Braucht es die Corona-Gremien überhaupt noch?
„Ja, es gibt uns noch“, sagt Peter Klimek über das Prognosekonsortium. Jede Woche rechnen Experten Fallzahlen und Hospitalisierungen durch, jede Woche erstellen sie Kurzfristprognosen, und jede Woche veröffentlichen sie einen Bericht auf der Website des Gesundheitsministeriums.
Bloß bemerkt das kaum jemand. Verständlich, findet Komplexitätsforscher Klimek: „Nachdem eine systemkritische Corona-Lage zunehmend unwahrscheinlich wird, ist die Aufmerksamkeit gesunken.“
Völlig untergegangen ist vergangenen Donnerstag auch der neue Bericht der Corona-Ampelkommission. Alle zwei Wochen beraten die 20 Mitglieder (darunter Vertreter von jedem Bundesland und verschiedene Fachexperten). Viel gab es – abgesehen von der obligatorischen Masken-Empfehlung und einer Wasserstandsmeldung zu den Virusvarianten – aber nicht zu vermelden.
Und dann wäre da noch Gecko, die gesamtstaatliche Covid-Krisenkoordination, die im Dezember 2021 im Bundeskanzleramt eingerichtet wurde. Das Gremium, dem 24 Experten unterschiedlicher Fachrichtungen angehören, tagt etwa alle zwei Wochen in separaten Arbeitsgruppen und beantwortet dann in einem Executive Report Fragen, die die Regierung gestellt hat – ohne, dass diese auf die Ratschläge hören muss.
Im Sommer sprach sich das Gremium etwa vergeblich für eine Maskenpflicht in Innenräumen aus. Schon da wurde diskutiert, was für eine Rolle Gecko überhaupt spielt, zumal es auch Überschneidungen mit der Ampelkommission gibt. Gecko hätte im Dezember auslaufen sollen, wurde aber um ein halbes Jahr verlängert. Die Experten sind ehrenamtlich tätig, ein eigenes Budget gibt es nicht.
Nicht zum Selbstzweck
Aber braucht es diese Gremien überhaupt noch? Klimek hält die Frage für legitim: „Wir machen das ja nicht zum Selbstzweck, sondern weil wir den Spitälern und der Regierung eine Hilfestellung geben wollen, um Entscheidungen zu treffen.“ Nachdem es bei einem erhöhten Infektionsgeschehen zuletzt ohnehin keine Konsequenzen gab und die Lage soweit stabil sei, könne man überlegen, die Gremien in einen „Stand-by-Modus“ zu versetzen, schlägt er vor.
Eine komplette Abschaffung wäre ein Signal, für das sich die Politik entscheiden müsste, sagt Klimek. Allerdings: Die Pandemie für beendet zu erklären – das traut sich seit Sebastian Kurz’ einschlägiger Ansage im Sommer 2021 wohl niemand mehr.
Ruhe eingekehrt
Auch nicht Herwig Ostermann, Chef von Gesundheit Österreich (GÖG). Er ist in der Ampelkommission und in Gecko vertreten und sieht sich in einer „Beobachterrolle“. Es gebe noch immer ausreichend Problemlagen – derzeit etwa die Wechselwirkung von Corona mit anderen respiratorischen Infekten wie Grippe.
Im viel beschworenen „endemischen“ Zustand seien wir noch nicht angekommen, allerdings bemerkt Ostermann positiv, dass vieles aus der Pandemie mittlerweile in den Alltag übergegangen sei: „Wenn jemand erkältet ist, bleibt er zu Hause. Eine Maske hat fast jeder immer dabei und wenn man ein Gebäude betritt, geht man zum Desinfektionsspender.“
Dass die Corona-Gremien so wenig Beachtung finden, stört den GÖG-Chef nicht – im Gegenteil: „Ich finde das gut. Es ist etwas Ruhe hineingekommen. Die öffentlichen Debatten und die Polarisierung waren nicht immer sehr hilfreich.“
Gecko
evaluiert die Corona-Lage und veröffentlicht alle zwei Wochen einen „Executive Report“.
Ampelkommission
gibt alle zwei Wochen eine Risiko-Einschätzung ab und färbt die Österreich-Karte grün (sehr geringes Risiko), gelbgrün, gelb, orange bis rot (sehr hohes Risiko) ein.
Prognosekonsortium
erstellt wöchentlich eine Prognose zu den Hospitalisierungen.
Oberster Sanitätsrat
berät den Gesundheitsminister und erstellt Gutachten zu allen Bereichen des Gesundheitswesens.
Landesräte und Gesundheitsminister
tagen mindestens ein Mal pro Monat per Videokonferenz.
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