des Beinschab-Tools sichergestellt werden können“. Durchgeführt wurde aber auch die zweite Sicherstellungsanordnung nach knapp drei Monaten noch nicht.

„Der BRZ GmbH liegt die genannte Sicherstellungsanordnung vor“, bestätigt diese auf KURIER-Anfrage am Freitag. Auf die Frage, warum diese noch nicht umgesetzt wurde, heißt es: „Die Umsetzung einer solchen ist durchaus komplex und nimmt neben einem laufenden Betrieb auch entsprechend Zeit in Anspruch.“

Die WKStA hat allerdings bereits einen Teil der eMail-Daten über Umwege erhalten: Der U-Ausschuss hatte sie vom Bundeskanzleramt geliefert bekommen, SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer gab diese dann auf einem USB-Stick an die Ermittler weiter. Darauf befinden sich Nachrichten von Fleischmann im Zusammenhang mit Inseratenvergaben. 

Die WKStA äußert sich auf KURIER-Anfrage nicht zu den laufenden Ermittlungen.

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