Ex-Staatssekretär: "Verblüfft" über knappes Buwog-Bieterrennen

Ex-Staatssekretär: "Verblüfft" über knappes Buwog-Bieterrennen
Der ehemalige ÖVP-Finanzstaatssekretär Alfred Finz schilderte im Buwog-Prozess eine brisante Sitzung mit Grasser.

Der im Grasser-Prozess befragte damalige Finanzstaatssekretär Alfred Finz (ÖVP) hat heute, Dienstag, im Zeugenstand geschildert, dass er bei einer wichtigen Sitzung im Buwog-Privatisierungsprozess dabei war. Die Auswahlkommission habe getagt und sich auf die Durchführung einer zweiten Runde im Anbotsverfahren geeinigt, so Finz. Ein Protokoll dieser Sitzung gibt es allerdings keines.

Am 4. Juni 2004, einem Freitag, wurden die verbindlichen Angebote der Bieter für die Bundeswohnungen geöffnet. Das Treffen im Gelben Salon des Finanzministeriums am darauffolgenden Montag, dem 7. Juni 2004, ist von großer Brisanz im Prozess. Der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) sei bei dem Treffen anwesend gewesen, obwohl er so wie Finz nicht Mitglied der Kommission war. Grasser war nach Eindruck von Finz vorher nicht über die Anbote informiert worden. "Ich hatte den Eindruck, dass als wir in die Sitzung gegangen sind, auch für ihn alles neu gewesen ist."

Buwog-Prozess: Tag 78 im Live-Ticker

  • |Peter Temel

    Wir steigen aus

    Ich persönlich entscheide mich nun für den Schlussstrich. Es sind keine großen Knalleffekte mehr zu erwarten. Falls doch, werden Sie es heute Abend noch auf kurier.at erfahren.

    Daher verabschiede ich mich für heute aus dem Straflandesgericht und wünsche Ihnen einen angenehmen Abend!

  • |Peter Temel

    Die Luft ist hier mittlerweile zum Schneiden. Hohenecker sagt, sie wolle S. jetzt nun zur Causa Terminal Tower befragen. Die Verteidigung, Staatsanwaltschaft und der Privatbeteiligtenvertreter hätten sicher auch noch Fragen.

    Frage an die Runde: Für heute abbrechen oder die Befragung S. zu Ende bringen?

    Offenbar gibt es eine leise Mehrheit für Schluss machen, S. wolle es aber "nun durchziehen". Hohenecker folgt diesem Wunsch, und sagt nach zehn Minuten werde es weiter gehen.

  • |Peter Temel

    "Windige" Kärntner Wohnbaugesellschaft

    Hohenecker liest aus der Einvernahme vor. S. schilderte darin, wie es aus seiner Sicht letztlich zur Entscheidungsfindung bezüglich des Kärntner Vorkaufsrechts gekommen sei. Die ESG bezeichnete er darin als "windige" Wohnbaugesellschaft. Traumüller habe dann Haider angerufen, weil nun eine Entscheidung notwendig sei, Kärnten sei nun "Zünglein an der Waage".

    Zum Wort "windig" nimmt S. nun nur insofern Stellung, dass er sich für die "gesprochene Sprache" darin entschuldige. Nach fünf Seiten habe er nicht mehr alle Einzelheiten "semantisch perfektionieren" wollen.

  • |Peter Temel

    Wie Zeuge S. die nunmehrigen Angeklagten Meischberger, Hochegger und Plech damals wahrgenommen habe? Mit Hochegger habe er etwas im Bereich Personalentwicklung zu tun gehabt. Meischberger habe er ein- oder zweimal beim Rausgehen aus Grassers Büro gesehen. Mit Plech hatte er mehr zu tun, weil er Aufsichtsrat in der Buwog gewesen sei.

  • |Peter Temel

    Die Richterin zeigt ihm seine Einvernahme aus dem Ermittlunsverfahren aus dem Juni 2012. Da sei er bereits in Pension gewesen. Die Befragung wurde von den fallführenden Staatsanwälten Marchart und Denk geführt.

