Innenministerium überlegt nach Skandal, EU-Projekte selbst in die Hand zu nehmen
In der Affäre um eine Agentur, die im Verdacht steht, EU-Fördergeld veruntreut zu haben, gibt es erste Konsequenzen. Das Außenamt hat, wie berichtet, festgestellt, dass die „Agentur für europäische Integration und wirtschaftliche Entwicklung“ (kurz: AEI) die Voraussetzung für Twinning-Projekte nicht mehr erfüllt. Eine wichtige Einnahmequelle fällt damit weg.
Aktuell laufen bei der AEI noch sieben solcher Projekte mit einem Volumen von 10,6 Millionen Euro, bei denen es darum geht, EU-Beitrittskandidaten oder andere Länder mit Know-how bei Reformen zu unterstützen.
Die EU-Kommission, die für die Vergabe zuständig ist, hat bisher erst durch Medienberichte vom Mandatsentzug erfahren, eine offizielle Meldung steht noch aus, sagt eine Sprecherin zum KURIER.
Die EU-Delegationen seien aber schon jetzt dazu angehalten worden, bei den aktuellen Verträgen mit der AEI „besonders aufmerksam zu sein, um die finanziellen Interessen der EU zu schützen“.
Kontrolle
Seit ihrer Gründung 2003 hat die AEI für ihre Projekte 87,3 Millionen Euro von der EU-Kommission erhalten. Betont wird, dass es ein reguläres Monitoring der Verträge gibt. Bei Abschluss eines jeden Projekts muss ein Bericht über die Ausgaben vorgelegt werden, den ein Wirtschaftsprüfer erstellt.
Die aktuellen Untreue-Ermittlungen kommentiert die EU-Kommission nicht. Wie berichtet, wird gegen die AEI-Chefin und ihren Projektbetreuer im Bundeskriminalamt wegen Untreue ermittelt. Im Raum steht der Verdacht der Geldwäsche über Treuhandgesellschaften auf Malta. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Geschäftsfeld
Vier Ministerien – Inneres, Verteidigung, Gesundheit und das Vizekanzleramt – waren in der türkis-blauen Ära Mitglied bei der AEI, sind 2021 aber nach Unstimmigkeiten zur Finanzgebarung ausgetreten.
Spannend ist: Das Innenministerium und acht andere Ministerien (darunter das Kanzleramt, aber auch grüne Ministerien wie Justiz und Gesundheit) sind stattdessen Mitglied bei einer Agentur mit ähnlichem Profil: Der AED, der „Agentur für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“.
Während die AEI als FPÖ-nahe gilt, wirkt die AED wie ein ÖVP-Pendant: Präsident ist Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger. Die AED existiert ebenfalls seit 2003 und bezeichnet sich als „Dienstleister des Bundes für die Umsetzung internationaler Reformvorhaben“.
Mehrwert
Im Innenministerium wird erklärt, dass eine Zusammenarbeit mit solchen Agenturen einen Mehrwert für Behörden darstelle. Die Projektabwicklung insbesondere von EU-Projekten sei sehr aufwändig und komplex. Diese Agenturen seien genau darauf spezialisiert.
Dennoch überlegt man nun eine Änderung: Geprüft wird, ob man EU-Projekte künftig eigenständig abwickeln könnte – mit zusätzlichem Personal und unter eigener Struktur, heißt es dort.
Geht es nach dem grünen Abgeordneten David Stögmüller, der die Causa AEI schon länger verfolgt, dann braucht es nun eine umfassende Reform: „Der Skandal der AEI hat klar aufgezeigt, dass die Vergabe derartiger Summen an Steuergeldern nicht weiterhin an Vereine gehen kann, deren Finanzen so intransparent und außerhalb jeglicher parlamentarischer Kontrolle existieren.“
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