Dialog Brandstetter vs. Brandstätter: "Von der Freiheit fasziniert"
Ein Buchstabe in ihrem Namen macht den Unterschied. „ Brandstätter versus Brandstetter“ – ist der Titel eines Buches, welches KURIER-Herausgeber Helmut Brandstätter und der ehemalige Justizminister und Vizekanzler Wolfgang Brandstetter geschrieben haben. Montagabend wurde es im Raiffeisenhaus in Wien vorgestellt. Unter den Gästen war auch Alt-Bundespräsident Heinz Fischer mit seiner Frau Margit Fischer.
Brandstätter vs. Brandstetter: Zwei Freunde, ein Buch, viele Geschichten.
Faszination Politik
Im Gespräch zwischen den beiden, das von moderiert wurde, kam so manche Neuigkeit an den Tag. Helmut Brandstätter war als Student und Vorsitzender der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) „besessen davon, Politiker zu werden“, von Alois Mock und seinem Europa-Engagement war er beeindruckt. Ein Post-graduate-Studium in Bologna, Praktika in der EU-Kommission, Reisen und internationale Erfahrungen änderten aber sehr rasch den Berufswunsch. „Ich war von der Freiheit fasziniert“, der Beruf des Politikers war ihm plötzlich zu eng, „man ist zu abhängig“. Brandstätter wird Journalist und verteidigt von nun an die Presse- und Medienfreiheit.
Wolfgang Brandstetter, in der ÖH war er Brandstätters Pressesprecher, wurde nach der Habilitation Uni-Professor und erfolgreicher Strafverteidiger. 2013 holte ihn der damalige ÖVP-Chef Michael Spindelegger als Justizminister in die Regierung.
Die langjährigen Freunde B & B standen plötzlich auf verschiedenen Seiten. Kann ein Journalist mit einem Politiker befreundet sein – und umgekehrt? „Ja, das geht“, sagen die beiden, „wenn es Distanz, Respekt und keine Verhaberung gibt“ (Helmut Brandstätter).
Als die Amtszeit von Brandstetter zu Ende ging, begannen der Ex-Politiker und Medienmann in einem diskursiven Prozess über Herkunft, Studienjahre und die Zukunft zu reflektieren. Auch darüber, was an Werten sich lohnt an die Jungen weiter zu geben.
Existenzielle Fragen
Herausgekommen ist ein spannend zu lesendes Buch mit persönlichen Positionen zu existenziellen Fragen von Politik und Gesellschaft. „Das Buch ist eine bildungspolitische Initiative“, sagt Brandstetter. – Wie das? „Ich habe vor einem Jahr eine Trump-Rede gehört, und mir gedacht, jetzt müssen wir uns auf Bildungspolitik konzentrieren.“
Für Helmut Brandstätter sind die Erhaltung demokratischer Strukturen, Rechtsstaat, das System klassischer Parteien sowie die Zukunft der Europäischen zentrale Anliegen. Sie stehen auf dem Prüfstand, Garantie für ihren Bestand gibt es nicht. „Zur Demokratie gehören starke Medien. Medien durch Inserate zu kaufen, ist unhaltbar“, betont Brandstätter und kritisiert, dass es „in diesem Land Inseratenkorruption“ gebe.
Er findet den stärker werdenden Nationalismus und Egoismus in Europa „gefährlich. Wenn alle sagen, mein Land zuerst, in Anlehnung an America first, geht der Zusammenhalt verloren“.
Skepsis äußerten beide gegenüber den negativen Entwicklungen in sozialen Medien. Den Begriff „soziale Medien“ hält Brandstetter schlicht „unpassend. Hier werden Gefühle angestachelt, Verschwörungstheorien verbreitet, das sehe ich sehr kritisch“. Der KURIER-Herausgeber erinnert an die bedrohliche politische Krise in Italien, wo Lega-Chef Matteo Salvini vor allem die EU und Deutschland als „dunkle Mächte“ hinter dem Scheitern der geplanten Koalition sieht. „Wir sind nicht die Sklaven der Deutschen oder Franzosen“, verbreitete Salvini im Internet.
Appell an Vernunft
Die Buchpräsentation endete nicht nur in einem Appell an Vernunft, Demokratie und geeintes Europa. Auch so manches Geheimnis wurde gelüftet. Zum Beispiel die Liebe von Wolfgang Brandstetter zu symbolträchtigen Krawatten. „Krawatten sind Kulturbotschafter“, versicherte er dem Publikum. Zur Buchpräsentation trug er seine Magna-Charta-Krawatte (die Magna Charta gilt als wichtigste Quelle des englischen Verfassungsrechts).
Die Erlöse der Autoren gehen an die „Aktion Lernhaus“, einer Initiative von „ KURIER Aid Austria“ und dem österreichischen Roten Kreuz.
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