Hofer will "Invasion der Muslime" stoppen

Norbert Hofer (FPÖ) liegt bei der Anzahl der Facebookfans an der Spitze.
In der Arbeiter-Hochburg Kapfenberg startete der FPÖ-Hofburg-Kandidat seinen Wahlkampf.

Inhaltlich blieb man sich treu und wetterte gegen das "Asyl-Chaos", weshalb die Reden von FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer, Heinz-Christian Strache und Mario Kunasek nahezu ident mit jenen waren, die erst vor einem knappen Monat in Graz zu hören waren. Der Stimmung beim offiziellen Wahlkampfauftakt von Norbert Hofer in der obersteirischen Arbeiter-Hochburg Kapfenberg tat das freilich keinen Abbruch.

Hofer will "Invasion der Muslime" stoppen
ABD0029_20160402 - KAPFENBERG - ÖSTERREICH: FPÖ Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer während des Wahlkampfauftakts am Samstag, 02. April 2016, in Kapfenberg. - FOTO: APA/ERWIN SCHERIAU

Blaue Riege in Kapfenberg

Mehrere Hundert Menschen waren bei kühlem Wind auf den Kolloman-Wallisch-Platz nach Kapfenberg gekommen, um Hofer, aber vor allem auch ihrem "HC" zu lauschen. Traditionell machte schon eine Stunde vor den Reden die John Otti Band Stimmung - mit "Fürstenfeld" von STS und ähnlichen Volksfestschlagern. Der steirische Landesparteichef Kunasek begrüßte zur Einleitung die freiheitlichen Gäste aus anderen Bundesländern: Wiens Vizebürgermeister Johann Gudenus, Salzburgs Landesparteichef Andreas Schöppl, Kärntens Landesparteiobmann Christian Ragger und Adalbert Cramer, zweiter Landtagspräsident aus Oberösterreich.


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Kunasek sprach von den "blauen Wundern", die die Steirer schon geschafft hätten: So sei etwa Kapfenberg als Arbeiter-Hochburg bei der Gemeinderatswahl 2015 "fast blau umgefärbt worden". Tatsächlich haben die Freiheitlichen gut zehn Prozentpunkte dazugewonnen und mit 25 Prozent der Stimmen die ÖVP klar hinter sich gelassen. Die SPÖ hält aber mit mehr als 48 Prozent der Stimmen nach wie vor Platz eins in der Industriestadt an der Mürz.

Hofer: "Invasion von Muslimen" stoppen

Nach Kunasek brachte Hofer seine Botschaften ans Volk: Er forderte etwa, die "Invasion von Muslimen" zu stoppen und die Pensionen nicht zu kürzen. Noch nie habe es in Österreich so viele Arbeitslose, so hohe Steuern und so viele Ausländer gegeben. Mehr Budget, zum Beispiel für das Pflegegeld, wolle er durch ein besser organisiertes Gesundheitssystem lukrieren, bei benachbarten Spitälern zweier Bundesländer könnte gespart werden, wenn diese Sache des Bundes würden.

Hofer will "Invasion der Muslime" stoppen
ABD0042_20160402 - KAPFENBERG - ÖSTERREICH: Bundesparteiobmann Heinz Christian Strache (links) und FPÖ Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer während des Wahlkampfauftakts am Samstag, 02. April 2016, in Kapfenberg. - FOTO: APA/ERWIN SCHERIAU

Als Höhepunkt trat Strache auf die Bühne: Er lobte Hofer für sein positives Denken und seine Lebensfreude. Obwohl er Schmerzen habe, trete er als Kandidat an, weil "ihm liegt Österreich so am Herzen". Anschließend schoss sich der Bundesparteiobmann wieder auf das Thema Flüchtlinge, Asyl und Ausländer ein, zog Verknüpfungen zu den Attentaten von Paris und Brüssel und sprach nicht von einem "Heiligen Krieg", sondern einem "Teufelskrieg". Es dürfe nur eine Obergrenze für Flüchtlinge geben: "Null". Nur dank Mazedoniens sei in den vergangenen Wochen etwas Ruhe eingekehrt, doch diese sei trügerisch. Ungarn zeige vor, wie es geht: "Dank sei Orban", meinte Strache und fügte hinzu: "So würde ich es auch als künftiger Kanzler machen, aber zuvor kommt Bundespräsident Hofer."

Fotos mit den Fans

Sowohl Hofer als auch Strache zogen - wie schon bei ihrer Kundgebung am Grazer Hauptplatz Anfang März - die politischen Mitbewerber für das Amt des Bundespräsidenten durch den Kakao. Vor allem auf Alexander Van der Bellen hatte sie ihre Spitzen abgesehen. Dieser wolle Österreich abschaffen. Es sei wichtig, "frischen Wind ins Land zu bringen", so Strache. Das sei nur mit Hofer möglich. Allein wenn die SPÖ und die ÖVP mit ihren Kandidaten nicht in die Stichwahl kommen, sei das einem politischen Erdbeben gleichzusetzen.