  • |Peter Temel

    Die Richterin hält dem Zeugen ein Schreiben aus dem Ministerium vor. Es geht um das Zinssteigerungsrisiko, für das ein Bieter "60 Millionen Euro in Abzug bringen" würde, weswegen man in einer weiteren Bieterrunde dieses Steigerungspotenzial nützen wolle. "60 Millionen Euro sind 60 Millionen Euro", sagt S. Aber manchmal würden Beamte Formulierungen in Briefe schreiben, um sich selbst abzusichern, sagt S.

  • |Peter Temel
    Wir sehen die x-te Lehman-Präsentation. Es heißt darin, dass ohne Wissen über die Ausübung des Kärntner Vorkaufsrechtes der Bestbieter nicht ermitteln werden könne. Zum zeitlichen Ablauf dieser Vorgänge kann S. nichts beitragen. Davor wurde dem Zeugen auch ein handschriftlicher Vermerk gezeigt: Kärnten nein - Bieter 1 vorne (sinngemäß) Nachdem es bei der Schilderung der "Lapsus"-Sache zwischendurch etwas spannender geworden ist, geht es nun wieder überaus zäh voran.
  • |Peter Temel

    Wer die zweite Runde entschieden haben könnte, will Hohenecker wissen.

    Der Zeuge geht davon aus, dass das der Kommissionsvorsitzende W., die Experten von Freshfields und Lehman, sowie Traumüller gewesen sein müssten. Das sei aber lediglich eine Vermutung, fügt er auf Nachfrage der Richterin an.

  • |Peter Temel

    In einem weiteren Protokoll heißt es: Die Abgabefrist für die bindenden Anbote endete am 4. Juni 2004 um 15 Uhr. Ob es nach diesen ersten Angeboten eine offizielle Kommissionssitzung gab? S. verneint und fügt mit Witz an: "Ich bin zumindest zu keiner eingeladen worden."

    An anderer Stelle beschrieb er sich auch als "braves Kommissionsmitglied".

  • |Peter Temel

    Kärnten war gewissermaßen Zünglein an der Waage

    Hohenecker lässt den "Lapsus" einmal liegen und geht weiter zu den "Lafos", den "Last and final offers".

    In dem Bericht heißt es: "Das Angebotsergebnis hat zur Folge, dass abhängig davon, ob das Land Kärnten von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch macht, das Österreich-Konsortium oder die CA Immo Bestbieter ist."

    Mit den ESG-Anteilen bot die Immofinanz letztlich insgesamt 961,2 Millionen Euro, die CA Immo 959,3 Millionen Euro.

    Das heißt umgekehrt: Wenn Kärnten die Option auf die ESG gezogen hätte, wären diese Anteile abzuziehen gewesen, mit dem Ergebnis: Die CA Immo wäre somit, aufgrund anders geschichteter Bewertungsanteile, Bestbieter gewesen. Kärnten zog das Kaufinteresse bekanntlich in letzter Minute zurück.

  • |Peter Temel

    Ob S. die Sache mit dem Lapsus weiterverfolgt habe? Das verneint er. Er hatte nach der Entscheidungsphase andere, größere Angelegenheiten zu bearbeiten, die dann wichtiger für ihn gewesen seien.

    "Wir haben damals fantasiert", sagt S. jetzt noch über das "Biergespräch". Und: "Man überlegt sich, wie passiert sowas", gemeint sei das denkbar knappe finale Bieterrennen.

  • |Peter Temel

    Ein Lapsus beim "Biergespräch"

    Wo sei dieser Lapsus besprochen worden? Bei ein, zwei Bierchen, etliche Monate nach dem Zuschlag, sei das einmal zur Sprache gekommen, sagt S.

    Die Richterin hakt weiter zu dem "Biergespräch", wie sie es nennt, nach.

    S. sagt jetzt: "Sie werden mich jetzt vielleicht jetzt ignorant nennen, aber ich weiß nicht einmal mehr genau, welcher Bieter vorangelegen ist." Auch die jeweils beteiligten Banken könne er gerade nicht auseinanderhalten.

    Richterin hilft weiter: Bei dem einen sei die RLB OÖ beteiligt gewesen, beim anderen Bieter die Bank Austria.

