Buwog-Prozess: Eine unerwartet kleine Erbschaft
Der erste Teil des heutigen Verhandlungstags im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere ist schnell zusammen gefasst: Bei der Befragung durch den Privatbeteiligtenvertreter Johannes Lehner, gab Grasser zu verstehen, er wolle von seinem Recht auf Entschlagung Gebrauch machen und keine Fragen beantworteten.
Die CA Immo war bei der Privatisierung der Bundeswohnungen zunächst vorne, in der zweiten Vergaberunde aber dann knapp hinter dem Österreich-Konsortium (Immofinanz, RLB OÖ und andere) gelegen. Beim Strafprozess hat sich die CA Immo dem Verfahren angeschlossen und fordert von Grasser 200 Mio. Euro.
Grasser habe bei einer Einvernahme gesagt, er sei zwei- oder dreimal bei Toifl gewesen, sagte Lehner. Aus dem Leistungsverzeichnis von Toifl ergebe sich jedoch, dass Grasser wesentlich öfter bei Meischbergers Anwalt gewesen sein müsse: Demnach sei Grasser mit anderen gemeinsam von September bis November 2009 insgesamt 39 Stunden bei Toifl gewesen, davon seien alleine auf Grasser 13 Stunden entfallen. Insgesamt habe Toifl für das "Projekt Omega", wie die Causa bei ihm hieß, von September bis November 2009 145 Arbeitsstunden aufgewendet. Im Herbst 2009 waren erstmals Berichte über einen Korruptionsverdacht bei der Bundeswohnungsprivatisierung aufgetaucht.
Fragen nach "Schwiegermutter-Geld"
Der Anwalt der CA Immo stellte auch Fragen zu den 500.000 Euro, die Grasser von seiner Schwiegermutter erhalten haben will. Laut seinen Aussagen im Prozess habe seine Schwiegermutter das Geld seiner Frau geschenkt. Im Treuhandvertrag mit der Gesellschaft Ferint, auf deren Konto bei der Meinl Bank Grasser 500.000 Euro in drei Tranchen in bar einzahlte, war aber die Schwiegermutter als wirtschaftlich Berechtigte des Geldes angeführt. Grassers Schwiegermutter Marina Giori Lhota habe aber im Jahr 2011 gegenüber der Finanz erklärt, sie sei nicht die wirtschaftlich Berechtigte dieses Geldes.
Nach der Befragung durch Lehner erging der Beschluss, das Verfahren gegen die Terminal-Tower-Angeklagten sowie Karl Petrikovic einstweilen getrennt zu führen.
Danach begann die Richterin ihre Befragung des Schweizer Vermögensberaters Norbert Wicki. Er erklärte die Bedeutung der Briefkastenfirma Mandarin. Ursprünglich war das Mandarin-Konto laut Wicki für eine Erbschaft seiner Mutter gedacht. Da diese aber unerwartet klein ausfiel, nutzte er es für Treuhand-Geschäfte. Der Bank wurde das nicht mitgeteilt. Laut Wicki hätte es ihr aber spätestens bei der Überweisung von Meischberger auffallen müssen.
Buwog-Prozess: Tag 51 im Live-Ticker
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Guten Morgen
...wie immer aus dem Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. Der Saal füllt sich bereits und auch der zuletzt erkrankte Mitangeklagte Norbert Wicki ist wieder da. Um 9.30 Uhr startet die Verhandlung. Schön, dass Sie dabei sind.
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Es geht los
Die Anwälte Wess und Ainedter stehen etwas unschlüssig im Raum herum. Sie sind nicht sicher, wo sie sich hinsetzen sollen. Ainedter setzt sich zwischen die Privatbeteiligtenvertreter. "Ins Feindesland", sagt er.
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Es wird umgesetzt
Die Richterin ist etwas sauer, während alle noch einmal die Sitzplätze tauschen.
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Zu spät
Toifl Anwalt Scherbaum betritt den Saal - zu spät, wie die Richterin anmerkt.
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Grassers Ergänzung
Grasser möchte noch etwas ergänzen. Wieder einmal hat das mit der Finanzierungsgarantie zu tun. "Das scheint Sie zu beschäftigen", sagt Grasser zur Richterin. "Und was Sie beschäftigt, beschäftigt auch mich." Dann holt Grasser ein Verhandlungsprotokoll heraus. Es geht darin darum, wer die Zahl der 960 Millionen (also das Gebot der CA-Immo) Euro kannte. Grasser hatte gesagt, diese Zahl in der ersten Runde ließe keinerlei Rückschluss auf das schlussendliche Angebot zu. Über das Gebot in der letzten Runde wussten nur die Entscheider der CA-Immo und deren Anwälte Bescheid.
