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Kanzler Kern an Fellner-Zeitung: "Habt's mich gern"

Kanzler Kern an Fellner-Zeitung: "Habt's mich gern"
In der Reihe der KURIER-Gespräche stellte sich diesmal Bundeskanzler Christian Kern den Fragen von Helmut Brandstätter. Einen TV-Termin mit der Tageszeitung "Österreich" habe er abgesagt, sagte Kern.

Wie sieht das Steuermodell der SPÖ aus, wie sicher sind die Pensionen und überhaupt: Wie will er die Wahl am 15. Oktober eigentlich gewinnen?

Beim großen KURIER-Gespräch heute, Freitag, stand Bundeskanzler Christian Kern Herausgeber Helmut Brandstätter Rede und Antwort.

Kurzfristige Absage an "Österreich"

Gleich zu Beginn wurde Kern gefragt, wie er mit der Diskussion um verschiedene Papiere im Wahlkampf umgehe. Kern wandte sich gegen Berichterstattung auf "persönlicher Ebene", die jüngsten Berichte über interne SPÖ-E-Mails bezeichnet er als Grenzüberschreitungen, wo man irgendwann Konsequenzen ziehen müsse. So etwas sei in Österreich selbst in Wahlkampfzeiten selten zu beobachten.

Als Konsequenz habe Kern einen TV-Termin mit einem "bekannten Blatt mit einem irreführenden Namen" abgesagt. Gemeint ist, wie dem KURIER bestätigt wurde, die Zeitung Österreich.

"Man muss sich nicht alles gefallen lassen", sagte Kern. Und erläuterte: "Ich bin ja nicht in die Politik gegangen, weil ich den Sessel will, sondern möchte das Land verändern. Wenn jemand glaubt, dass man das mit Schmutz und Dreck gestalten muss, wenn das Medien noch verstärken und solche Kampagnen führen, dann sag ich: 'OK, aber habt's mich gern!'"

Kern hätte heute um 21.30 Uhr mit Österreich-Herausgeber Wolfgang Fellner in dessen Online-TV diskutieren sollen, wie unter anderem in doppelseitigen Anzeigen angekündigt wurde. Dort hätte Kern "zum peinlichen Psychogramm über ihn" Stellung beziehen sollen, schrieb Österreich noch heute Früh.

Nun sagte Kern aber im KURIER-Gespräch: "Politik bedeutet für mich, dass man mit Anstand und Ehre miteinander umgeht. Und wo das nicht der Fall ist, bin ich nicht mehr bereit, das zu tolerieren".

Sachthemen

Die Kritik am Boulevard oder an den Fouls des Wahlkampfes spielten aber nur am Beginn eine Rolle. Der Großteil der mehr als einstündigen Fragestunde mit den KURIER-Lesern stand ihm Zeichen von Sachthemen.

Die Veranstaltung aus dem Raiffeisen Forum können Sie hier noch einmal als Video sehen oder in unserem Ticker nachlesen.

LIVE

Kanzler Kern an Fellner-Zeitung: "Habt's mich gern"

  • |Peter Temel

    Ein Termin für das KURIER-Gespräch mit Sebastian Kurz werde noch bekannt gegeben, sagt Helmut Brandstätter. Also dranbleiben! Wir verabschieden uns vom heutigen KURIER-Gespräch, dass sie sich natürlich auf kurier.at in voller Länge ansehen können (siehe oben).

  • |Peter Temel

    Brandstätter verabschiedet sich vom Publikum und freut sich, dass bei der heutigen Diskussion die Worte aus seinem heutigen "Weckruf"-Newsletter "wahr geworden" seien.

    Da schrieb er: "Diese Gespräche sind die Stunde der KURIER-Leser. Auf die bin ich regelmäßig stolz, weil sie immer klar, aber nie beleidigend fragen. Da fragen besorgte Bürger, keine Partei-Jünger."

  • |Peter Temel

    KURIER-Herausgeber Helmut Brandstätter verweist, an Kerns Erzählung anschließend, auf die Ungerechtigkeit, dass Kindergarten-Betreuer viel zu wenig verdienen würden.

    "Wer auf unsere Kinder aufpasst, sollte mehr verdienen", sagt Brandstätter.

    Kern stimmt zu, sagt aber, dass die Betreuung auch gerne ganztags erfolgen müsse, damit Frauen entlastet werden.

