Staatsanwaltschaft beantragt Haftbefehl gegen Hochegger

Ex-Lobbyist Peter Hochegger bei einem Interview
Der Ex-Lobbyist blieb der Verhandlung für die Straffestsetzung in der Causa Telekom wegen eines "psychischen Zusammenbruchs" fern. Ob Haftbefehl erlassen wird, entscheidet sich "in den nächsten Tagen"

Eigentlich hätte im Wiener Straflandesgericht heute die Strafe für den Ex-Lobbyisten Peter Hochegger in der Telekom-Affäre festgesetzt werden sollen. Doch daraus wurde nichts. Der frühere PR-Berater blieb dem Termin fern, weil er - wie sein Rechtsvertreter Karl Schön erklärte - akut suizidgefährdet und nicht verhandlungsfähig sein soll.

Entscheidung "in den nächsten Tagen"

Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin Hocheggers Festnahme. Die zuständige Staatsanwältin Martina Semper begründete dies mit einer gegebenen Fluchtgefahr und sprach sich für die Erlassung eines inländischen, europäischen und internationalen Haftbefehls aus. Richter Wolfgang Etl behielt sich die Entscheidung darüber vor. Der Beschluss ergehe schriftlich, gab er bekannt. Die Entscheidung werde "in den nächsten Tagen", vermutlich noch in dieser Woche fallen.

Auf 23. August vertagt

Um 13.30 Uhr hätte im Wiener Landesgericht die Verhandlung gegen den Hochegger zur Festsetzung seiner Strafe in der Telekom-Affäre beginnen sollen. Nach der Strafprozessordnung konnte das Schöffengericht unter Etl ohne Hochegger aber nicht verhandeln. Heute hätte festgelegt werden sollen, ob es bei den zweieinhalb Jahren unbedingter Haft bleibt, zu denen der Ex-Lobbyist im September 2013 im Zusammenhang mit Zahlungsflüssen der Telekom Austria (TA) an das BZÖ verurteilt wurde. Der Schuldspruch wegen Untreue als Beteiligter war bereits rechtskräftig.

Am Ende vertagte Richter Wolfgang Etl die Verhandlung auf den 23. August. Bis dahin sollte sich geklärt haben, inwieweit der frühere Lobbyist prozesstauglich ist.

Anwalt: Hochegger stellt sich Verfahren

Laut Anwalt Schön wollte sich sein Mandant ursprünglich in der Schweiz einer Augenoperation unterziehen, bevor es zu einem "psychischen Zusammenbruch" kam. Hochegger wollte demnach zur Verhandlung kommen. "Er kann jedoch gesundheitlich nicht, er muss unter schweren Psychopharmaka in Basel bleiben", sagte Schön im Ö1-Mittagsjournal mit Verweis auf dessen Suizidgefährdung. Im Übrigen versicherte Schön, dass sich Hochegger dem Verfahren sicher stellen werde.

Staatsanwaltschaft beantragt Haftbefehl gegen Hochegger
ABD0077_20160809 - WIEN - ÖSTERREICH: Anwalt Karl Schön am Dienstag, 9. August 2016, vor Beginn eines Prozesses gegen Ex-Lobbyist Peter Hochegger (nicht im Bild) in der Telekom-Affäre im Straflandesgericht Wien. - FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER

"Gesundheitlich ein gebrochener Mann"

"Er will sich nicht der Verhandlung entziehen. Es ist ihm auf ausdrücklichen Befehl der Ärzte nicht möglich, heute zu kommen", sagte Schön. Hochegger sei "gesundheitlich ein gebrochener Mann. Er ist psychisch fertig."

Laut Schön soll Hochegger in der Schweiz zusammengebrochen sein, wo er sich einer Nachbehandlung "nach einer schweren Augenoperation, deren lateinischen Namen ich mir nicht gemerkt habe" unterziehen wollte, wie der Anwalt erklärte. Schön machte dafür den zunehmenden Druck angesichts des Wiener Gerichtstermins in der Telekom-Affäre verantwortlich. Aus einem mit Anfang Juli datierten, inzwischen der Justiz vorgelegten Gutachten gehe deutlich hervor, dass der frühere Lobbyist psychisch erkrankt sei. Hochegger sei für den 10., 11. und 15. August zu Behandlungsterminen an der Universitätsklinik Basel bestellt worden, so Schön.

"Sind ihm die österreichischen Einrichtungen nicht gut genug?", fragte sich Richter Etl. Dieser wunderte sich auch, weshalb Hochegger just am Tag seiner Gerichtsverhandlung im Grauen Haus in der Schweiz einen Psychiater konsultierte. Wie sein Anwalt dazu erläuterte, soll Hochegger bei Bedarf immer wieder ambulante Hilfe in Anspruch nehmen".

Schmiergeldzahlungen

Vor knapp drei Jahren hatte ein Schöffensenat festgestellt, dass Hochegger als Mittelsmann für Schmiergeldzahlungen von insgesamt 960.000 Euro fungierte, die auf Basis von Scheinrechnungen über zwei Werbeagenturen ans BZÖ gingen, das im Tatzeitraum als Juniorpartner der ÖVP an der Bundesregierung beteiligt war. Die von Hochegger vermittelten TA-Zahlungen - der Lobbyist hatte 2004 einen Rahmenvertrag mit der TA abgeschlossen und wollte in dieser Funktion für diese eine Änderung der Universaldienstverordnung bewirken - dienten dem BZÖ zur Finanzierung des Nationalratswahlkampfs 2006.

Obwohl Hochegger stets eine Beteiligung an den Schmiergeldzahlungen bestritten hatte, bestätigte der Oberste Gerichtshof (OGH) im November 2015 den erstinstanzlichen Schuldspruch.

Einen untergeordneten Anklagepunkt - eine angebliche Falschaussage im parlamentarischen Korruptions-U-Ausschuss - hoben die Höchstrichter aber auf, was aus formalen Gründen eine Aufhebung der für sämtliche angeklagten Delikte verhängten Strafe zur Folge hatte. Mittlerweile ist die Staatsanwaltschaft allerdings aus verfahrensökonomischen Gründen von der weiteren Verfolgung der angeblichen Falschaussage zurückgetreten und hat die entsprechende Anklage zurückgezogen, zumal diese kaum Auswirkungen auf die Gesamtstrafe hätte. Damit hätte heute nur mehr die Strafe für die Beteiligung an der Untreue festgesetzt werden müssen.

Anwalt rechnet mit geringerer Strafe

Hocheggers Verteidiger geht davon aus, dass der Ex-Lobbyist am Ende "eine deutliche geringere Strafe bekommt". Er rechne "mit einer bedingten, zumindest teilbedingten", teilte Schön den zahlreichen Journalisten im Landesgericht mit. Hochegger sei Ersttäter, außerdem hätten sich mit Jahreswechsel die Wertgrenzen bei Vermögensdelikten geändert und sei die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. Auf die abschließende Frage der Medienvertreter, wann sein Mandant wieder fit sei, verwies Schön zunächst darauf, er sei kein Arzt. Es sei nach seinem Dafürhalten "schon eine längere Erholungsphase geboten".

Auch Anklage in Causa Buwog

Hochegger ist neben Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger und Ernst Karl Plech einer der prominentesten Angeklagten im Buwog-Verfahren, in dem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Ende Juli eine nicht rechtskräftige, mehr als 800 Seiten starke Anklageschrift vorgelegt hat.

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