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Lehner beginnt seine Befragung
.. und zwar mit der Feststellung, Grassers Angaben seien falsch. Die Richterin unterbricht. Das zu bewerten sei am Ende Aufgabe des Schöffensenats.
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Standardsatz 2
Wir sehen die Arbeitszeitaufzeichnungen von Anwalt Toifl. Diesmal sind die nicht verfahrensrelevanten Angaben im Dokument geschwärzt. Wess ist dennoch nicht einverstanden, denn es wurden Bemerkungen dem Dokument hinzugefügt. Wess spricht sich deshalb gegen das Vorhalten des Dokuments vor. Lehner geht davon aus, dass sich aus dem Dokument erschließt, dass Grasser öfter bei Toifl war, als er angegeben hat. Grasser wiederholt seinen "Standardsatz 2", die Buwog-Vergabe sei korrekt abgelaufen, die Forderungen der CA-Immo seien ihm nicht erklärlich und er möchte von seinem Recht auf Entschlagung Gebrauch machen.
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Bitte umformulieren!
Richterin Hohenecker kritisiert, dass die nächste Frage von Lehner unpräzise gestellt ist. Er formuliert neu, es ändert aber nichts: Grasser entschlägt sich.
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Vergabemissbrauch?
In Toifls Unterlagen wird festgehalten, dass es sich um einen Fall eines Paragraphen zum Thema "Vergabemissbrauch" handelt, der aber nie Gesetz wurde. Ob Grasser dazu Wahrnehmungen habe? Keine Antwort.
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Zugelassen
Wir sehen jetzt eine Folie mit den Ein- und Ausgängen des Kontos "Karin". Wess spricht sich gegen den Vorhalt der Folie aus, weil sie nicht im Akt ist. Die Richterin lässt es aber zu, "es ist ja kein Beweismittel". Grasser möchte ohnehin nichts dazu sagen.
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Geschenke für wen?
Nächste Frage: Die Ferint AG. Wer sei jetzt der Geschenknehmer des Schwiegermuttergelds gewesen? Grasser, seine Frau oder beide? Grasser antwortet nicht. -
Reichtum bekannt
Wir erinnern uns: Die 500.000 Euro von der Schwiegermutter wurden ja in Tranchen gezahlt. Lehner blendet Grassers Kontobewegungen ein und interessiert sich für die Bareinzahlungen. Warum Grassers Ehefrau nicht selbst ein Konto eröffnet habe? Die Richterin sagt, sie glaubt, sie habe diese Frage schon gestellt und die Antwort sei gewesen "aus Diskretionsgründen". Lehner fragt weiter: Es ist ja bekannt, dass die Familie Swarovski über ein Millionen-Vermögen verfügt. Wieso da noch Diskretion? Grasser möchte nichts Neues dazu sagen.
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Wieso nicht Fiona?
Wir sehen den Treuhandvertrag zwischen Grasser und der Ferint. Lehner möchte wissen, wieso Grasser, nicht seine Frau, diesen Vertrag abgeschlossen hat. Die Richterin erklärt, das habe sie schon gefragt. -
"Durchwegs interessant"
Nächste Frage: Warum wurde fünf Jahre später eine amtliche Bestätigung für diesen Treuhandvertrag eingeholt? Keine Antwort. "Das ist nämlich durchwegs interessant", sagt Lehner.
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Warum keine Originale?
Lehner fragt, warum die Beglaubigung des Verträge (mit der Ferint und der Mandarin, Anm.) und nicht die Originale vorgelegt wurden. Lehners Theorie hinter dieser Frage: Weil dann die graphologische Untersuchung über die Zeit der Unterschrift nicht mehr möglich ist? Grasser antwortet nicht.
Zur Erklärung: Die Anklage geht davon aus, dass die Treuhandverträge im Nachhinein zur Vertuschung aufgesetzt worden sind.
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Provisionsfragen
Hat die Meinl-Bank eine Provision für die Vermögensverwaltung erhalten? Keine Antwort -
Gute Gründe
Lehner blendet die Kontoeröffnungsunterlagen der Mandarin Group ein. Grasser hat auf das Konto 780.000 überwiesen, wirtschaftlich Berechtigte des Kontos ist aber die Mutter des Treuhänders Wicki. Wieso? Kennt Grasser sie? Grasser antwortet nicht, dafür merkt die Richterin an: "Herr Lehner, können Sie sich vorstellen, warum ich den Herrn Mag. Grasser noch nicht zu diesen Unterlagen befragt habe?" (Wicki wurde noch nicht befragt, Anm.)
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Pause
Das ist alles etwas zäh. Ich gehe Kaffee holen. Pause bis 11.15 Uhr.