  • |Peter Temel

    Kern spricht von der "Anekdote des Tages": Bei der Präsentation der neuen SPÖ-Plakate sei ihm heute jene "kleine Maus", die auch auf den Plakaten zu sehen ist "nicht mehr vom Pelz" gewichen. Das Spielen mit den Kindern im Kreisky Forum habe "richtig Spaß gemacht", sagt Kern, der sich offenbar im Wahlkampf auch nach Leichtigkeit sehnt.

  • |Peter Temel

    Der Erste werde das Mandat für Regierungsverhandlungen bekommen. "Wenn wir die ersten werden, werden wir einen Partner suchen. Die Blauen sind für uns sicher nicht die erste Adresse", sagt Kern.

    "Aber die Zweite?" fragt Brandstätter.

    "Auch die dritte, vierte und fünfte Adresse nicht", sagt Kern. Dennoch wolle man die FPÖ nicht von vornherein ausschließen, damit sie sich nicht in den Schmollwinkel stellen könne, sagt Kern.

  • |Peter Temel

    Abschließend die Koalitionsfrage. Kern sagt, er wolle was weiterbringen und nach der Wahl einen Partner dafür suchen.

    Was laut Kern schwierig sei, weil sich ÖVP und FPÖ im Wirtschaftsbereicht bei der Entlastung der Unternehmer einig seien.

  • |Peter Temel

    Wenn diese Themen so wichtig seien, warum können die Sozialdemokraten das nicht in Wahlerfolge ummünzen, fragt Helmut Brandstätter.

    Kern sieht den Hauptgrund darin, dass die Parteien rechts der Mitte auf alle sozialen Fragen mit dem Flüchtlingsthema antworten. Diese Dynamik schade den Parteien links der Mitte.

  • |Peter Temel

    Eine Zuschauerfrage beschäftigte sich mit den schlechten Zeiten für die Sozialdemokratie in Europa. Kern stellt in seiner Antwort die sehr Reichen dem zunehmend kämpfenden Mittelstand gegenüber. Das seien große Themen für sozialdemokratische Parteien.

  • |Peter Temel

    Kern kritisiert die Visegrad-Staaten in der EU wegen ihres Verhaltens in der Flüchtlingsfrage, außerdem Irland wegen der Steuerpolitik gegenüber Konzernen wie Apple und Polen im Speziellen wegen der Aushöhlung demokratischer Mindeststandards.

  • |Peter Temel

    Unser Übertragung nähert sich dem Ende. Die Zuschauer im Raiffeisen Forum stellen die letzten Fragen.

  • |Peter Temel

    Als Positivbeispiel politischer Berichterstattung nennt Kern die KURIER-Serie über Zukunftsfragen der Politik.

  • |Peter Temel

    Geringere EU-Förderungen würden auch die heimische Landwirtschaft treffen, sagt Kern - adressiert an Leute, die weniger Europa wollen.

  • |Peter Temel

    Thema Brexit: Wenn 14 Milliarden an Zahlungen von Großbritannien jährlich ausbleiben, könne man das nicht nur mit einer EU-Reform zurückholen, sagt Kern. Denn die gesamten Verwaltungskosten Brüssels würden nur acht Milliarden Euro ausmachen.

  • |Peter Temel

    Brandstätter weist darauf hin, dass in Österreich viel zu viel Geld in Gratiszeitungen gesteckt werde.

  • |Peter Temel

    Wenn er ein Pizza-Video mache, müsse doch jedem klar sein, dass das nur gestellt sein kann, sagt Kern. Warum sollte der Bundeskanzler auch Pizza austragen gehen.

  • |Peter Temel

    Kern spricht von einer "Populismus-Spirale" im Komplex Politik und Medien. In Deutschland werde nüchterner diskutiert, bei uns werde "jeden Tag eine andere Sau durchs Dorf getrieben".

  • |Peter Temel

    Ein offenbar wohlwollender Zuschauer fragt Kern, ob er ein Fußballer war, und wenn ja, ob "Techniker oder Offensivspieler". Er rate ihm jedenfalls, das Wort Opposition nicht mehr in den Mund zu nehmen.

    Kern antwortet, er sei "leidenschaftlicher Kicker gewesen mit mangelhaftem Talent".

  • |Peter Temel

    Kern brandmarkt bewusst den Islamismus, der in die in unserer demokratischen Kultur verankerten Errungenschaften umkehren will.

  • |Peter Temel

    Eine Dame im Publikum erklärt, wie "lächerlich" sie es finde, dass die Flüchtlingsthematik immer zum wichtigsten Problem in Österreich hochstilisiert werde.

  • |Peter Temel

    Islamische Kindergärten müssten dann geschlossen werden, wenn klare Verfehlungen festgestellt werden, sagt Kern. Dahingehend werde in Wien bereits verstärkt kontrolliert.

