Bootsflüchtlinge abfangen: Heftige Kritik an Kurz

Sebastian Kurz
SPÖ, Grüne und FPÖ lehnen den Vorschlag des Außenministers, Bootsflüchtlinge schon auf See abzufangen, ab.

Verwundert hat sich am Sonntag die Wiener Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger über jüngste Vorschläge von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) zum Thema Flüchtlinge gezeigt: "Verfolgte Menschen haben das Recht auf Schutz. Mit Internierungslagern auf den Inseln vor der Europäischen Grenze würden wir dieses Recht abschaffen."

Kurz hatte in einem Interview mit der Presse am Sonntag vorgeschlagen, Bootsflüchtlinge nach dem Vorbild Australiens rigoros im Mittelmeer abzufangen, dann sofort zurückzuschicken oder auf Inseln wie Lesbos zu internieren. Rettung aus Seenot dürfe kein Ticket nach Europa sein, erklärte der Außenminister. Ziel sei mehr Abschreckung. "Die EU sollte klar festlegen: Wer illegal versucht, nach Europa durchzukommen, soll seinen Anspruch auf Asyl in Europa verwirken."

Es sei äußerst bedenklich, dass Kurz ein Land vor den Vorhang holt, "dessen Einwanderungsbestimmungen international höchst umstritten sind", so Frauenberger. "Mit einem veralteten Modell wie Ellis Island können wir nicht den aktuellen Herausforderungen begegnen. Solange es Krieg und Verfolgung gibt, wird es Flüchtlinge geben. Wir brauchen europäische Lösungen, die Menschen Schutz geben ohne Europa zu überfordern", fordert Frauenberger.

Vom Außenminister verlangt Frauenberger: "Kurz muss seine Hausaufgaben machen und die europäische Asylpolitik nicht aufgeben, sondern eine sinnvolle Umsetzung erwirken. Dazu gehört auch, endlich die nötigen Rückführungsabkommen zu verhandeln."

ÖVP-Generalsekretär beruhigt

ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald teilte mit: "Für die ÖVP ist klar: Weder Linksgutmenschen noch Rechtshetzer lösen das menschliche Leid." Was es brauche, sei eine sachorientierte Asylpolitik, die über Parteigrenzen hinweg zu gemeinsamen Lösungen findet. "Also genau die Art Politik, die die Bundesregierung gerade vorlebt. In der Regierung gibt es einen gemeinsamen Konsens in der Beibehaltung der Asyllinie mit Obergrenzen." McDonald reagierte damit auch auf Kritik der Freiheitlichen an Kurz. "Kein Tag vergeht, ohne wadelbeißende, ätzende Sticheleien von Seiten der FPÖ."

Kritik an Außenminister Sebastian Kurz kam am Sonntag von Alev Korun, Menschenrechtssprecherin der Grünen. "Was Außenminister Kurz mit Einsperren von Schutzsuchenden auf Mittelmeer-Inseln vorschlägt, ist die Abschaffung des Rechts, dass verfolgte Menschen um Schutz ansuchen dürfen, ohne interniert zu werden", stellt Korun in einer Aussendung fest.

"Spiel mit dem Feuer"

Dieses Recht auf Schutz vor Verfolgung sei nicht ohne Grund nach zwei Weltkriegen mit Millionen ziviler Opfer und verfolgten Minderheiten wie Juden und Roma international beschlossen worden. "Diese historische humanitäre Errungenschaft nun für innenpolitisches Punktemachen abschaffen zu wollen, ist ein Spiel mit dem Feuer", mahnte Korun.

Korun stellte fest: "So lange es Krisenherde wie Syrien, Irak oder Sudan gibt, werden Fluchtursachen weiter bestehen. Solange Menschen zu Flüchtlingen 'gemacht' werden, kann es daher nur internationale und EU-weite gemeinsame Lösungen für die Herausforderung ihrer Aufnahme geben."

Vilimsky ortet Scheinheiligkeit

FPÖ-Generalsekretär und Europaabgeordnete Harald Vilimsky hat am Sonntag jüngste Aussagen von Außenminister Sebastian Kurz zur Flüchtlingsfrage als "Gipfel der Unglaubwürdigkeit und Scheinheiligkeit der ÖVP" bezeichnet. "Sachlich und inhaltlich hat sich nämlich rein gar nichts an der Willkommenspolitik von SPÖ und ÖVP verändert", so Vilimsky in einer Aussendung.

"Nur eine sofortige Beendigung dieses Migrationsstromes kann ein Desaster in Europa verhindern. Menschen, die nach den Genfer Kriterien Schutz benötigen, sollen diesen mit Unterstützung Europas erhalten, aber auf ihrem Kontinent und nicht auf unserem. Jene, die sich ohne entsprechenden Flüchtlingsstatus in Europa aufhalten, müssen schleunigst in ihre Heimatländer zurückgebracht werden, auch hier ist den zahlreichen Versprechungen der ÖVP nicht eine einzige Tat gefolgt. Vor diesem Hintergrund sind die aktuellen Kurz-Aussagen alles andere als ernst zu nehmen", betonte Vilimsky.

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