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Weiter geht's
Die Richterin erklärt, dass aus verfahrensökonomischen Gründen Fragen im Zusammenhang mit Wicki erst nach dessen Befragung gestellt werden sollen. Alle sind damit einverstanden.
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Schon gefragt
Lehner hat noch zwei Fragen zu diesem Thema. Die habe er ja heute bereits gestellt, kritisiert die Richterin. Sie wirkt langsam etwas zornig.
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Kein Themenwechsel
Lehner fragt dennoch weiter zum Themenkomplex Mandarin: Grasser sarkastisch: "Ich bin begeistert, wie sehr Sie die Vorschläge der Frau Vorsitzenden zur Kenntnis nehmen." -
Das Rätsel um die zweite Bieterrunde
Wir sind nun bei der Frage, ab wann und warum eine zweite Bieterrunde angedacht war. Lehner legt dazu Mitschriften aus Sitzungen vor. Grasser möchte nichts dazu sagen.
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Keine Antworten
Auch alle weiteren Fragen zum Zustandekommen einer zweiten Bieterrunde möchte Grasser dem CA-Immo-Vertreter nicht beantworten.
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Stichworte
Wir sehen nun die Details der verbindlichen Angebote. Hier geht es wieder um die Stichworte "Finanzierungsgarantie", "Letter of Comfort" oder "Finanzierungszusage", die heute Morgen ja bereits Thema waren. Grasser möchte aber nichts dazu sagen.
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Hat sich etwas verändert?
Jetzt mischt Wess sich ein. Grasser habe ja genau zu diesem Thema heute schon ausgesagt, wenn Lehner das nicht berücksichtige, sei der Vorhalt verkürzt und daher ungültig, erklärt Wess. Die Richterin sieht das anders.
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Fürs Protokoll
Nächste Frage: Hat Grasser zu irgendeinem Zeitpunkt mit Petrikovic über die 960 Millionen gesprochen? "Das ist meine Frage", sat die Richterin, "erkennt man daran, dass sie ohne Einleitung und Untertöne gestellt wurde und leicht protokolliert werden kann". Nein, hat er nicht, sagt Grasser. Der Richterin antwortet er ja bekanntlich.
Zur Erklärung: Hintergrund der Frage ist einmal mehr, warum für die Information über den Betrag bezahlt wurde, wenn sie doch nicht aussagekräftig war, wie Grasser erklärte. Als Immobilien-Profi müsste Petrikovic das ja gewusst haben.
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Befragung beendet
Lehner ist fertig mit seiner Befragung, nun sind Grassers Anwälte an der Reihe, die geben aber an, derzeit keine Fragen zu haben. -
Die anderen Anwälte wären an der Reihe
Auch sie haben aber keine Fragen. Der Senat zieht sich zurück, um über den weiteren Prozessverlauf zu beraten.
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Das heißt: Pause
...und zwar bis 13.00 Uhr.
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Verfahren getrennt
Es ergeht der Beschluss auf getrennte Verfahrensführung gegen Petrikovic, Thornton, Starzer, G, L.,W. Sa. und St.
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Späterer Zeitpunkt
Der Grund: Die vorgeworfenen Taten von Wicki und Toifl, (sie müssen nun aussagen) sind zu einem späteren Zeitpunkt passiert, als jene der acht genannten Personen.
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Mittagspause bis 14.00 Uhr
Nach der Mittagspause geht es mit der Einvernahme des Schweizer Vermögensberaters Norbert Wicki weiter.
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Pause vorbei
Es geht weiter mit der Befragung von Wicki durch die Richterin.
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Die große Leere
Die vorhin genannten acht Angeklagten haben den Saal samt Verteidiger verlassen. Es kommt einem direkt leer vor.
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Rückenschmerzen
Wicki bekennt sich "nicht schuldig". Er möchte auch keine gesamtzusammenhängende Darstellung abgeben, bedankt sich aber beim Gericht für das Verständnis für seine Rückenprobleme.
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Kennenlernen über Fiona
Wicki gibt an, er habe Grasser 2006 oder 2007 kennen gelernt, nachdem er ja die Familie Swarovski schon lange kannte.
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Meischberger am Apparat
Fiona oder Karl-Heinz Grasser hätten ihm damals angekündigt, dass sich ein Herr Meischberger telefonisch bei ihm melden würde. Das sei dann auch passiert. Meischberger hätte MIP-Aktien kaufen wollen und dafür Vorschläge von Wicki eingeholt. Er, Wicki, habe dann den Abschluss eines Kreditvertrags vorgeschlagen. Persönlich gesehen habe er Meischberger erstmals 2008.