    Jetzt fällt S. etwas ein: Bei dem "Biergespräch" habe man sich über die Professionalität der Mitarbeiter der Bank Austria unterhalten.

  • |Peter Temel

    Ein Lapsus

    Hohenecker fragt, ob es irgendwelche Hinweise gab, welches Limit ein Bieter haben könnte, etwa ein Kreditlimit?

    Nach langem Zögern sagt S., es sei darüber gesprochen worden, dass da jemandem "ein Lapsus" unterlaufen sei. Richterin Hohenecker zeigt sich klarerweise höchst interessiert an diesem "Lapsus". Was er damit meine?

    Zeuge S. hatte den Eindruck, dass irgendjemandem "entglitten" sei, bis zu welchem Betrag einer der Bieter gehen würde. Diese Einsicht hatte er aber erst "im Nachhinein".

     

  • |Peter Temel
    "Eigentlich nicht", sagt der Zeuge jetzt. Also nicht nah, bestätigt er. Dennoch gab es eine zweite Bieterrunde. Warum? S.: "Es geht immer darum zu sehen, ob man den Preis durch die Konkurrenz noch erhöhen kann." Anmerkung: Wie bekannt, lagen nach der zweiten Bieterrunde die Angebote tatsächlich sehr nah beieinander.
  • |Peter Temel

    Preisliche Nähe?

    "Ist das nah?" fragt die Richterin jetzt. Sie bezieht sich auf das in einer früheren Sitzung genannte Kriterium: "Für den Fall des Erhalts von Anboten, die nicht wesentlich auseinanderliegen, wird eine Nachverhandlungsrunde durchgeführt werden, um eine Nachbesserung des Kaufpreises zu erhalten."

  • |Peter Temel

    Die Richterin zeigt eine Lehman-Präsentation, hier sind die drei Bietersummen in Euro anonym aufgelistet.

    Bieter 1: 837,3 (Österreich Konsortium, Anm.)

    Bieter 2: 922,7 (CA Immo, Anm.)

    Bieter 3: 677,0

  • |Peter Temel

    Wessen Idee die Durchführung einer zweiten Runde gewesen sei, will die Richterin wissen. Man sei den Empfehlungen der Kommission gefolgt, erklärt Zeuge S.

    Was waren die wesentlichen Gründe für die zweite Bieterrunde?

    S. glaubt, dass man die Angebote für zu niedrig gehalten hat. Man wollte einen höheren Kaufpreis erzielen.

  • |Peter Temel

    Wann hat S. Informationen über die verschiedenen Angebotshöhen erhalten habe?

    Überraschung: Das weiß der Zeuge nicht mehr. Er erinnere sich aber an die "sinngemäße" Aussage: "Da müsste noch mehr drinnen sein." Es sei aber sicher nicht so salopp formuliert worden, sagt S.

  • |Peter Temel

    Wir halten fest: S. saß in der Auswahlkommission für ein Bieterverfahren, in dem es letztlich um einen Kaufpreis von rund 961 Millionen Euro ging und hat praktisch keine Erinnerungen mehr daran.

  • |Peter Temel

    Und weiter: "Für den Fall des Erhalts von Anboten, die nicht wesentlich auseinanderliegen, wird eine Nachverhandlungsrunde durchgeführt werden, um eine Nachbesserung des Kaufpreises zu erhalten. Diese Option wird jedoch vorweg den Bietern nicht kommuniziert."

    Was denn  "nicht wesentlich auseinanderliegende Anbots seien? S. kann das nicht beziffern. Wenn sie möglichst gleich hoch seien.

    Die wievielte Sitzung das denn gewesen sei? fragt er. Es sei die fünfte, "die dritte mit ihnen" fügt Hohenecker an. Sie schmunzelt. Das hilft S.' Erinnerung auch nicht auf dei Sprünge.

     

  • |Peter Temel

    In einer Sitzung wurden die Zuschlagskriterien besprochen. Ob neben dem Angebotspreis noch weitere Kriterien ausschlaggebend sein sollten z.B. Für die Shortlistsei "ohnedies eine Eintrittsschwelle vorgesehen", steht im Protokoll. Da alle verbliebenen Bietergruppen diese erreicht haben, musste "der angebotene Kaufpreis das alleinige Zuschlagkriterium darstellen".