Hofer will "Invasion der Muslime" stoppen
ABD0044_20160402 - KAPFENBERG - ÖSTERREICH: Bundesparteiobmann Heinz Christian Strache (links) macht ein Foto von FPÖ Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer und einem Fan anl. des Wahlkampfauftakts am Samstag, 02. April 2016, in Kapfenberg. - FOTO: APA/ERWIN SCHERIAU

Zum Abschluss wurde die österreichische Bundeshymne gespielt, wobei erstmals an diesem Tag in Kapfenberg die Sonne durch die Wolken strahlte. Hofer und Strache schwenkten gemeinsam mit dem Publikum Fahnen. Danach gingen sie noch zu den Menschen, schüttelten Hände und machten Fotos mit ihren Fans. Laut Polizei waren rund 1.000 Menschen bei der Veranstaltung der FPÖ.

Anzeige nach "kleiner Rangelei"

Am Rande des Wahlkampfauftaktes kam es zu einer laut Polizei "kleinen Rangelei" zwischen einem Anhänger der Freiheitlichen und der Sozialistischen Jugend (SJ). Letztere hatten mit eigener Musik die FPÖ-Veranstaltung beschallt und versucht, dadurch zu stören. Als ein "blauer" Fan zur Gegenveranstaltung ging, kam es zu der Auseinandersetzung.

Bei der Rangelei dürfte auch ein Kabel aus der Tonanlage der Sozialistischen Jugend gezogen worden sein. Plötzlich war es still. Danach war auch das T-Shirt des FPÖ-Fans zerrissen, weshalb es auch eine Anzeige gegen einen Teilnehmer der Gegenveranstaltung gab, schilderte die Polizei. Verletzt wurde demnach aber niemand. Nach wenigen Minuten hatten die einschreitenden Beamten die Situation beruhigt und die Musik ertönte wieder aus den Boxen der Sozialistischen Jugend.

"SJ-Begleittour" für Hofer

Die "SJ-Begleittour" für Norbert Hofer war in Kapfenberg laut Polizei angekündigt. Auch die Tonanlage sei genehmigt gewesen. Nach dem Zwischenfall wurde die SJ gebeten, die Musik doch etwas leiser zu spielen. Sie war dennoch im Hintergrund der Reden von Hofer und Strache zu hören.

Die Sozialistische Jugend kritisierte in einer Aussendung das Vorgehen der FPÖ: "Wer sich mit Worten nicht helfen kann, greift zu anderen Mitteln." Ihr Equipment sei angegriffen und teilweise zerstört worden.

Er wollte ja gar nicht. 44 Jahre, das sei zu jung, sagt er. Bis zuletzt schließt er aus, für die FPÖ ins Rennen um die Präsidentschaft zu gehen. Aber dann gibt es diesen skurrilen Moment, als die tags zuvor noch als Kandidatin gehandelte Ursula Stenzel ein Plakat enthüllte und darauf Norbert Hofer zu sehen war. Der echte, der davor saß, lächelte. Das tut Norbert Hofer oft. Er gilt als der besonnene innerhalb der Partei. Freundlich, unauffällig, unaufgeregt.

Der Mann mit den Chemtrails

Der Vater des 1971 im burgenländischen Pinkafeld geborenen Hofers war noch ÖVP-Gemeinderat, bevor er als Parteiunabhängiger für die FPÖ kandidiert. Hofer ist konsequenter, ab dem 23. Lebensjahr ist er hauptberuflich bei der FPÖ, bringt es 2005 bis zum Vize-Parteiobmann. Und zu gewisser Bekanntheit für skurrile parlamentarische Anfragen: 2007 fragt er nach, wie das jetzt eigentlich genau mit diesen Chemtrails sei. Seinem Aufstieg zum Dritten Parlamentspräsidenten steht das nicht im Weg, immerhin löste er dort 2013 den Rechtsaußen Martin Graf ab (obwohl auch Hofer Ehrenmitglied in Pennälerverbindung Marko-Germania zu Pinkafeld ist) – und bekleidet seitdem eines der höchsten Ämter des Landes. Privat wurde ihm seine Liebe zum Fliegen zum Verhängnis: Der gelernte Flugzeugtechniker stürzte beim Paragleiten ab und zog sich eine inkomplette Querschnittslähmung zu; seitdem setzt er sich glaubhaft und beständig für Behindertenrechte ein.

"Kein Staatsfreund"

Er hat aber auch eine andere Seite. Er ist der Mann, der hinter dem FPÖ-Parteiprogramm steht. Er schreibt, was Herbert Kickl in Reimform und mit dem Konterfei von Parteiobmann Strache unters Volk bringt. Und das wird auch die Hauptaufgabe Hofers im Wahlkampf sein: Strache die Bühne bereiten. Er ist der Parteisoldat, der plötzlich ganz vorne steht. Aber anders als viele seiner Parteikollegen, würde sich Hofer nie im Ton vergreifen. Als Strache bei seiner diesjährigen Neujahrsansprache Bundeskanzler Werner Faymann angesichts der Flüchtlingskrise etwa als einen "Staatsfeind" bezeichnete, hätte ihn Hofer höchstens "keinen Staatsfreund" genannt. Das klingt viel freundlicher. Gemeint ist aber so ziemlich dasselbe. Hohe Chancen auf das Amt rechnet er sich offenbar selbst nicht aus: Während Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol von ihren Ämtern zurücktraten, bleibt Hofer als Nationalratspräsident im Amt. Sicher ist sicher.

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