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Die Enstehung der Mandarin
Die Richterin bittet Wicki, über die Gründung der Briefkastenfirma Mandarin auf Belize zu erzählen. Gegründet sei sie von jemand anderem worden und dann von ihm übernommen, sagt Wicki. Und warum Belize? Dort sei es kostengünstig gewesen. -
Erbschaft
Der Mandarin hätte auch die Erbeschaft seiner Mutter von seiner verstorbenen Großmutter zufallen sollen. Sie starb einen Monat vor der Eröffnung des Mandarin-Kontos.
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Mitarbeiterin eröffnete Konto
Eröffnet wurde das Konto damals von Wickis Mitarbeiterin Frau R. Man habe aber eine viel größere Erbschaft erwartet, bis zu einer Million, sagt Wicki, das habe seine Mutter veranlagen wollen.
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Treuhandgeschäfte statt Erbe
Als das Konto doch nicht für eine so große Erbschaft gebraucht wurde (sie betrug nur 40.000 Euro) nützte es Wicki für Treuhandgeschäfte. Der Bank wurde das aber nicht mitgeteilt, auch blieb Mama Wicki die wirtschaftlich berechtigte Person, schildert Wicki sinngemäß. Er habe aber damals nicht gewusst, dass die Bank nicht informiert war.
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Nicht aufgefallen
Was Wicki nicht versteht: Die Bank hätte bei Eingang der Überweisung von Meischberger erkennen müssen, dass es sich nicht um Geld aus der Erbschaft handeln könne. Scheinbar wurde das aber nicht überprüft. Hätte er wirklich Geld waschen wollen, wäre Meischberger ja nirgendwo aufgeschienen.
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Wie viele Banken?
Mit der Bank habe immer Mitarbeiterin R. kommuniziert. Die Unterlagen hinsichtlich der Erbschaft hätte sie von ihm gehabt, sagt Wicki. War es aber nun die Hypo Investmentbank in Liechtenstein oder die Hypo Vorarlberg? Meischberger hatte ja ausgesagt, für ihn sei das aufgrund der Beteiligungsverhältnisse quasi ein und dasselbe Institut. Wicki sieht das anders. "Für mich sind das zwei verschiedene Banken", sagt er.
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Verwirrung um Unterschriften
Wir sehen einen Vermögensverwaltungsvertrag der mit "Wicki" unterschrieben ist. Das verwirre ihn jetzt, sagt der Angeklagte, denn es sei weder seine, noch die Unterschrift seiner Mutter. Das habe sie gerade fragen wollen, sagt die Richterin. Das Dokument sei jedenfalls bei der Hausdurchsuchung gefunden worden.
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In Wickis Schuhe
Wir sehen nun ein internes Dokument der Bank aus dem Jahr 2010, in dem von Indizien die Rede ist, dass Wicki versucht habe, die Bank zu täuschen. Stimmt nicht, sagt Wicki. Die Bank habe nur versucht, ihre eigenen Fehler ihm in die Schuhe zu schieben. 2012 hätten sich die Bankchefs dann sogar dafür bei ihm entschuldigt.
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Wickis Zeuge
Für den Versuch, ihm die Fehler der Bank anzulasten, gebe es sogar einen Zeuen, sagt Wicki. -
Der Traum vom großen Geld
Seine Mutter habe bis ins Jahr 2009 mit einer größeren Erbschaft gerechnet, erklärt Wicki. In Deutschland, wo er einen Onkel habe, habe es noch Wertpapierdepots gegeben.
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Gleich mehr gekauft
Es geht nun um den Kreditvertrag mit Walter Meischberger, den die beiden abschlossen, damit Meischberger um 500.000 Euro Meinl-International-Power (MIP) Aktien kaufen konnte. Wicki kaufte aber Aktien für 600.000 Euro - weil er erkannt habe, dass sich eine größere Rendite erwirtschaften lassen könnte, sagt Wicki.
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Einem Freund helfen
Wir sehen einen Aktennotiz zum Kreditvertrag zwischen der Mandarin und Meischberger. Außerdem ist darin festgehalten, dass die MIP-Aktien gekauft werden sollen "mit dem Zweck einem Freund von Walter Meischberger zu mehr stimmen bei den kommenden Aktionärsversammlungen zu verhelfen."
Da müssen wir uns kurz erinnern: Wir sind in der Zeit der "Meinl-Rebellen", der genannte Freund ist Karl-Heinz Grasser, der die Übernahme durch die Rebellen verhindern wollte, wie Meischberger ausgesagt hatte. Durch den Ankauf der Aktien kam Meischberger ein Stimmrecht in der Aktionärsversammlung zu, das er zu Gunsten Grassers ausüben hätte können - dazu kam es aber nicht, wie wir schon erfahren haben.
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20 Minuten Pause
...quasi auf Wunsch des Herrn Ainedter. Soll sein.
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