Neu veröffentlichte Chats werfen ein schiefes Licht auf Postenbesetzungen in der Justiz. Konkret geht es um die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, in welcher Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter 2014 seine Wunschkandidatin als Chefin installiert haben soll. Aber das war nicht die einzige umstrittene Personalie Brandstetters.
KURIER: 2014 haben Sie Eva Marek als Chefin der Oberstaatsanwaltschaft installiert. 2015 haben Sie einem Abteilungsleiter einen Karrieresprung verweigert. Das wurde am Verwaltungsgericht verhandelt. Der Richter urteilte, Sie hätten „grob unsachlich“ gehandelt. Keine Visitenkarte für Ihre Personalpolitik ...
Wolfgang Brandstetter: Genaugenommen habe nicht ich Eva Marek bestellt. Der Justizminister kann nur einen Besetzungsvorschlag machen, die Ernennung erfolgt durch den Bundespräsidenten. Ich musste Hunderte Personalentscheidungen treffen – die meisten waren unstrittig. Ich stehe hundertprozentig zu meinem Vorschlag. Dafür gab es gute, sachliche Gründe. Das werde ich im U-Ausschuss auch gerne erklären. Dasselbe gilt für die vom KURIER aufgegriffene interne Entscheidung über die Leitung einer Abteilung. Da gab es nach meiner Erinnerung immer wieder massive Beschwerden, vor allem darüber, dass der frühere Abteilungsleiter speziell Nichtakademiker schlecht behandelte. Um dies zu verifizieren, wurden dem Hearing über die Neubesetzung bewusst auch Nichtakademiker beigezogen, worüber sich dieser Richter sehr echauffierte. Dies kam auch im Hearing, bei dem eine fachlich hervorragende und sozial kompetente Bewerberin deutlich überzeugte, heraus. Soziale Kompetenz war für mich eben auch immer ein wichtiges Entscheidungskriterium. Mein Chauffeur war übrigens nicht beim Hearing, aber das ist nur eine der falschen Darstellungen des unterlegenen Bewerbers, gegen die ich mich in dem von ihm angestrengten Verwaltungsverfahren leider nicht wehren konnte, weil ich dort keine Parteistellung und kein Parteiengehör hatte. Grotesk, das Ganze.
Wie kann es passieren, dass Sie keine Ladung bekamen?
Ich kann das nicht erklären. Parteistellung mit allen Antragsrechten hatte das Justizministerium, aber das war nach meiner Zeit. Ich bin überzeugt, dass die Entscheidung anders gewesen wäre, wenn das Gericht meine Argumente berücksichtigt hätte können, aber die hatten sie ja nicht. Dass man als Bundesminister Verwaltungsverfahren verliert, kommt vor. Ich musste als Bundesminister Entscheidungen zur Kenntnis nehmen, in denen das Verwaltungsgericht aus der Zeit meiner Vorgänger Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgesetz feststellte. So etwas ist mir nie passiert. Aber es wäre mir wahrscheinlivh zurecht auch passiert, wenn ich im konkreten Fall nicht zugunsten der eindeutig besser qualifizierten Bewerberin entschieden hätte.
Warum haben Sie die Reihung der Personalkommission nicht übernommen , womit Ilse-Maria Vrabl-Sanda als OStA-Chefin verhindert wurde?
Wenn man seine eigene Entscheidungskompetenz verantwortungsvoll wahrnehmen will, muss man auch Vorschläge der Personalkommission kritisch hinterfragen – vor allem, wenn man, so wie ich, selbst vom Fach ist. Marek war fachlich besser ausgewiesen, das beweisen ihre Publikationen und ihr weiterer Werdegang. Für die Leitung der OStA ist die Fachaufsicht wichtig, da geht es um fachliche Kompetenz, und da ist einfach das Bessere der Feind des Guten. Um die Fachaufsicht über die WKStA ging es mir dabei nicht so sehr, weil die damals soweit für mich erkennbar gut funktionierte und deren fachliche Kompetenz aus meiner Sicht auch durch den speziell für die WKStA entwickelten Ausbildungslehrgang an der WU sichergestellt werden sollte. Deshalb habe ich ja auch die Berichtspflicht der WKStA für laufende Verfahren zurückgenommen und die Ausweitung auf 40 Planstellen durchgekämpft. Die bestmögliche Fachaufsicht hielt ich damals für andere Bereiche (Stichwort: Tierschützerprozess) der Staatsanwaltschaften für wichtig.
Warum hat sich Eva Marek über Sie beschwert, wenn es keinen Deal gab?
Natürlich gab es keinen Deal. Marek hat die Funktion als Leiterin der OStA hervorragend bewältigt, und sie wäre sehr gerne Generalprokuratorin geworden. Insofern konnte ich ihre Enttäuschung verstehen. Für diese Funktion war jedoch für mich Generalanwalt Plöchl der bestgeeignete Bewerber. Wenn es nach der Logik der von politischer Seite unterstellten „schwarzen Netzwerke“ gegangen wäre, hätte ich Marek dem Bundespräsidenten als Generalprokuratorin vorschlagen müssen. Genau das ist eben nicht passiert.
Kommentare