600 Tage ohne Klimaschutzgesetz: Koalition wird sich nicht einig

VP-Klimasprecher Johannes Schmuckenschlager
Grün und Türkis dürften sich bei verbindliche Vorgaben nicht einigen können. ÖVP-Klimasprecher Schmuckenschlager: "Keine Priorität"

Der heurige Sommer hat einmal mehr gezeigt, dass der Kampf gegen die Klimakrise eine gewisse Dringlichkeit hat, aber in Österreich steigt der CO2-Ausstoß sogar. Die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler hat ein Klimaschutzgesetz versprochen, aber sie kann seit zwei Jahren keines vorlegen, weil der Koalitionspartner ÖVP ziemlich deutlich macht, dass er kein Interesse an einem Klimaschutzgesetz hat. Große Verhandlungsrunden gab es zuletzt vor einem Jahr, berichtete das ORF-Radio.

Der grüne Klimasprecher Lukas Hammer zeigte sich im Ö1-Morgenjournal am Montag verärgert über die ÖVP. "Wenn ich alleine auf der Tanzfläche stehe und Walzer tanzen will, dann funktioniert das nicht." Derzeit gebe es keine Fortschritte, gibt auch ÖVP-Klimasprecher Johannes Schmuckenschlager zu. "Das Klimaschutzgesetz ist ein Grundgeräusch in dem Ganzen, aber nicht das aller wesentlichste."

"Klimaschutzgesetz nicht oberste Priorität"

Im Moment sei eine Einigung nicht sehr wahrscheinlich, deshalb werde eher über konkrete Maßnahmen verhandelt, sagt Schmuckenschlager. "Wir schaffen die Rahmenbedingungen auch mit einer Vielzahl anderer Gesetze, wie zum Beispiel Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, und vor allem ein Hauptthema wird sein, dass wir auch bei der Umweltverträglichkeitsprüfung schneller werden. Da ist jetzt das Klimaschutzgesetz nicht die oberste Priorität."

Schließlich gebe es derzeit viele Krisen zu bewältigen, meint der ÖVP-Klimasprecher. Für sein Gegenüber bei den Grünen ist das eine Ausrede. "In den letzten Jahrzehnten habe ich immer das Gleiche gehört. Es gab immer irgendeine andere Krise und Klimaschutz war dann nicht Priorität. Ich glaube, wir sehen jetzt alle, dass wir Klimaschutz endlich so ernst nehmen müssen, wie ja auch die Wissenschaft sagt und dazu gehört eben auch ein Klimaschutzgesetz", kritisiert Hammer.

Zankapfel: Verbindlichkeit

Der große Streitpunkt beim neuen Klimaschutzgesetz bleibt die Verbindlichkeit. Die Grünen wollen die Klimaziele in der Verfassung verankern - mit Strafzahlungen für Bund und Länder bei Verfehlungen. Nicht mit der ÖVP, sagt Schmuckenschlager und folgt damit den Wünschen der Wirtschaft. "Dass wir auf der Seite der Wirtschaft stehen, das war immer so und das wird auch so bleiben. Und ich sehe das auch wirklich nicht als Fehler. Ich glaube, viel mehr sollte man es aus der Perspektive betrachten, dass man sagt, wie können wir auch mit der Wirtschaft diese Energiewende zusammenbringen, weil sonst ist es nicht machbar."

Ohne Sanktionen und Verbindlichkeit gehe es aber nicht, beharren die Grünen, das habe das alte, mittlerweile abgelaufene Klimaschutzgesetz gezeigt. "Ein Klimaschutzgesetz, das nicht verbindlich ist und keine Konsequenzen hat und nur für den Bund gilt, ist wirkungslos, weil es einfach ignoriert wird. Da habe ich lieber kein Klimaschutzgesetz", so Hammer.

Rote Linie für Grüne

Für die Grünen also eine rote Linie. Dennoch wird es ohne weitere Zugeständnisse keine Einigung geben, das ist auch Klimasprecher Hammer klar. "Das ideale Klimaschutzgesetz werden wir vielleicht nicht mehr beschließen - von diesem Gedanken habe ich mich schon verabschieden müssen - aber wir brauchen ein Klimaschutzgesetz, das uns weiterbringt."

Vorerst also bleibt das Klimaschutzgesetz, das seit mittlerweile 600 Tagen fällig ist, nicht mehr als eine Ankündigung. Auf die Frage, ob es jemals kommen werde, antwortet Schmuckenschlager im ORF-Radio: "Ich glaube schon, ja. Nur wann, kann ich auch nicht sagen."

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