Vom Polit-Star zum Häftling: Der tiefe Fall des Karl-Heinz Grasser

"Zu jung, zu schön, zu erfolgreich". Es sind Zitate wie diese, die in das kollektive Bewusstsein eingehen und in diesem Fall wohl für immer untrennbar mit Ex-Minister (FPÖ) Karl-Heinz Grasser verbunden werden.
Der frühere "Jet-Set"-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und ehemals Liebling der High Society ist in der Buwog-Causa - einem außergewöhnlichen Korruptionsfall in der unrühmlichen Skandalgeschichte Österreichs - zu vier Jahren Haft wegen Untreue und Geschenkannahme verurteilt.
Der Oberste Gerichtshof hat am 25. März im Berufungsprozess das Urteil gegen unter anderem Grasser, Walter Meischberger, Lobbyist Peter Hochegger bestätigt - aufgrund der "exorbitanten Verfahrensdauer" wurden die Strafen aber reduziert: Grasser ist zu vier statt acht Jahren verurteilt, Meischberger muss dreieinhalb Jahre ins Gefängnis, Hochegger bekommt drei Jahre. Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics erhält 12 Monate.
Wer ist der gefallene Sunny-Boy?
Wer aber ist der Hauptangeklagte in der Causa um die Privatisierung der Bundeswohnungen (BUWOG)? Wer ist der vormals schillernde Ex-Finanzminister, gegen den 16 Jahre ermittelt und seit 2017 prozessiert wurde? Und was wurde ihm vorgeworfen?
Der Vorwurf:
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft warf Grasser über ein Jahrzehnt nach dessen Amtszeit Bestechlichkeit vor. Der Minister soll Schmiergeld in Millionenhöhe gefordert und genommen haben. Grasser selber weist bis heute alle Vorwürfe zurück, er habe immer korrekt gehandelt und nur das Interesse der Republik im Auge gehabt. Seit 12. Dezember 2017 lief der Korruptionsprozess gegen den mittlerweile 56-Jährigen Ex-Politiker und 14 weitere Angeklagte (einer ist verstorben).
Unter Haiders Fittichen
Der Kärntner Grasser stieg Ende der 1990er im Fahrwasser von Rechtspopulist Jörg Haider politisch auf. Er war aber von Anfang an nicht nur auf dem politischen Parkett umtriebig. Als Meister der Selbstinszenierung, mit eigener Website zu seiner Person und mit selbst erwähltem Kürzel "KHG" war er auch Teil der High Society. Perfekt wurde seine Mitgliedschaft in der österreichischen Seiten-Blicke-Gesellschaft durch seine Ehe mit der Swarovski-Kristallerbin Fiona Swarovski 2005.
Teil der Bundesregierung - konkret Finanzminister - wurde er erstmals 2000 unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP): Zuerst als FPÖ-Minister und dann auf einem ÖVP-Ticket. Vom 4. Februar 2000 bis zum 11. Jänner 2007 dauerte seine Amtszeit.
Bröckelnder Schein und erste Vorwürfe
Während Grasser in den ersten Jahren der seit dem Jahr 2009 laufenden Ermittlungen noch häufiger öffentlich Stellung nahm, hat er sich in den letzten Jahren medial sehr rar gemacht. Neben einigen Society-Auftritten prägten seine vor allem Vorwürfe gegen die Justiz und Medien das Bild.
Grasser soll laut Anklage über Peter Hochegger und Walter Meischberger als Mittelsmänner bei der Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 eine Millionenprovision lukriert haben - als Gegenleistung dafür sollen geheime Informationen an die dadurch siegreichen Bieter geflossen sein. Auch für die Einmietung der Finanzbehörde in das Linzer Bürohaus "Terminal Tower" soll er erst nach der Zusicherung einer Bestechungszahlung Grünes Licht gegeben haben. Der "gemeinsame Tatplan" mit seinen Vertrauten Meischberger, Hochegger und Ernst Plech soll die Bereicherung durch Korruptionsgeschäfte während Grassers Ministerzeit gewesen sein, so die Anklage.
Alles Neider
Grasser hat alle Vorwürfe, er sei bei seinen Amtsgeschäften käuflich gewesen, immer vehement zurückgewiesen. Ende 2020 wurde Grasser wegen Untreue und Geschenkannahme durch Beamte zu acht Jahren verurteilt.
Seit Aufkommen der Vorwürfe im Jahr 2009 hat Grasser die Angriffe als Diffamierungskampagne, als lancierte Angriffe seiner politischen Gegner abgetan. Es seien Neider, die ihm seine Erfolge nicht gönnen würden. Aus dieser Zeit stammt auch das berühmte Zitat, Grasser sei "zu jung, zu schön, zu erfolgreich", das ihm eine Anhängerin in einem persönlichen Brief schrieb. Die Belastungszeugen gegen ihn beschuldigte er der Lüge. Auch die Ankläger nahm der Ex-Politiker ins Visier, den Staatsanwälten wirft er parteiliches Agieren gegen ihn vor.
Schwiegermutter-Liebling der Nation fällt
Im Prozess wurde Grasser vom mitangeklagten früheren Lobbyisten und Geschäftspartner Hochegger massiv belastet. Er habe im Nachhinein erfahren, dass er die Millionenprovision aus der Buwog-Privatisierung Grasser zu verdanken habe, sagte Hochegger. Hingegen pochte Meischberger darauf, er habe alleine durch seine eigene Lobbying- und Beratungstätigkeit rund 8 Millionen der fast 10 Millionen hohen Provision verdient. Die Aufteilung des Geldes auf drei Konten in Liechtenstein habe nur mit seiner eigenen Finanzplanung zu tun, Grasser habe ihm weder geheime Informationen weitergegeben noch Schmiergeld genommen.
Auch 2025 beteuert Grasser noch seine Unschuld, er habe ein "reines Gewissen", hat er noch am 21. März vor dem Obersten Gericht gesagt, das die Urteile unter die Lupe nahm und letztlich bestätigte. Grasser sieht ein "Fehlurteil" und hat angekündigt, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen. Statt eines Freispruchs, den "KHG" eigene Angaben zufolge erwartet hat, habe er "eine massive Verletzung meiner Menschenrechte und meines Lebens" bekommen. Er sei sich sicher, dass er zumindest auf europäischer Ebene zu seinem Recht komme.
Der außergewöhnliche Fall des Karl-Heinz Grasser wird wohl also auch nach 20 Jahren noch weitere Schleifen ziehen.
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