  • |Peter Temel

    In einem weiteren Sitzungsprotokoll wird ein Prozessbrief erwähnt, in dem das Vorkaufsrecht Kärntens für die ESG Villach festgehalten sei. Sie fragt zur Bewertung der ESG Villach.

    S. sagt zunächst, es habe bessere und schlechtere Teile in der Buwog gegeben.

    Ob die ESG hierbei zu den schlechteren zu zählen sei? S.: "Sie war eine der kleineren."

    Jedenfalls habe er angenommen, dass das "eine politische Geschichte" sein müsse. Er hätte sich nicht vorstellen können, dass ein Kauf der ESG rein wirtschaftlich sinnvoll sein könnte.

  • |Peter Temel

    Die Kommission hielt die Empfehlungen an Grasser schriftlich fest. Und wie es weiterging?

    S.: Die Ergebnisse der Sitzungen habe der Projektleiter dem Minister vorgelegt, wie sich S. erinnert. S. spricht immer vom "Projektleiter". Hohenecker möchte jetzt, dass S. zum besseren Verständnis den Namen Traumüller nennt. Die Richterin scheint langsam etwas die Geduld zu verlieren.

  • |Peter Temel

    "Projekt BWBG" steht über den Protokollen. BWBG heißt Bundeswohnbaugenossenschaften, eine davon war die Buwog.

  • |Peter Temel

    Die Richterin zeigt einige Sitzungsprotokolle. Bei zumindest zwei Sitzungen ist S. entschuldigt. S. rechnet kurz hoch: Wenn es insgesamt sieben Sitzungen der Auswahlkommission gegeben habe, dann müsse er bei fünf anwesend gewesen sein.

  • |Peter Temel

    Bei dem ausgesuchten Treffen wurde die Geschäftsordnung der Auswahlkommission beschlossen. Die Kommission sei beschlussfähig, wenn mindestens sechs Mitglieder persönlich anwesend warenm heißt es.

    Wir erinnern uns: Ex-Staatssekretär Finz gab heute Vormittag an, dass bei der Sitzung am 7.6.2004, wo die zweite Bieterrunde empfohlen wurde, sechs Leute anwesend waren.

    Ob es irgendwann eine Sitzung ohne ein solches Protokoll gegeben habe? S. verneint, daran könne er sich nicht erinnern. Auch geheime Abstimmungen, wie in der Geschäftsordnung festgehalten, habe es nicht gegeben. S.: "Daran würde ich mich erinnern."

  • |Peter Temel

    Die Befragung gestaltet sich etwas zäh. S. bestätigt, dass es "einige Sitzung" gegeben habe.

    Die Richterin zeigt ihm jetzt das Tagesprogramm von einer der Sitzungen, in der er als "Hausherr" die Begrüßung vorgenommen habe.

    "Kommt die Erinnerung wieder?", fragt die Richterin.

    Nee, sagt der Zeuge. Man merkt, dass der Mann vor seiner Zeit als Sektionschef viele Jahre in Deutschland verbracht hat.

  • |Peter Temel

    Dann sieht man die Antwort von S., in der er dem Vorschlag des Ministers zustimmt und bereits eine Liste für die Kommissionsmitglieder vorschlägt. S., der etwas unsicher wirkt, sagt: "Da habe ich mich selber vorgeschlagen, sehr gut."

  • |Peter Temel
    Hohenecker zeigt S. einen Schriftverkehr zwischen ihm und Grasser. Darunter ist ein Schreiben des Ministers, in dem es um die Buwog geht. Grasser schlug demnach vor, "den Prozess bzw. die Entscheidung über den Bestbieter durch eine aus externen wie BMF-internen Experten zusammengesetzte Kommission begleiten zu lassen."
  • |Peter Temel

    Die Richterin blendet einige Unterlagen ein. Ob er dazu noch Wahrnehmungen habe? S. verweist darauf, dass er seit Jahren in Pension sei. Das alles sei schon mehr als 15 Jahre her.

