Hofer wieder lammfromm, VdB setzt auf bunte Breite

Alexander Van der Bellen beim Wahlkampfabschluss
Der einjährige Wahlkampf ist offiziell beendet. Der FPÖ-Kandidat gab sich im Kreise seiner Parteifreunde staatsmännisch. Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen setzte bis zuletzt auf den Rückenwind durch eine bunte Unterstützerrunde – die vor einem Blau-Präsidenten warnt.

Ein Christbaum mit funkelnden Kugeln, ein Adventkranz mit roten Kerzen, Weihnachtsgebäck, ein Männerchor, der Kärntner Weisen wie "Ziagt a Stern übers Land" singt. Die klassischen Zutaten einer Adventfeier auf dem Lande, möchte man meinen.

Dabei ist das die Wahlkampfschluss-Inszenierung der FPÖ in der Stadt. In den noblen Räumlichkeiten der Wiener Börse gibt sich die Partei, die ständig gegen "das Establishment" wettert, besinnlich – beim Hochamt für ihren Hofburg-Kandidaten Norbert Hofer. Vor 400 Geladenen – darunter Hofers Frau, die Parteiprominenz sowie die Ex-Staatssekretäre Reinhart Wanek und Holger Bauer – ruft FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache den Präsidentschaftsanwärter nachgerade zum Heiligen aus.

Er sei bodenständig, bürgernah, authentisch, "das Gegengewicht zum verkrusteten System", ein leidenschaftlicher Österreicher und Europäer, stehe für "moderne Weltoffenheit" und "das Gemeinsame", lehne "das Trennende" ab. Und mit dieser "honorigen Persönlichkeit, die ihre Wurzeln in der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft hat", könne die FPÖ "Geschichte schreiben" – wenn Hofer, der dem Grün-Konkurrenten Alexander Van der Bellen bei der ersten Stichwahl knapp unterlegen war, nun doch Bundespräsident werde. "Ich bin mir sicher, dass du, lieber Norbert, am Sonntag die Herzen der Menschen gewinnen wirst".

Sticheleien statt Aggressionen

Die Zuhörer sind gerührt, noch mehr, als der blaue Messias auf die Bühne kommt. Eine Stunde lang predigt Hofer zu seinen Jüngern. Wer erwartet hat, dass er es Van der Bellen noch einmal ordentlich reinsagt, ihn wie beim ORF-Duell am Abend zuvor gar Lügner nennt, wird enttäuscht. Hofer gibt sich staatsmännisch. Nur ein paar mal Mal stichelt er gegen den Kontrahenten – ohne ihn zu nennen.

Gemünzt darauf, dass sich Van der Bellen auch optisch rustikal präsentiert hat, etwa auf dem Ausseer Kirtag, befindet Hofer: "Es macht ja nichts, wenn sich jemand keine Tracht anziehen will, weil er sich nicht verkleiden will. Aber dann soll man das im Wahlkampf auch nicht tun." Dass er – im Gegensatz zu Van der Bellen – Grundwehrdiener gewesen und Korporal sei, hebt der Blaue, der als Staatsoberhaupt auch den Oberbefehl über das Heer hätte, ebenfalls hervor: "Ich habe erlebt, wie es ist, wenn man eine Gemeinschaft bildet." In Richtung Van der Bellens Unterstützer Hans Peter Haselsteiner sagt Hofer: "Jene Menschen, die permanent vom Öxit reden und anderen vorwerfen, dass das Sprechen vom Öxit dem Land schadet, müssen in sich gehen und sich überlegen, ob nicht sie selbst der größte Schaden für Österreich sind." Mit Patriotismus endet die Ansprache: "Es lebe unsere geliebte Heimat Österreich!" Das "Doppel Sextett Klagenfurt" intoniert die Hymne. Und Hofer hofft, dass er am 4. Dezember von der Mehrheit der Wähler den politischen Segen bekommt.

Dass er mit Brauchtum nichts am Hut hat, lassen Alexander Van der Bellen und seine Unterstützer offenbar nicht auf sich sitzen – bei seinem Wahlkampfabschluss, der am Abend im "Lloonbase 36" in Favoriten stattfand, tönte am Beginn volkstümliche Musik aus den Lautsprechern, am Ende die österreichische Bundeshymne, zwischendrin wurden Wortspiele zum Thema Tracht strapaziert: Künstler André Heller warnte in seiner Rede vor der "Niedertracht" der FPÖ, der Bürgermeister des Kaunertals Pepi Raich, lobte die "Eintracht" unter den VdB-Anhängern.

Die Hauptrede hielt Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der den Ernst der Sache hervorhob. Hofer, die FPÖ, seien das "fremdenfeindliche Gesicht" Österreichs. Jenes, das "demokratische Errungenschaften missachtet". Der Wahlkampf sei deshalb auch "ein Kampf um die Demokratie", betonte er. "Es ist nicht wurscht, wer österreichischer Präsident wird. Es ist wichtig, dass es ein Mann ist, für den wir uns nicht schämen brauchen", gab Häupl der applaudierenden Menge mit auf den Weg. Und Alexander Van der Bellen kämpfte in seinen letzten Worten noch um die Gunst jener, die noch nicht von ihm überzeugt sind: "Lassen Sie mich ihr Präsident der Mitte sein. Ich werde das gut machen."

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