Casinos-Causa: Ermittlungen rund um Vorstandsjob wurden großteils eingestellt

In der Casinos-Causa wurde ein weiteres Kapitel geschlossen. Wie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte, wurden die Verfahren rund um mutmaßliche Bestechlichkeit gegen
- Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus,
- Ex-Finanz-Staatssekretär Hubert Fuchs,
- Ex-Finanzminister Hartwig Löger und
- Ex-Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid
eingestellt.
Nicht namentlich genannt wird Ex-Casag-Finanzvorstand Peter Sidlo, um den es im Kern der Causa gegangen ist. Doch wie aus der Presseaussendung zu schließen ist, wurde auch sein Verfahren eingestellt. Ebenso gegen
- Ex-Casag-Aufsichtsratspräsident Walter Rothensteiner und
- Ex-Casag-Aufsichtsrat Josef Pröll
- sowie drei weitere Personen.
Offen sind laut Aussendung noch die Ermittlungen gegen Ex-FPÖ-Chef und Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Verantwortliche eines Glücksspielkonzerns, wobei es sich um den früheren Chef Harald Neumann und Gründer Johann Graf sowie die Novomatic als Unternehmen handeln dürfte.
Bereits im November waren die Verfahren wegen Untreue gegen drei Mitglieder des Casag-Aufsichtsrates eingestellt worden (der KURIER berichtete).
Ihren Anfang nahmen die Ermittlungen im Mai 2019, kurz nach Platzen der Ibiza-Affäre, mit einer anonymen Anzeige.
Worum geht's in der Causa?
Der Vorwurf, der in der anonymen Anzeige geäußert wurde: Sidlo, damals FPÖ-Bezirksrat, soll im Mai 2019 den hoch dotierten Posten des Finanzvorstands der Casag erhalten haben, weil es im Hintergrund einen Deal zwischen dem Glücksspielkonzern Novomatic, die im Casag-Vorstand ein Nominierungsrecht hatte, und der FPÖ gegeben habe.
Die FPÖ wiederum soll - in der damaligen türkis-blauen Koalition - die Vereinbarung getroffen haben, dass ihr Mann, Thomas Schmid, im Gegenzug Vorstand der Staatsholding ÖBAG wird.
Sidlo wehrte sich nach seiner Abberufung gegen die Darstellung, er sei für den Vorstandsjob gar nicht geeignet gewesen - und wollte von den Casinos eine Kündigungsentschädigung von rund 2,35 Millionen Euro. Die Klage wurde im Jänner 2022 vom Handelsgericht abgewiesen.
"Mit hoher Wahrscheinlichkeit" gab es Vereinbarung
Die WKStA stellt den Verfahrenskomplex nicht komplett ein. Sie kam bei den Ermittlungen nämlich zum Schluss: "Eine Vereinbarung seitens der FPÖ mit dem privaten Glücksspielkonzern hat es mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben. Teil einer solchen Vereinbarung war jedenfalls die Bestellung des vereinbarten Kandidaten zum Casag Vorstandsmitglied."
Die Bestellung Sidlos sei "ausschließlich aus parteipolitischen Motiven" erfolgt - konkret wegen dessen Nähe zur damaligen Regierungspartei FPÖ, "wobei die berufliche Qualifikation keine Rolle spielte", heißt es in der WKStA-Aussendung.
Gegen Ex-FPÖ-Vizekanzler Strache und die zwei Verantwortlichen des Glücksspielkonzerns laufen deshalb die Ermittlungen weiter.
Verantwortung aber "nicht zurechenbar"
Bei jenen Beschuldigten, deren Verfahren nun eingestellt wurde, sei eine jeweilige strafrechtliche Verantwortung nicht zurechenbar gewesen.
Es sei nicht "mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit nachweisbar" gewesen, welchen Informationsstand sie über die Vereinbarung hatten, ob sie über eine Verknüpfung zwischen Vorstandsposten (als Vorteil) und einem konkreten Amtsgeschäft als Gegenleistung Bescheid wussten oder dies zumindest für möglich hielten, und auch nicht, welchen Handlungsanteil jeder Einzelne an der Umsetzung hatte.