    Ob er Unterlagen mit nach Hause nehmen durfte? S.: "Manchmal waren die sehr zugeknöpft und haben alles wieder eingesammelt."

  • |Peter Temel
    Mit Grasser hatte er regelmäßig Termine. Zunächst sei es vor allem um die Reform der Finanzverwaltung gegangen, damit sei er, S., "heftig befasst" gewesen.
  • |Peter Temel

    Da ist "was gelaufen"

    Ob er Wahrnehmungen zum Privatisierungsprozess habe? S.: "Ich war der Chef von dem Projektleiter." Daher habe er mitbekommen, "dass da was läuft". Projektleiter war damals noch der von Grasser eingesesetzte Kabinettschef Traumüller.
  • |Peter Temel
    Der Zeuge kann sich an das Kärntner Vorkaufsrecht erinnern. Das sei diskutiert 2004 diskutiert worden. Er erinnert sich an ein Gremium, in dem verschiedene Angebote besprochen worden seien. Wann das losging, weiß er nicht mehr genau. Er erinnert sich an fünf bis sieben Termine. In diesem Zeitraum sei bei ihm erstmals "bewusst das Thema Kärnten" aufgetaucht.
  • |Peter Temel

    Die Befragung von S. wird fortgesetzt.

    Ob er von dem Privatisierungsvorhaben etwas mitbekommen habe? S. bejaht: "Ich habe das Regierungsprogramm gelesen, bevor ich den Job angenommen habe."

    Mitte 2002 sei er nach Wien zurückgekommen. Nach der Matura sei er unter anderem bei der Deutschen Bank tätig gewesen. Er habe in München, Frankfurt und Zürich gelebt.

  • |Peter Temel

    Hohenecker ist zurück und gibt dem Antrag Fischers auf getrennte Führung des Verfahrens statt. Er kann die Verhandlung verlassen und tut das auch. Grasser verabschiedet sich von ihm betont freundschaftlich.

  • |Peter Temel

    Sie bittet den Zeugen S., sich umzudrehen, und fragt, ob er den Telekom-Angeklagten Rudolf Fischer jemals wahrgenommen habe. Er verneint.

    Fischer sagt jetzt, er möchte dem Verfahren bis auf Weiteres fernbleiben, weil ihn die nächsten Zeugenaussage nicht betreffen würden. Die Richterin zieht sich "für zweieinhalb Minuten" zu Beratungen zurück.

  • |Peter Temel

    Die Richterin nimmt die Verhandlung wieder auf. Der nächste Zeuge S. hat Platz genommen, er war früher Sektionschef im Finanzministerium.

  • |Peter Temel

    Alle Finz-Fragen sind nun gestellt, Finz kann gehen.

    Die Richterin verkündet eine Pause bis 15 Uhr. Alfred Finz, der außer einem leicht geröteten Gesicht in guter Verfassung zu sein scheint, zeigt sich nach der Befragung in bester Laune und smalltalkt noch kurz mit seinem früheren Minister Grasser.

  • |Peter Temel

    Richterin Hohenecker hat nun noch eine Frage: Ob Finz vor der Buwog-Sache schon mit Privatisierungen zu tun hatte?

    Finz bejaht das.

  • |Peter Temel

    Nun setzt sich der Pflichtverteidiger des Zweitangeklagten Meischberger, Jörg Zarbl, auf den Frageplatz.

    Ob Finz die Finanzierungszusage der CA Immo jemals in Händen hatte?

    Finz: Er habe sie wohl einmal gesehen.

    Damit ist Zarbl auch schon wieder fertig.

  • |Peter Temel

    Ainedter: Ob er den Eindruck hatte, es hätte einen "Tatplan" gegeben, wonach mehrere Personen bei den Privatisierungen "mitschneiden" wollten? Die Anklage geht von einem solchen Tatplan im Fall der Buwog aus.

    "Im Gegenteil", sagt Finz, der Minister habe auf alle Fragen immer offen geantwortet und habe stets "alles transparent" gestaltet.

    Ainedter hat keine weiteren Fragen.

