"Ich brauch kein Risiko": Netz lacht über FPÖ-Goldschatz
Eigentlich wollte Dominik Nepp, Vizebürgermeister und FPÖ-Chef in Wien, heute eine Pressekonferenz "SOS Gastronomie" zum Rauchverbot abhalten. Doch der Medientermin wurde kurzfristig abgesagt. Naheliegend ist, dass sich Nepp lästige Fragen über den am Mittwoch bekannt gewordenen Goldschatz der Wiener Freiheitlichen ersparen wollte. Eine goldrichtige Entscheidung, unken Beobachter.
Die in der Osttiroler "Pension Enzian", offiziell der Sitz des Freiheitlichen Bildungsinstituts, gefundenen versiegelten Metallkassetten, in denen sich 500-Gramm-Goldbarren in unbekannter Anzahl befinden, beschäftigen auch am Donnerstag Freund und Feind. Die Geschichte ist auch wirklich reich an skurillen Aspekten.
Hochrangige FPÖler wie Generalsekretär Christian Hafenecker flüchten sich derzeit in so etwas wie Satire oder Selbstironie. Man möge ihn doch bitte sofort verhaften, er stelle sich der Polizei, twittert Hafenecker. "Ja, ich habe zu verschiedenen persönlichen Anlässen Goldphilharmoniker erhalten und bewahre die an einem sicheren Ort auf. Bitte schickt mir die Cobra heim und nehmt mich fest."
Politische Gegner erinnern hingegen an das Ibiza-Video, in dem Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache darüber spricht, dass je ein Drittel des Vermögens vernünftigerweise in Gold, Fremdwährungen und Immobilien anzulegen sei. Er, Strache, sei für die Investitionen der FPÖ verantwortlich. Wörtlich sagte Strache: "Ich brauch' kein Risiko."
Die FPÖ-Konkurrenz - Neos und Grüne - erinnert aber auch an den rechtlichen Aspekt: Dass nämlich die Parteienförderung zweckgewidmet sei für die politische Arbeit von Parteien und ihre Klubs und Steuerzahlergeld eben nicht dazu da sei, Gold-Reserven anzulegen.
Und vor allem lacht das Netz über die frührere Regierungspartei, die ihren Goldschatz "krisensicher" im Finanzkrisenjahr 2008 angelegt haben will. Ein Twitterant buchstabiert FPÖ neu in "Feinunzen Partei Österreich", ein andere meint, es handle sich bestimmt um Schokolade in Goldfolie verpackt. Natürlich fehlt es auch nicht an einschlägigen Anspielungen auf Nazi-Gold.
Obwohl zwei der drei Kassetten im Eigentum des FPÖ-Rathausklubs stehen (die dritte gehört der FPÖ Wien), betont Klubchef Toni Mahdalik gegenüber dem KURIER, keine näheren Hintergründe dazu zu kennen und verweist auf die Landespartei.
Dort hatte Landesparteisekretär Michael Stumpf bereits am Mittwoch Stellung bezogen und über die Herkunft des Goldes gemeint: Das Geld für das Gold stamme aus Mitgliedsbeiträgen, aus der Parteienförderung, eben"aus dem ganzen Potpourri unserer Einnahmen."
Wie eine Partei mit Millionen-Schulden gleichzeitig in Osttirol Gold bunkern kann, ist freilich eine der vielen offenen Fragen. Laut dem Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp sei "alles ganz legal". Das Geld für den Ankauf stammte aus dem Parteivermögen - andere "ominöse Geldquellen" könne er ausschließen. Das Parteivermögen setze sich aus der Parteienförderung und aus den Mitgliedsbeiträgen zusammen.
Eine andere offene Frage: Wieviele Goldbarren besitzt die FPÖ nun eigentlich? Ein Stück hat momentan den Gegenwert von 21.500 Euro. Noch ist nicht bekannt, ob die drei ursprünglich versiegelten Metallkassetten mit dem glänzenden Inhalt überhaupt schon geöffnet wurden.
Alle Infos über den blauen Goldschatz stammen aus einem geschwärzten Notariatsakt von 2015, die die FPÖ den Ermittlern im Zuge der Casions-Affäre übergeben hat. Der Schlüssel zu den Kassetten liege aber bei dem mittlerweile verstorbenen Notar.
Parteienfinanzierungsexperte Hubert Sickinger kann in den Rechenschaftsberichten der blauen Wiener Landespartei, die es ab 2013 gibt, "nichts Auffälliges" entdecken. In manchen Jahren war die FPÖ Wien tiefer in den roten Zahlen (wie z.B. 2015 mit 1,3 Millionen Euro), manchmal auch stärker im Plus wie 2016 mit rund drei Millionen Euro nach der im Jahr davor erhöhten Parteienförderung in Wien. Sickinger sagte zum KURIER: "Es ist Parteien nicht verboten, Rücklagen anzulegen, aber selbstverständlich gibt es eine Zweckwidmung bei der Parteien- und Klubförderung für die politische Arbeit." Und weiter: "Die entscheidende Frage ist, woher stammt das Geld für das Gold. Das muss die FPÖ aufklären."
In einer Aussendung ließ die Wiener FPÖ am Donnestag wissen: "Die Empörung rund um die Veranlagung von Rücklagen der FPÖ-Wien ist ein Sturm im Wasserglas." Tatsache sei, so die FPÖ Wien, dass im Zuge der Währungs- und Bankenkrise 2008, nach Warnungen der EZB und nach diversen Bankenpleiten von allen Experten angeraten wurde, bestehendes Vermögen in sicheren Werten zu veranlagen. Der damalige Ankauf von Gold wurde bei einer österreichischen Bank durchgeführt und ist ordnungsgemäß in der Buchhaltung erfasst. Der Bestand und die Verwahrung wurden notariell beurkundet.
Gene anders lautende Behauptungen oder "massiv schädigende Verdächtigungen" will die FPÖ sofort klagen.
Erworben wurde das Gold aus Parteivermögen, „keineswegs aus geheimen Spenden oder externen Geldern“, betont FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp gegenüber dem KURIER. „Die Höhe der Summe ist allerdings Betriebsgeheimnis.“
Doch warum wurde diese Rücklage nicht in einem Banktresor in Wien, sondern in der Osttiroler Pension gebunkert? „Im Zuge einer Bankenkrise hätte es zu Schließungen von Banken kommen können. Dann hätten wir keinen Zugriff auf das Gold mehr gehabt.“ Das ein Teil dem Rathaus-Klub, ein Teil der Landespartei gehöre, sei der gesetzlich vorgeschriebenen strikten Trennung dieser Organisationen geschuldet.
Dass nun das Gold wieder nach Wien geschafft wurde, erklärt Nepp so: „Es war zu befürchten, dass Dokumente aus den Ermittlungen nach außen gespielt werden. Dann wäre die Rücklage nicht mehr sicher gewesen.“
Zu Klärung der Causa will die SPÖ eine Anfrage an Justizminister Clemens Jabloner stellen. Wissen wollen die Sozialdemokraten etwa, ob es Anzeichen für „Geldwäsche“ gibt bzw. woher das Geld für die entsprechende Anlage gekommen sein könnte, allenfalls aus Russland, spekuliert die SPÖ. Zudem wüssten die Sozialdemokraten gerne, wie hoch der Wert der Goldbarren ist.
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