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Hypo-Haircut: Enteignung oder faire Lösung?
Justizminister Wolfgang Brandstetter erklärt, warum der Haircut bei der Hypo wasserdicht ist.
KURIER: Herr Minister, Sie gelten als das Mastermind hinter dem neuen Hypo-Gesetz. Waren Sie es und sind Sie zufrieden mit der Lösung?

Aber ist das wirklich die beste Lösung? Namhafte Experten kritisieren, dass massiv in bestehende Verträge eingegriffen werde.
Ich bin fest davon überzeugt, dieses Gesetz ist die bestmögliche juristische Lösung – vor allem im Angesicht der Alternative, das wäre nämlich eine Insolvenz der Bank und damit des Bundeslandes Kärnten. Mit der Insolvenz wären Haftungen von 12 Milliarden Euro sofort schlagend geworden, zusätzlich hätten wir das Problem, dass es keinen rechtlichen Rahmen für die Insolvenz eines Bundeslandes gibt. Wir hätten völliges Chaos riskiert.
Ein Kollege von Ihnen, Stefan Pichler von der Wirtschaftsuniversität, bangt angesichts des Gesetzes um die Reputation Österreichs als Finanzplatz.

Sie gehen also davon aus, dass das Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof hält?
Ein Gesetz dieser Komplexität ist immer mit Unsicherheiten behaftet, das kann man nie ausschließen. Der Vorschlag, den wir erarbeitet haben, bietet aber die größtmögliche Sicherheit, die man haben kann. 100 Prozent Sicherheit gibt es aber nie.
Bayerns Finanzminister sagt, es sei einmalig in Europa, dass sich ein Land via Gesetz von Schulden befreit.
Da gibt’s viel Theaterdonner, ich will das nicht näher kommentieren. Faktum ist: Es gibt in Europa sehr wohl vergleichbare Fälle, wo die Gläubiger beschnitten wurden. Natürlich ist strittig, in welchem Umfang das legitim ist, aber: Die nachrangigen Gläubiger haben jetzt noch Chancen, etwas zu bekommen, im Falle einer Insolvenz hätten sie mit Sicherheit gar nichts bekommen. Was die früheren Eigentümer, die Bayerische Landesbank, angeht, wird ein juristisch sehr wichtiger Aspekt in der laufenden Debatte völlig ausgeblendet.
Und zwar welcher?

Es gilt für Sie also das Gleichheitsprinzip.
So ist es. Wär’s nicht so, würde ich die Kritik verstehen. Aber dieses Detail scheint in Bayern nicht angekommen zu sein.
Eine Beruhigung für die Banker, die jetzt aufschreien?

Unter den nachrangigen Gläubigern, die auf 890 Millionen Euro verzichten sollen, sind Versicherer, bei denen viele Lebens- und Pensionsversicherungen abgeschlossen haben. Trifft’s jetzt nicht die Falschen?
Nach Meinung der beigezogenen Experten haben die Investoren Nachrangigkeit akzeptiert, weil sie im Gegenzug etwas dafür bekommen haben, nämlich höhere Zinsen: Im Falle einer Insolvenz habe ich Nachrang gegenüber anderen Gläubigern, deshalb gibt’s höhere Zinsen. Natürlich kann man jetzt sagen: Die Papiere waren mit einer Landeshaftung besichert. In dem Fall verstehe ich aber nicht, warum der Markt sehr wohl zwischen Erst- und Nachrangigkeit unterscheidet und warum es deutliche Kursbewegungen gegeben hat. Wenn nachrangige Haftungen kein Risiko hätten, dürfte deren Kurs nicht so schwanken. Der Markt weiß: Eine Landeshaftung bietet keine 100-prozentige Sicherheit. Zudem musste jeder größere Investor wissen: Eine 25 Milliarden Euro Haftung, die von einem Jahresbudget des Landes über 2 Milliarden getragen werden soll, die kann nicht funktionieren.
Das vorliegende Hypo-Gesetz bleibt ein Einzelfall?
Davon bin ich fest überzeugt. So etwas wie diese Landeshaftung gibt’s ja auch kein zweites Mal.
Wie stehen Sie zu einem U-Ausschuss zur Hypo?

Sie sind jetzt knapp ein halbes Jahr im Amt. Was haben Sie unterschätzt, was hat Sie überrascht?
Den Umfang der Arbeit habe ich nicht unterschätzt, damit war zu rechnen. Überrascht hat mich vor allem der Strafvollzug, wo die Probleme noch größer sind, als ich es für möglich hielt. Aber jetzt weiß ich, was los ist, und wir sammeln sehr viele Verbesserungsvorschläge.
Zum Strafvollzug: Es gab jüngst die Meldung, dass die zuständigen Beamten, die einen 74-jährigen Häftling in Stein haben verwahrlosen lassen, mittlerweile wieder im Dienst sind. Ein gutes Signal?
Das ist nicht richtig, die Entscheidung der Disziplinarkommission ist noch nicht rechtskräftig und so lange bleiben die Beamten außer Dienst. Mein Haus prüft derzeit auch ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung. Es gibt in der Causa zudem ein Disziplinar- und ein Strafverfahren, und die betroffene Person befindet sich nicht mehr in Stein, sondern in Wien. Das Ergebnis des Strafverfahrens ist abzuwarten. Wesentlich ist: Wir tun alles Menschenmögliche, um die Situation zu verbessern. Wahr ist: Wir haben strukturelle Schwächen. Allerdings können wir die nicht von heute auf morgen abstellen.