  • |Peter Temel

    Ainedter nimmt sich jetzt die Rolle Michael Ramprechts vor. Der frühere Mitarbeiter im Kabinett hatte Grasser in Zeitungsinterviews schwer belastet.

    Finz: Ramprecht habe bei der letztlichen Vergabe der Bundeswohnungen nichts zu tun gehabt, anfänglich sei dieser schon damit befasst gewesen.

  • |Peter Temel

    Finz als "Verrechnungspapst"

    Ainedter fragt zum Werdegang Finz'. Dieser führt aus, 1963 in den Öffentlichen Dienst im Bundeskanzleramt eingetreten zu sein, dann 1966 als jüngster Beamter in den Rechnungshof gewechselt zu sein. Dort sei er der "Verrechnungspapst" gewesen. Er habe "ein breites Erfahrungsspektrum in Prüfungsangelegenheiten" gehabt.

    Die Richterin will wissen, warum Ainedter das alles wissen wolle?

    Ainedter, genüsslich: Weil es eine Rolle spiele, wen man als Staatssekretär habe. Jemanden, der keine Ahnung hat oder jemand, der sich mit Zahlen auskenne.

  • |Peter Temel

    Ob Finz jemals mit dem Terminal Tower befasst war? "Nein", sagt Finz. Die Buwog sei prioritär gewesen.

    Zur Erinnerung: Die Causa Terminal Tower wird im Buwog-Prozess mitverhandelt.

  • |Peter Temel

    Grasser-Anwalt Manfred Ainedter übernimmt das Mikro. "Nachdem heute schon stundenlang...."

    Die erste Rüge durch die Richterin erfolgt bereits nach vier Wörtern: "Keine Ausführungen, konkrete Fragen stellen."

    Ainedter: Ob "Zusatzangebote", die in den ersten Angeboten angeführt wurden, dafür ausschlaggebend waren, eine zweite Bieterrunde anzusetzen, weil man diese "nicht in Ziffern gießen" konnte? Auch, sagt Finz. Man wollte präziseres Wissen über die Angebotsstruktur.

  • |Peter Temel
    Die Richterin formuliert jetzt sogar eine für sie unzureichende Frage des PBV um und fragt für ihn: Ob Finz Wahrnehmungen dazu habe, wie Grasser die 960 Millionen Euro (Stichwort: "Fin. Zusage" Anm.) verstanden habe? Finz verneint. Ob Grasser und Finz sich darüber verständigt hätten? Finz verneint erneut. Der Privatbeteiligtenvertreter der CA Immo bedankt sich und gibt das Mikro ab.
  • |Peter Temel

    Wann wurde thematisiert, eine zweite Bieterrunde zu machen?, fragt der PBV, nachdem Hohenecker wieder Fragen als nicht zulässig bewertet hatte. Finz wiederholtt: "Es war der Vorschlag da und niemand war dagegen." Wer den Vorschlag konkret formuliert habe, wisse er nicht mehr. Auch das hat Finz heute schon gesagt.

    Der PBV versucht natürlich, Finz in Widersprüche zu verwickeln. Die Richterin bremst dieses Vorhaben immer wieder.

    Finz rechtfertigt die zweite Bieterrunde noch einmal: "Es hat eine tatsächliche Verbesserung der Angebote gegeben."

  • |Peter Temel

    Wer entschieden habe, dass am 7. Juni 2004 ein Treffen stattfand? Das obliege dem Kommissionsvorsitzenden, sagt Finz. Ob er von der Kommission eingeladen wurde? "Nein, vom Minister", sagt der frühere Staatssekretär. Das haben wir heute auch schon gehört.

  • |Peter Temel
    Immer wieder weist die Richterin den PBV zurecht, wirft ihm die Einmengung eigener Einschätzungen vor, mahnt zur Präzision. Wir behandeln hier nur die Fragen, die von der Richterin zugelassen werden.
  • |Peter Temel

    Der Privatbeteiligtenvertreter (hier: PBV) der CA Immo fragt, ob die Auswahlkommission eine Entscheidungsfunktion hatte? Die Kommission hätte "beratende Funktion", wie schon ausgeführt. Die finale Entscheidungsbefugnis könne nur der Minister haben.