    Für diese Sätze bekommt Kern erstmals Applaus.

  • |Peter Temel

    Wenn jemand nicht als Flüchtling kommt, liege der Fall anders. Kern: "Wir haben bis an unsere Grenzen geholfen, aber wir können nicht darüber hinausgehen. Sonst werden wir von einer solidarischen zu einer zerfallenden Gesellschaft."

    Grundbedingungen sind für Kern: Illegale Migration müsse auf Null begrenzt werden. Weiters: Integration jener, die da sind. Diese sollen rasch in Arbeit kommen.

  • |Peter Temel

    Helmut Brandstätter wechselt zum Thema Zuwanderungspolitik.

    "Wenn jemand einen Asylgrund hat, haben wir die Pflicht sie nach der Europäischen Menschenrechtskonvention zu behandeln", sagt Kern.

  • |Peter Temel

    Ein Zuschauer moniert, dass nicht alle Forderungen im SPÖ-Wahlprogramm durch Gegenfinanzierungen abgedeckt seien.

    Kern fordert Beispiele. Dieser sagt: "Zum Beispiel die 5000 zusätzlichen Lehrer ..."

    Kern unterbricht den Mann im Publikum: "Nein, nein, ich habe sie erwischt!" Neben den Kosten für die Steuersenkung von fünf Milliarden kämen Kosten von drei Millarden für zusätzliche Leherer und Polizisten, sowie die Ganztagsbetreuung, sagt der SPÖ-Chef.

  • |Peter Temel

    "Du löst das Problem", sagt Kern. Das sei das, was ihn antreibe: Verantwortung übernehmen. "Und Verantwortung übernimmst du dann, wenn es für dich selbst unangenehm ist", sagt er. Er habe nicht nur reine SPÖ-Strategie umsetzen wollen,

  • |Peter Temel

    "Zwei Drittel der Dinge, die in den Zeitungen diskutiert werden, können Sie eh vergessen", sagt Kern.

    "Hallo", sagt KURIER-Herausgeber Helmut Brandstätter.

    Kern präzisiert: Das liege nicht an den Journalisten, sondern an den Politikern.

  • |Peter Temel

    Der SPÖ-Chef meint, man sei in fünfzehn Monaten seiner Kanzlerschaft von einer Kater-Stimmung zu einem Klima des wirtschaftlichen Aufschwungs gekommen. Er spricht Investitionsanreize an, für Start-Ups, für KMUs. Weiters erwähnt Kern den Job-Bonus. "Mir ist wichtig, dass diese Dinge passieren", sagt Kern.

  • |Peter Temel

    Kern bemüht wieder einmal Kreisky. Ohne dessen Bildungspolitik würde er "heute nicht hier sitzen". Er möchte dem Land etwas zurückgeben, hätte woanders wesentlich mehr verdient und hätte früher ins Bett gehen können. Dafür wolle er "kein Mitleid".

  • |Peter Temel

    Ein Zuschauer fragt, warum Kern vom Macher "zum Zögerer" geworden sei. Er hätte nach der Vorstellung des "Plan A" wählen lassen sollen.

  • |Peter Temel

    "Polemischer als sonst" sei der SPÖ-Chef, sagt Helmut Brandstätter. Kern hatte mit Blick auf Großspender bei der ÖVP gesagt: Man stecke "ein paar Millionen" hinein, und bekomme durch eine entsprechende Steuerpolitik als Unternehmer "Milliarden zurück".

  • |Peter Temel

    Andere Parteien würden weit mehr an Steuersenkung versprechen - 12 bis 15 Millionen Euro, sagt Kern. Nur die Gegenfinanzierung bleibe man schuldig, erklärt der SPÖ-Chef.

  • |Peter Temel

    Kompensieren will man das zum Teil aus der Erbschaftssteuer für Erbschaften von über einer Million Euro.

    Dies soll 500 Millionen Euro einspielen und würde ein bis zwei Prozent der Österreicher betreffen, sagt Kern. Dazu komme die Wertschöpfungssteuer.

  • |Peter Temel

    Kern erläutert das Steuermodell der SPÖ: Geplant sei eine Steuersenkung von in Summe fünf Milliarden Euro. Einkünfte bis 1500 Euro sollen lohnsteuerfrei seine. Von der Steuerreform sollen vier Millionen der Österreicher sollen profitieren - und die Klein- und Mittelbetriebe, so Kern, durch eine Senkung der Lohnnebenkosten.

