"Daneben gegangen": Kern entschuldigt sich bei SPÖ-Mitgliedern
Der Landesparteitag der Vorarlberger SPÖ am Donnerstagabend in Hohenems stand - wenig überraschend - auch im Zeichen des angekündigten Rücktritts von Noch-Bundesparteichef Christian Kern. Und dieser war höchstselbst angereist, um sich den Genossinnen und Genossen zu stellen. "Holprig" sei er gewesen, der von ihm vom Zaun gebrochene "Übergang", erklärte Kern von den 145 Delegierten: "Der ist daneben gegangen, da brauchen wir gar nicht drüber reden. Und ich möchte mich bei euch allen dafür wirklich aus tiefstem Herzen entschuldigen."
Der Alt-Bundeskanzler ließ manche Geschehnisse der vergangenen Tage Revue passieren, bekannte "sehr wenig" geschlafen zu haben und bat um Verständnis für seine persönliche Entscheidung, in die Europa-Politik wechseln zu wollen. Er habe sie "gegen jede Emotion getroffen". Er sei vor der Entscheidung gestanden, sein Leben als Berufspolitiker fortzusetzen oder einen guten Übergang zu schaffen. Und die Opposition sei zwar eine "ehrenvolle Aufgabe", er sehe sich aber doch als Gestalter. Seine politische Leidenschaft sei ungebrochen, betonte Kern.
Freitagmittag meldete sich der SPÖ-Chef auch noch in den Sozialen Medien:
"Wenn wir nicht Erster sind, werden wir nicht regieren", stellte der als "Ehrengast" vorgestellte Kern in seiner Ansprache an die Vorarlberger Genossen klar. In diesem Sinne werde er auch versuchen, seine Nachfolge zu regeln. Die SPÖ habe einen "großen Fundus an starken Frauen, aber auch Männern" für diese Funktion, unterstrich Kern. Staudinger bekannte freimütig, dass er sich bald eine "sozialdemokratische Bundeskanzlerin" wünsche und betonte ebenfalls den Anspruch der SPÖ, eine gute Regierungspartei zu sein. "Die SPÖ will das Leben der Menschen verbessern, das geht in der Regierung besser", so Staudinger.An den Befindlichkeiten von ÖVP und FPÖ übte der scheidende Parteichef scharfe Kritik. Die ÖVP sei vor allem an Macht interessiert, stellte Kern fest. Es sei klar gewesen, dass "wenn jemand skrupelloserer als Reinhold Mitterlehner die Partei führt", diese dann mit den Freiheitlichen regieren werde.
"Suppenhühner" in der FPÖ
Bei der FPÖ seien die "Suppenhühner" vielleicht doch in größerer Menge vorhanden als in anderen Parteien. Es sei immer klar gewesen, "dass ich mit denen nicht in einem Boot sitzen möchte", stellte Kern klar. Die Abgrenzung zur FPÖ sei für die SPÖ ein "gutes Prinzip", denn es gebe mit den Freiheitlichen sozialpolitisch keine gemeinsame Grundlage. Die Sozialdemokratie hingegen sei das Bekenntnis zu Solidarität, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit für alle Menschen. Diese Werte seien "massiv herausgefordert", doch gelte es die Schlacht für diese zu führen, in Europa und in Österreich, betonte Kern.
Martin Staudinger - der die Vorarlberger SPÖ als Spitzenkandidat in die Landtagswahl 2019 führen wird - wanderte vor seiner Kür zum Vorarlberger Parteivorsitzenden wie ein Moderator durch die Reihen der SPÖ-Delegierten, stellte sein Team vor, das ihn durch den Landtagswahlkampf begleiten wird und skizzierte die Grundlagen seiner Politik. "Politik ist etwas, das viele Menschen abstößt, ich will einen anderen Stil", versprach Staudinger Sachpolitik. Es gehe um die besten Ideen, betonte der 39-jährige Leiter der Landesstelle Vorarlberg des Sozialministeriumservice. In einem eingespielten Video wurde gezeigt, wie Staudinger Menschen auf der Straße nach ihrem Wunsch an die Sozialdemokratie befragte. Man werde in nächster Zeit viel auf der Straße unterwegs sein, kündigte Staudinger an. Aus einem Plakat mit der Frage "Was bewegt Vorarlberg?" und Schlagwörtern wie Gesundheit, Wohnen oder Sicherheit wurde am Ende ein Bild von Staudinger mit dem Motto "Wir wollen's wissen".
Der 39-Jährige Staudinger wurde letztlich mit 137 von 138 (99,3 Prozent) abgegebenen Stimmen zum neuen Parteichef gewählt. Anschließend wurde Staudinger zu den Klängen von "Ein Hoch auf uns" frenetisch beklatscht. Bereits zuvor hatte Kern daran erinnert, dass die Partei immer größer sei als eine Einzelperson: "Am Ende hängt es an euch und nur an euch", appellierte er an die Genossen. Diese quittierten seine Worte mit einer Standing Ovation und verabschiedeten ihn so, wie sie ihn begrüßt hatten - mit begeistertem Applaus.
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