    Die Richterin meldet sich wieder zu Wort und weist den Fragenden vehement daraufhin, keine Fragen doppelt zu stellen, weil sie diese Frage schon gestellt habe.

    Flapsiger Einwurf: Heute Mittag hat Hohenecker ihn schon des "Quatschens" bezichtigt.

Ex-Sektionschef widerspricht Finz

Nach Finz war ein ehemaliger Sektionsleiter im Finanzministerium als zweiter Zeuge des Tages geladen, der in der Kommission zur Vergabe der Bundeswohnungen saß. Dass eine zweite Runde im Bieterverfahren eingeleitet wurde, sei nicht in einer Kommissionssitzung besprochen worden, sagte er. Damit widersprach er den Aussagen von Finz.

Er habe von der angeblichen Sitzung am 7. Juni 2004 nach der Öffnung der Angebote am 4. Juni gar nichts gewusst. Er sei nicht eingeladen worden und es gebe auch kein Protokoll. Demgegenüber hatte Finz zuvor ja sehr wohl von einer Kommissionssitzung am Montag nach der Angebotseröffnung gesprochen, an der er und Grasser teilgenommen hätten.

Finz: Niemand dagegen

Richterin Marion Hohenecker befragte den Ex-Staatssekretär davor eingehend, wer denn bei der Sitzung die zweite Runde im Bieterverfahren vorgeschlagen habe. Genaue Erinnerungen, von wem dieser Vorschlag kam, habe er nicht mehr, sagte Finz. Eine formelle Abstimmung über eine zweite Runde habe es nicht gegeben, aber "ich weiß, dass niemand etwas dagegen hatte". Grasser habe auch ihn gefragt, ob er etwas gegen eine zweite Runde habe, und er habe sich auch einverstanden erklärt, sagte Finz.

Die zweite Runde drehte das Ergebnis der Privatisierung: Während in der ersten Runde die CA Immo Bestbieter war, lag dann nach der zweiten Runde das Österreich-Konsortium mit Immofinanz und Raiffeisen OÖ vorne.

Zweite Bieterrunde wegen erwarteter Preissteigerung

Laut Finz war einer der Gründe für eine zweite Anbotsrunde, dass aus den Unterlagen hervorgegangen sei, dass einer der Bieter, nämlich die CA Immo, in der ersten Runde eine Finanzierungszusage von 960 Mio. Euro hatte, aber nur 822 Mio. Euro geboten hatte. Man habe den Eindruck gehabt, dass hier noch ein höherer Preis möglich sei. Weiters habe es Unklarheiten im Anbot des Österreich-Konsortiums gegeben. Während in der ersten Runde die CA Immo vorne lag, war dann in der zweiten endgültigen Runde das Österreich-Konsortium knapp vorne mit 961 gegenüber 960 Mio. Euro.

Alle seien über den knappen Abstand "verblüfft" gewesen, auch Grasser, erläuterte Finz. Ein knapper Abstand der Angebote könne bedeuten, dass der Markt ausgereizt sei, aber könnte auch heißen, dass sich die Anbieter gegenseitig ausspioniert hätten, meinte Finz. Dafür haber er keine Anhaltspunkte, das seien nur Mutmaßungen. Insgesamt zeigte sich der ÖVP-Politiker sehr zufrieden mit der Privatisierung. Durch die zweite Runde habe die Republik mehr bekommen, die Entscheidung sei also richtig gewesen.

Ex-Staatssekretär: "Verblüfft" über knappes Buwog-Bieterrennen

Aktuelles Foto vom Buwog-Prozess: Die Angeklagten Hochegger, Meischberger, Grasser mit Anwälten Wess (3.v.r.) und Ainedter (r.)

Laut Aussagen von Peter Hochegger und Walter Meischberger wurde die Immofinanz, Teil des Österreich-Konsortiums, im geheimen informiert, dass sie mehr als 960 Mio. Euro bieten solle, im Gegenzug wurde eine Provision von einem Prozent des Kaufpreises zugesagt. Laut Anklage steckte Grasser dahinter, er habe auch mit Hilfe von Walter Meischberger und Peter Hochegger bei der 9,6 Millionen-Euro-Provision mitkassiert. Grasser und Meischberger weisen die Vorwürfe zurück, Hochegger hat ein Teilgeständnis abgelegt.

