Chronique scandaleuse: die häppchenweise Demontage des Thomas Schmid

EIGENTÜMERSTRUKTUR CASINOS AUSTRIA AG: SCHMID / CHVATAL
Nach dem "Pöbel"-Sager musste der Aufsichtsrat die Lage wieder neu bewerten - und zog die Reissleine.

Das Ende kam doch schneller als erwartet: Nachdem der Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG die Causa "neuerlich bewertet" hat, trennte er sich am Dienstag mit sofortiger Wirkung von Allein-Vorstand Thomas Schmid; ursprünglich hätte Schmid bis Ende März 2021 im Amt bleiben sollen - dann wäre sein Vertrag ausgelaufen.

Wie kam es dazu? Was waren die Stationen dieses Rücktritts auf Raten? Ein chronologischer Abriss:

1. April 2019:

Das Jahr beginnt gut für den Juristen und Politikwissenschafter Thomas Schmid. Der ÖVP-nahe Tiroler, der sich vom parlamentarischen Mitarbeiter in der Volkspartei bis zum Generalsekretär im Finanzministerium hochgearbeitet hat, wird Alleinvorstand der Staatsholding ÖBAG, einer Nachfolgegesellschaft von ÖBIB und ÖIAG. Die ÖBAG verwaltet die Beteiligungen des Staates an wichtigen Unternehmen, darunter etwa die OMV. 

12. November 2019

Die Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft, kurz WKStA, beschlagnahmt das Mobiltelefon von Schmid und rekonstruiert aus der Cloud dessen gelöschte Chat-Nachrichten. Die Hausdurchsuchung erfolgt im Zuge der Ermittlungen um die Vorstandsbestellung des FPÖ-Manns Peter Sidlo bei den Casinos Austria. Schmid ist einer von einem guten Dutzend prominenter Beschuldigter, von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Ex-ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger abwärts. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

16. Oktober 2020

Die ÖBAG verlautbart, dass Schmid zwei Direktoren zur Seite gestellt werden: Christine Catasta und Maximilian Schnödl. Schmid soll auch für seine Schwester 2017 privat in einen Steuerakt geschaut haben. Abseits der strafrechtlichen Ermittlungen geben Schmids Chats auch ein Einblick, wie in Österreich wichtige Funktionen bestellt werden. Der Casinos-Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner etwa schrieb er: "Du wirst dort CEO!" und setzte nach: "Das MUSS klappen".

Ende März 2020

Es werden dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss vorliegende Chats zwischen Finanzminister Gernot Blümel, Thomas Schmid und Sebastian Kurz öffentlich, die in die Zeit kurz vor Schmids Bestellung als ÖBAG-Chef fallen. Die Chats legen den Verdacht nahe, dass die Ausschreibung um den ÖBAG-Posten Fassade war und Schmid sich selbst den Job zugeschanzt hat. Schmid durchlebte offenkundig viele Hochs und Tiefs, und diese emotionale Achterbahnfahrt zeigt sich auch in den Chats - unter anderem mit dem Kanzler, von dem sich der spätere ÖBAG-Alleinchef Wochen vor seiner Bestellung noch beruhigen lässt, dass er bestellt wird. Der Dialog zwischen Kanzler und Schmid - "Kriegst eh alles, was du willst" (Kurz) und dann "ich bin so glücklich :-)))) Ich liebe meinen Kanzler (...)." (Schmid) ist mittlerweile Teil der jüngeren Zeitgeschichte. Schon diese ersten Meldungen waren Anlass für heftige Debatten, ob Schmid wirklich weiter  im Amt bleiben kann. 

31. Mai 2021

Neue, ungustiöse Chats finden den Weg in die Öffentlichkeit. So beschwert sich Schmid unter anderem darüber, dass er durch den Wechsel in die ÖBAG seinen Diplomatenpass verliert. Schmid kommentiert dieses Faktum seiner Assistentin gegenüber im März 2019 so: "Oh Gott. Reisen wie der Pöbel." In einem anderen Chat beschwert er sich, dass er für die Bestellung einen Strafregisterauszug benötigt und diesen selbst bei der Behörde abholen muss. "Ich hasse euch dass ich da herkommen muss zu diesen Tieren für Strafregister." Und: Er lästert über Bootsflüchtlinge. 

Diese neue Tranche an Chats führt schließlich dazu, dass der Aufsichtsrat die Reißleine zieht und Schmid zurücktritt. 

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