Streitigkeiten über viele Details
Grundsätzlich kann ein Beschuldigter bei jedem Schritt, den eine Staatsanwaltschaft gegen ihn setzt – jede Sicherstellung, jede Ladung – Beschwerde einlegen. Darüber entscheidet das Landesgericht. Und wenn man die Entscheidung für falsch hält, geht man in die zweite Instanz, zum Oberlandesgericht.
Über diese beiden Instanzen gehen etwa Streitigkeiten über Sicherstellungen. Bei bestimmten Berufsgruppen (Anwälten, Steuerberatern oder auch Journalisten) können Daten versiegelt werden, ein Richter muss sie dann in einem Sichtungsverfahren einzeln prüfen und freigeben. Ein Beispiel: In der Inseraten-Causa hat die WKStA drei Jahre auf Daten eines beschuldigten Medienhauses warten müssen.
Mit Jahresbeginn sind für die Beschlagnahme von Daten generell neue Schranken eingezogen worden, um die Persönlichkeitsrechte aller besser zu schützen. Was das für die Verfahrensdauer bedeutet, kann man sich ausrechnen.
Als „Bremsfaktor“ hat die WKStA kürzlich in einem Mediengespräch den internationalen Rechtsverkehr genannt. In der Buwog-Causa hat es beispielsweise zwei Jahre gedauert, bis Kontoauszüge aus der Schweiz geliefert wurden. Die inländischen Behörden haben keine Handhabe, sie können nur warten und hoffen, das die ausländischen kooperieren.
Ist es besser, große Verfahren zu "splitten"?
Immer wieder taucht bei Mega-Verfahren die Frage auf, ob sie denn nicht aufgesplittet und einzeln abgearbeitet werden könnten, um schneller zu Ergebnissen zu kommen. In der Signa-Causa plant die WKStA angeblich, einen ersten Teil anzuklagen, solange René Benko noch in U-Haft ist. In involvierten Kreisen begrüßt man das: Der Signa-Gründer könnte – sehr vereinfacht gesagt – da schon eine so hohe Haftstrafe ausfassen, dass andere Stränge schneller abgehandelt werden könnten. Bei der Buwog-Causa wäre das nicht möglich gewesen, weil es da um einen durchgängigen Tatplan ging, heißt es weiter.
Nächste Station: Anklage. Oder doch nicht? In „clamorosen“ Causen muss die Staatsanwaltschaft ihr Vorhaben von der Oberstaatsanwaltschaft, der Fachabteilung im Justizministerium, dem Weisungsrat und der Justizministerin absegnen lassen. In der Falschaussage-Causa gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz nahm das acht Monate in Anspruch. Keine Seltenheit.
Ob es bei der geplanten Bundesstaatsanwaltschaft als neuer Weisungsspitze schneller geht, bleibt abzuwarten.
Erlaubnis von oben
So, jetzt aber: Anklage. Wie viele Tage eine Hauptverhandlung dauert, hängt davon ab, wie viele Zeugen und Beweisanträge kommen, die übrigens bis zum allerletzten Tag gestellt werden dürfen.
Das Urteil muss binnen vier Wochen schriftlich ausgefertigt werden. Aber auch das – Sie erraten es – kann länger dauern, wenn ein Verfahren sehr komplex ist. Bei der Buwog-Causa hat die Richterin fast 14 Monate für ihre 1.280 Seiten gebraucht. Obendrauf gepackt wird das Protokoll der mündlichen Verhandlung. Dazu ein Schmankerl aus der Causa Kurz: Der Verteidiger des Ex-Kanzlers verlangte Hunderte Korrekturen – teils ging es da um Tippfehler.
In der Buwog-Causa gingen die Verteidiger der erstinstanzlich Verurteilten in volle Berufung. Dazu gab die Generalprokuratur im Mai 2024 ihr „Croquis“ ab – das ist eine Art Gutachten zur Entscheidungsfindung für den OGH. Dazu brachten die Verteidiger wieder Stellungnahmen ein, mit denen sich der OGH auseinandersetzen musste, bevor er jetzt, im März, die Berufungsverhandlung ansetzen konnte.
Freilich müssen sich Staatsanwaltschaften und Gerichte auch die Frage gefallen lassen, ob sie effizient arbeitet, ihre Ressourcen sinnvoll einsetzen. Die neue Regierung hat eine Evaluierung versprochen. Aber das würde jetzt den Rahmen sprengen.
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