Causa Identitäre: Druck auf Grazer FPÖ-Vizebürgermeister steigt

Mario Eustacchio und Siegfried Nagl
Grüne wollen Mario Eustacchio das Misstrauen aussprechen. Nur knappe Mehrheit für Türkis-Blau im Gemeinderat.

Seine mangelnde Distanzierung von den rechtsextremen Identitären könnte dem Grazer FPÖ-Vizebürgermeister Mario Eustacchio kommende Woche zum Verhängnis werden.

Denn die Grazer Grünen wollen einen Misstrauensantrag gegen Eustacchio einbringen, sollte es ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl bis Montag nicht gelingen, den Koalitionspartner zu einer klaren Distanzierung von den Identitären zu bringen.

Bisher lehnte Eustacchio eine solche kategorisch ab, im Gegenteil: Er stellte sich sogar schützend vor die Identitären. Er wundere sich über die Vorwürfe gegen die Gruppe, "die ja keine Grundlagen haben", sagte Eustacchio auf einer Pressekonferenz am Donnerstag. Und weiter: "Ich sehe keinen Grund, mich von irgendetwas zu distanzieren."

Offene Unterstützung

Der Stadtparteichef und Stellvertreter von Verteidigungsminister Mario Kunasek als steirischer Landesparteiobmann stellte am Donnerstag auch erneut klar, dass er 2015 an einer von den Identitären organisierten Demonstration am Grenzübergang Spielfeld teilgenommen hatte - und dass er darin kein Problem sieht. "Ja, die Gruppe vertritt Positionen, die manchen nicht passen, etwa die traditionellen Geschlechterrollen oder das Verhindern von zu viel Einwanderung", so Eustacchio. Inhaltlich könne er "das alles unterschreiben".

Auch an seinem umstrittenen Gemeinderat Heinrich Sickl hält Eustacchio eisern fest. Sickl war in der letzten Zeit in den medialen Fokus gerückt, weil er den Identitären Büroräumlichkeiten für ihr Grazer Zentrum vermietet.

Für die Grünen inakzeptabel. "Ein Vizebürgermeister, der beim Identitärenkongress als Hauptredner auftritt und einen Gemeinderat duldet, der offensichtlich mit den Identitären eng verbunden ist, ist für Graz nicht tragbar", meint der Grüne Klubobmann Karl Dreisiebner. Darum werde man den Gemeinderat mit der Vertrauensfrage konfrontieren, sollte Nagl Eustacchio nicht zu einer Distanzierung bringen - womit freilich nicht zu rechnen ist.

Knappe Geschichte

Der Misstrauensantrag müsste in einer Sondersitzung des Gemeinderates diskutiert und abgestimmt werden, die innerhalb von acht Tagen vom Bürgermeister einzuberufen ist. Und weil die Opposition Dreisiebner zufolge Eustacchio geschlossen das Misstrauen aussprechen würde, der Antrag anonym abgestimmt werden müsste und Türkis-Blau nur eine knappe Mehrheit von 27 von 48 Mandaten im Gemeinderat hält, sitzt Eustacchio alles andere als fest im Sattel.

 

Causa Identitäre: Druck auf Grazer FPÖ-Vizebürgermeister steigt

Karl Dreisiebner

Stimmen nur vier unzufriedene ÖVP-Abgeordnete mit der Opposition, wäre Eustacchio den Vizebürgermeister los.

Zeichen der Zeit

Bürgermeister Nagl, der das am Donnerstag noch als "eine Sache der FPÖ" klassifiziert hatte, zieht die Schrauben bereits an. "Vizebürgermeister Eustacchio ist aufgerufen, sein persönliches Verhältnis, aber auch das der Grazer Freiheitlichen zu den Identitären unmissverständlich klarzustellen", sagte Nagl in einer Aussendung am Freitag. Rechtsradikale, rassistische oder neonazistische Ansichten seien weder mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung zu legitimieren, noch mit dem Fehlen strafrechtlicher Verurteilungen zu tolerieren. Graz "als erste europäische Menschenrechtsstadt" habe hier "eine besondere Verantwortung, die für alle Mitglieder des Stadtsenats wie auch des Gemeinderats zu gelten hat", so Nagl weiter.

 

Der steirische ÖVP-Landesgeschäftsführer Detlev Eisel-Eiselsberg hatte bereits unmittelbar nach Eustacchios Pressekonferenz am Donnerstag die Zeichen der Zeit erkannt. Tag für Tag gebe es neue Hinweise für Querverbindungen zwischen den steirischen Freiheitlichen und höchsten Vertretern der Identitären. Er glaube daher, es sei "höchste Zeit, dass Landesparteiobmann Mario Kunasek hier einschreitet und endlich reinen Tisch macht“, so Eisel-Eiselsberg.

 

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