Budgetchaos: Schuldenkaiser Wien geht in die Offensive
Wien wird heuer wohl 3,25 Milliarden Euro Schulden machen. Aus Sicht des Bundes ist dieser Wert ein Hauptgrund, warum Türkis-Rot-Pink das geplante Budgetdefizit von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) deutlich verfehlen wird. Publik wurde das vor rund zwei Wochen. Die SPÖ-geführte Stadtregierung hat bereits sehr deutlich gemacht: Man lasse sich vom Bund nicht den Schwarzen Peter zuschieben – auch nicht von Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ).
Nun überschattet der Streit um die maroden Länder- und Gemeindefinanzen gleich mehrere Verhandlungen – von der Föderalismus-Reform bis zur aktuellen Debatte über den Stabilitätspakt. Dieser regelt, wie sich die Schulden von Bund, Ländern und Gemeinden künftig aufteilen sollen. Er gehört reformiert, eine Einigung soll bis Jahresende stehen. Die nächste Verhandlungsrunde ist für Freitag eingetaktet.
„Neoliberale Modelle“
Die Wiener SPÖ bleibt jedenfalls offensiv. Der um polemische Sager selten verlegene Sozialstadtrat Peter Hacker nahm am Wochenende im Profil die EU ins Visier. Die EU-Maastricht-Kriterien, so Hacker, seien „neoliberale Modelle, die in die Mottenkiste gehören“. Und: „Ich erwarte mir, dass unser Bundeskanzler und unser Finanzminister das in Brüssel unmissverständlich klar machen.“
Maastricht schreibt eine jährliche Neuverschuldung von drei Prozent des BIP und eine Gesamtverschuldung von maximal 60 Prozent vor. Verstoßen EU-Staaten dagegen, was andauernd passiert, drohen Strafzahlungen – allerdings nur theoretisch, diese wurden noch nie exekutiert. Auch Österreich befindet sich derzeit in einem EU-Defizitverfahren. Expertenkritik an den Kriterien – etwa, dass die Grenzwerte wissenschaftlich nicht nachvollziehbar seien – gibt es seit jeher.
Tatsächlich gilt Maastricht auch als Teilproblem, warum das Finanzministerium manche Budgetzahlen verspätet erhält. Grund: Gewisse Länderausgaben werden nicht, manche erst Jahre später Maastricht-relevant. Berechnen und filtern muss das die Statistik Austria.
Dennoch: Unterstützung darf Hacker keine erwarten. Das Finanzministerium wollte seine Aussagen grundsätzlich nicht kommentieren. ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti meinte: „Anstatt die Verantwortung an die EU abzuschieben, sollte Wien lieber genauso wie der Bund einen verantwortungsvollen Konsolidierungspfad einschlagen.“
Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger sagte in der ORF-Pressestunde, sie halte von Hackers Vorschlag: „Nichts.“ Die Mentalität der Großparteien, Probleme immer mit Steuergeld zu bewerfen, sei hochproblematisch. Die Außenministerin pochte erneut auf strukturelle Reformen – etwa ein Verbot von Mehrfachförderungen – und forderte einen „Beitrag“ der Länder zur Budgetkonsolidierung.
Grundsteuer-Debatte
Wie steht es um eine mögliche Erhöhung der Grundsteuer, die direkt Gelder in die Gemeindekassen spülen würde? Eine große Reform der Grundsteuer – diese wurde seit 40 Jahren nicht an die Inflation angepasst – würde wohl ein bis zwei Jahre dauern. Aber: Der Bund könnte rasch höhere Hebesätze erlauben. Marterbauer ist dafür, ÖVP und Neos sind noch zurückhaltend.
Was den Ländern jetzt schon erlaubt ist – und Wien für 2026 beschlossen hat: die Anhebung des Wohnbauförderungsbeitrags.
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