  • |Peter Temel

    Eine weitere Vermieterin meldet sich aus dem Publikum und macht sich Sorgen um ihre Einkünfte, weil auch die Instandhaltungskosten steigen würden. Kern hält dem entgegen, dass sich die Mietkosten im Vergleich zur Inflation in den letzten Jahren zum Teil verdoppelt hätten.

  • |Peter Temel

    Im Regelfall sollte sich bei Vorsorgewohnungen wenig ändern, sagt Kern. Ein Zuschauer äußerte die Sorge, dass diese Säule der Pensionsvorsorge durch geringere Mieten, wie sie die SPÖ fordert, in Gefahr sei.

  • |Peter Temel

    Die erste Zuschauerfrage dreht sich um das Thema Pensionen. Auch wenn manche Politiker in Deutschland das österreichische System loben, wie zuletzt Sahra Wagenknecht von der Linken, sei zu hinterfragen, ob es auf lange Sicht das bessere System sei.

    Als er Kanzler geworden sei, habe er die Finanzplanung für die nächsten fünf Jahre einsehen können. Kern: "Wir werden vier Milliarden Euro weniger für Pensionen ausgeben, als wir noch 2016 gedacht haben. Das liegt daran, dass wir wirtschaftlich erfolgreich sind."

    Kern wolle "mit der Verunsicherung Schluss machen". Laut einem Gutachten der Pensionskommission würde Österreich heute rund 6 Prozent vom BIP ausgeben. Das steigt in den kommenden Jahren leicht an und geht dann wieder runter, so Kern. Auch das Verhältnis Aktiver zu Pensionisten habe sich in den vergangenen zwanzig Jahren nicht verschlechtert. "

    Bei den Luxuspensionen müsse man allerdings kürzen.

  • |Peter Temel

    Das Publikum applaudiert. Helmut Brandstätter weist aber daraufhin, dass vom Finanzministerium, aber auch von der SPÖ und der Stadt Wien hunderttausende Euro in den Boulevard investiert werden.

    Kern sagt, die Strategie müsse sein auf reichweitenkonforme Schaltunge zu kommen, man könne nicht nur nach "Nasenfaktor" vorgehen, ob mir die Zeitung passt oder nicht. Die SPÖ habe versucht das zu ändern. Es solle nur einen Topf geben, der gemeinsam nur für Regierungskampagnen vergeben wird. Das sei nicht gegangen, weil manche Ministerien selbst sich die Zeitungen gewogen halten wollen. Brandstätter: "Es gibt gekauften Journalimus in diesem Land, sprechen wir es aus", sagt Brandstätter.

  • |Peter Temel

    Die genannte Zeitung trägt eigentlich "einen schönen Namen, wie unsere Heimat", sagt Brandstätter. Gemeint ist offensichtlich die Zeitung Österreich.

  • |Peter Temel

    Als Konsequenz habe Kern habe einen TV-Termin mit einem "bekannten Blatt mit einem irreführenden Namen" abgesagt. "Man muss sich nicht alles gefallen lassen", sagt Kern. "Ich bin ja nicht in die Politik gegangen, weil ich den Sessel will, sondern möchte das Land verändern. Wenn jemand glaubt, dass man das mit Schmutz und Dreck gestalten muss. Wenn das Medien noch verstärken und solche Kampagnen führen, dann sag ich: 'OK, aber habt's mich gern!'"

  • |Peter Temel

    Es geht los mit der Diskussion um verschiedene Papiere zu den Parteien im Wahlkampf.

    Brandstätter sagt, der KURIER greife das nur auf, wenn er von der Echtheit von Papieren überzeugt sei. Er, Kern, sei zuletzt unsanft angerempelt worden, aber als Politiker dürfe man andererseits auch "kein Glaskinn haben". Wie geht er also damit um?

    Kern meint, die inhaltlichen Diskussionen können durchaus mit Konsequenz geführt werden, das sei "Politik pur". Etwsa anderes sei es, wenn es auf die persönliche Ebene gehe und sogar so weit, dass die Familie hineingezogen werde. Jüngste Berichte über peinliche interne SPÖ-E-Mails bezeichnet er als Grenzüberschreitungen, wo man irgendwann Konsequenzen ziehen müsse. So etwas sei in Österreich selbst in Wahlkampfzeiten selten zu beobachten. Politik bedeute für Ihn, dass man "mit Anstand und Ehre miteinander umgeht. Und wo das nicht der Fall ist, bin ich nicht mehr bereit, das zu tolerieren".

  • |Peter Temel

    KURIER-Herausgeber Helmut Brandstätter begrüßt Bundeskanzler Christian Kern und die Gäste im Raiffeisen Forum.

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