Finz selber war nicht Mitglied der Auswahlkommission, er sei aber vom Minister zu vielen Treffen zum Thema Bundeswohnungsprivatisierung eingeladen worden, sagte er. Die Kommission habe den Minister beraten, die Letztentscheidung sei natürlich immer beim Minister gelegen. Aber eine Kommissionsempfehlung nicht zu befolgen hätte politisch Probleme, etwa parlamentarische Anfragen, verursacht, gab er zu bedenken.

Kurzfristige Terminänderung vor Entscheidung

Richterin Hohenecker konfrontierte den Zeugen dann damit, dass der Vorsitzende der Auswahlkommission, Rainer Wieltsch, am 7. Juni 2004 kurz vor 12 Uhr in einem Email an die Kommissionsmitglieder die eigentlich für den 8. Juni vorgesehene Kommissionssitzung abgesagt hatte. Die Abgabe der verbindlichen Anbote habe ein erfreuliches Ergebnis gebracht, Klarstellungen würden in einer allerletzten Runde mit den Bietern bis Freitag gemacht. Von einer Sitzung der Auswahlkommission am 7. Juni ist in dem Email nicht die Rede.

Kärnten-Frage: "Dann wäre die Koalition geplatzt"

Hohenecker befragte Finz auch eingehend zur Rolle Kärntens, denn Grasser hatte dem Land Kärnten ein Vorkaufsrecht für die ESG, eine Gesellschaft im Bundeswohnungspaket, eingeräumt. Die Kärntner hätten das Vorkaufsrecht nicht genutzt, weil ihnen der Preis zu hoch war, meinte Finz. Ihm sei damals bewusst gewesen, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Kärnten einen anderen siegreichen Bieter ergeben hätte, nämlich die CA Immo.

Finz beschrieb auf Nachfrage der Richterin auch die Rolle des damaligen und mittlerweile verstorbenen Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider (FPÖ/BZÖ). Hätte die Regierung ihn beispielsweise beim angeklagten Verkauf der Bundeswohnungen (u.a. Buwog) übergangen und sich aus formellen Gründen nicht an das mit Grasser vereinbarte Vorkaufsrecht des Landes Kärnten für die ESG gehalten, "dann wäre die Koalition geplatzt", betonte Finz.

Lob für Scharinger und Grasser

Der ehemalige ÖVP-Politiker Finz lobte heute besonders den mittlerweile verstorbenen damaligen RLB-OÖ-Generaldirektor Ludwig Scharinger, der im Prozess mitangeklagt war. Dass dieser bzw. die RLB OÖ im Österreich-Konsortium waren, habe diese Bietergruppe aufgewertet. Man habe nämlich Angst gehabt, dass die Bundeswohnungen in ausländische Hände kämen. Letztlich habe aber nur der Preis entschieden, dass das Österreich-Konsortium mit Immofinanz und RLB OÖ gewonnen habe.

Nur Lob hatte Finz auch für Grasser übrig, denn dieser sei ein sehr ehrgeiziger und eifriger Minister gewesen. Schon am Tag nach der Regierungsangelobung, einem Samstag, habe er die erste Sitzung im Finanzministerium einberufen, beschrieb Finz exemplarisch Grassers Arbeitseifer. Von Unregelmäßigkeiten bei Grassers Amtsführung habe er nie etwas bemerkt. Auch für die Anliegen der Mitarbeiter habe er immer ein offenes Ohr gehabt. Mit wem sich Grasser im Ministerium getroffen habe könne er nicht sagen, weil sein eigenes Büro woanders gelegen sei. Meischberger habe den Minister manchmal besucht, Hochegger habe die KMU-Tour des Finanzministers mitorganisiert.

In die Einmietung der Finanzbehörden in das Linzer Bürohaus Terminal Tower - der zweite Anklagevorwurf - sei er als Staatssekretär nicht eingebunden gewesen, sagte Finz. Die Befragung von Finz wurde nach fünf Stunden beendet.

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