Das Kreuz der Umfrager mit dem mobilen Wähler

Das Kreuz der Umfrager mit dem mobilen Wähler
Warum die Prognosen der Institute so oft danebenliegen – und dennoch nützlich sind.

Die Sonntagsfrage („Was würden Sie wählen, wenn am Sonntag Wahl ist?“) hat für die Wahlkampfstrategen nur einen geringen Stellenwert. Sie wissen um die Probleme der Forscher Bescheid:

Die Parteibindungen lösen sich immer mehr auf, es gibt immer weniger Stammwähler. Die Zahl der Wechselwähler steigt, diese wechseln häufig die Meinung und entscheiden sich oft erst spät.

Die Wahlbeteiligung sinkt, im Umfragen geben die Menschen aber nur ungern zu, dass sie nicht wählen gehen werden. Als Faustregel der Meinungsforscher gilt: Wenn zehn Prozent sagen, sie gehen nicht hin, muss man von dreißig Prozent ausgehen. Die Schwierigkeit ist zu erkennen, welche der Befragten die Nichtwähler sind.

Wie wird das Volk befragt? Wähler am Festnetz repräsentieren andere Gruppen als jene, die am Handy erreicht werden: Am Festnetz antworten eher Ältere und weniger Gebildete, per Handy sind die Befragten eher jung, mobil und daher für ausführliche Interviews schwer verfügbar. Größte Probleme sehen Experten in Internet-Umfragen, diese sind nur wenig repräsentativ – weil man zumindest einen PC benötigt.

Umfragen kosten Geld, gründliche Umfragen kosten viel Geld. „Methodisch gute Umfragen kosten in etwa 15.000 bis 20.000 Euro“, bestätigt OGM-Experte Wolfgang Bachmayer. Aus Kostengründen werden Methoden, die Fehler minimieren, oft nicht angewandt – etwa mehrfache Rückfragen in einem Gespräch oder ob das Wahlvolk bei Umfragen wirklich abgebildet ist. Grün-affine Bürger sind zum Beispiel viel eher bereit, zu antworten als FPÖ-Wähler, was in den vergangenen Jahren häufig zu einer Überdeklaration der Grünen in Umfragen geführt hat („Grüne als Umfrageweltmeister“).

Umfragen sind keine Prophezeiungen, sondern Momentaufnahmen – sie bilden Tendenzen, die sich bis zum Wahltag ergeben, nicht ab.

Erfahrungswerte passen nicht oder sind bei neuen Parteien nicht vorhanden. Dieses neue Phänomen erleben die Forscher mit neuen Parteien – etwa beim Team Stronach: Das hatte in Tirol 3,5 Prozent in den Rohdaten und beim Wahlergebnis 3,4 Prozent. In Niederösterreich hatten sie auch nur 3,8 Prozent in den Rohdaten – aber 9,8 Prozent beim Ergebnis.

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