Auch weitere Ermittlungen gegen Ex-Finanz-Staatssekretär Fuchs - er präsentierte just am selben Tag Details zum Budgetfahrplan der Koalitionsverhandler FPÖ und ÖVP - wurden eingestellt. Ein für einen Glücksspielkonzern verschleiert tätiger Steuerberater habe Anliegen an ihn herangetragen und dafür Vorteile angeboten. Ein solcher Vorteil konnte nicht nachgewiesen werden.
Die Ermittlungen starteten im Frühsommer 2019, die Liste der Beschuldigten ist lang. Eine Zuordnung:
FPÖ
- Ex-FPÖ-Chef und Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (Verfahren noch offen)
- Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus
- Ex-Finanz-Staatssekretär Hubert Fuchs
- ein FPÖ-naher Steuerberater
ÖVP
- Ex-Finanzminister Hartwig Löger
- Ex-Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid
Casag
- Ex-Aufsichtsratspräsident Walter Rothensteiner
- Ex-Aufsichtsrat Josef Pröll
- Ex-Finanz-Vorstand Peter Sidlo
Novomatic
- Ex-Chef Harald Neumann (Verfahren noch offen)
- Gründer Johann Graf (Verfahren noch offen)
- zwei weitere Personen, die öffentlich kaum bekannt sind und daher nicht namentlich genannt werden
Verfahren dauerten fast sechs Jahre
Und auch diesmal liefert die WKStA eine Erklärung für die lange Verfahrensdauer mit. In der Aussendung wird erklärt, dass die Beschuldigten "teils mehrmals" einvernommen und rund 70 Zeugen befragt worden seien.
Wegen Widersprüchen durch Beschuldigte habe man erst zweieinhalb bis drei Jahre nach der Sicherstellung mit der Auswertung beginnen dürfen, schreibt die WKStA. Die letzten Daten aus den Hausdurchsuchungen vom März 2020 seien erst Ende 2022 vom zuständigen Gericht freigegeben worden.
Zudem hätten zahlreiche Beschuldigte die Aussage verweigert bzw. erklärt, sie würden erst nach Abschluss aller anderen Ermittlungsschritte aussagen. Die letzten Vernehmungen seien damit erst ab Jahresmitte 2023 möglich gewesen.
Und dann brauchte freilich noch der Berichtsweg seine Zeit: Die WKStA hat ihre Ermittlungen im Frühjahr 2024 abgeschlossen und an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt, im Justizministerium dürfte die Causa dann ab August behandelt worden sein und wanderte nach Prüfung in der Fachabteilung noch zum Weisungsrat.
Bisherige Einstellungen
Komplett eingestellt wurden im November 2024 die Ermittlungen zum Untreue-Verdacht. Hier war es darum gegangen, dass zwei Vorstandsverträge vorzeitig aufgelöst und horrende Abfertigungen bezahlt werden mussten, um Platz zu schaffen für Sidlo und eine weitere Vorständin.
Die Ermittlungen der WKStA ergaben aber, dass die Personalentscheidung "nicht ausschließlich parteipolitisch", sondern "jedenfalls auch sachlich begründet" war und die Höhe der Abfindungen durch die Altverträge zu erklären seien. Ein wissentlicher Missbrauch von Befugnissen und die Schädigung des Unternehmens, die der Tatbestand voraussetzt, waren also nicht gegeben.
Was sonst noch offen ist
Offen ist im "Ibiza- bzw. Casag-Verfahrenskomplex" noch der große Brocken Inseratenaffäre. Publik wurden die Ermittlungen im Herbst 2021 nach Hausdurchsuchungen unter anderem in der ÖVP-Zentrale, die des damaligen Kanzlers Sebastian Kurz Rücktritt führten.
In der Causa gibt es zwei Kronzeugen: Die frühere Meinungsforscherin Sabine Beinschab, die für die ÖVP Umfragen frisiert und Scheinrechnungen ausgestellt haben soll, und Thomas Schmid, früherer Finanz-Generalsekretär und ÖBAG-Chef (mehr dazu hier). Wann es hier zu einem Abschluss bzw. einem Prozess kommt, ist völlig offen.
Kommentare