Hofburg-Wahlk(r)ampf der Rekorde
Es war der Wahlkampf der "Nie-Zuvors": Nie zuvor wurden mehr Wahlkarten bei einem Urnengang ausgestellt als bei diesem politischen Rennen; nie zuvor wurden mehr Plakate geklebt, Flyer gedruckt und Euro für eine Wahl gesammelt; und nie zuvor haben die Kandidaten bei einer einzigen Wahl-Auseinandersetzung mehr Interviews und Auftritte absolviert als bei dieser.
Das Rennen um die Hofburg im Jahr 2016 war in vielerlei Hinsicht ein politischer Wettkampf der Rekorde. Der KURIER hat die interessantesten Zahlen und Fakten gesammelt.
Noch nie hat ein Präsidentschaftswahlkampf so lange gedauert, wie dieser. Am 17. Dezember 2015 gab die ehemalige Höchstrichterin Irmgard Griss bekannt, dass sie als unabhängige Kandidatin bei der Hofburg-Wahl antreten wird.
Damit wurde ein Wahlkampf eröffnet, der – die voraussichtliche Angelobung am 26. Jänner 2017 mit eingerechnet – länger als ein ganzes Jahr dauert.
Ein Blick zurück: Am 24. April fand der erste Wahlgang statt, am 22. Mai die Stichwahl zwischen Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen. Da der Verfassungsgerichtshof angeordnet hat, die Stichwahl zu wiederholen, und dieser zunächst für 2. Oktober festgesetzte Urnengang erneut wegen schadhafter Briefwahlkuverts auf 4. Dezember verschoben werden musste, hat der Wahlkampf exakt 354 Tage gedauert – wobei Alexander Van der Bellen seit 8. Jänner und Norbert Hofer seit 28. Jänner im Einsatz waren.
Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen haben fast ein Jahr lang um Stimmen gebuhlt und dabei so viele Straßen-Kilometer absolviert, wie noch kein Präsidentschaftskandidat vor ihnen. Aus dem Fahrtenbuch für Norbert Hofers Wahlkampf-Auto geht hervor, dass der Freiheitliche in den vergangenen Monaten rund 70.000 Kilometer auf der Straße zurückgelegt hat.
30.000 Kilometer waren es per Flugzeug (Hofer war auch im Ausland auf Werbetour), macht in Summe 100.000 Kilometer.
Noch nie zuvor hat eine unabhängige Kandidatin so viele Stimmen bei einer Präsidentenwahl bekommen wie Irmgard Griss im ersten Wahlgang. 810.641 Wahlberechtigte votierten beim ersten Wahldurchgang für die frühere Präsidentin des Obersten Gerichtshofes. Das waren 18,9 Prozent.
So viel hat keine unabhängige Kandidatin bzw. kein unabhängiger Kandidat vor der Höchstrichterin erreicht. Der bisheriger Rekord lag bei 13,6 Prozent, aufgestellt im Jahr 1998 von Gertraud Knoll.
So teuer wie der aktuelle war noch kein Bundespräsidentschaftswahlkampf. Rund 7,2 Millionen Euro hat Alexander Van der Bellen in seinen Wahlkampf investiert. 3,1 Millionen Euro kamen von privaten Spendern, 2,6 Millionen steuerten die Grünen bei. Zusätzlich gab es noch Sachspenden von Grünen – und in geringem Ausmaß auch von der Wiener SPÖ (Wert: 50.000 Euro). Die FPÖ beziffert die Wahlkampfausgaben für Norbert Hofer mit knapp sechs Millionen Euro. Spenden wurden nicht lukriert.
Viel Geld wurde in Wahlwerbung investiert, etwa in die Wahlplakate. Van der Bellen wurde auf mehr als 17.000 großen und 119.000 kleineren Plakaten beworben. Wie viele Plakate der Blauen für Hofer affichiert wurden, ließ sich nicht eruieren.
Es wurde tonnenweise Werbematerial verteilt. Gewogen wurde nicht, aber gezählt: Das VdB-Team hat den Bürgern die Wahlentscheidung mit 874.935 Fruchtgummis versüßt. Auch 2,5 Millionen Folder und 200.000 Sticker wurden an Mann und Frau gebracht.
Die Kandidaten mussten am laufenden Band Medien-Termine absolvieren – so viele wie noch nie. Mehrere hundert Interviews habe Norbert Hofer im Wahlkampf mit Sicherheit gegeben, "vielleicht waren es sogar 1000", heißt es in seinem Team. Konkurrent Van der Bellen hat allein rund 350 TV- und Radio-Interviews absolviert. Wie vielen Printjournalisten er Rede und Antwort gestanden ist, kann nicht beziffert werden: "Wir haben aufgehört zu zählen." Dass die zwei Kandidaten unzählige Interviews gegeben haben, liegt auch am enormen Medieninteresse aus dem Ausland. Selbst CNN und das japanische Fernsehen haben Hofer und Van der Bellen befragt.
Noch nie haben soziale Medien eine derart große Rolle in einem Präsidentschaftswahlkampf gespielt. Highlight im Van-der-Bellen-Wahlkampf war das Video von Frau Gertrude, das 3,2 Millionen Menschen gesehen haben. Die Geschichte der Holocaust-Überlebenden bewegte. Immerhin 1,4 Millionen Leute haben auch das "I am from Austria"-Video gesehen. Reinhard Fendrich erlaubte, dass sich Van der Bellen mit der inoffiziellen Bundeshymne im Netz wirbt. Die Interaktionen (Shares, Likes, Kommentare) auf Facebook, Twitter & Co gehen in die Millionen. Auch Norbert Hofer wurde im Netz intensiv beworben. Er hat mehr als 300.000 Facebook-Freunde, Van der Bellen rund 250.000.
Es waren mehr Wahl-Helfer als je zuvor in einem Hofburg-Wahlkampfeinsatz. Alle FPÖ-Ortsgruppen und damit Tausende Funktionäre haben Norbert Hofer unterstützt, sagt Pressesprecher Martin Glier. Alexander Van der Bellen konstatiert, er habe "die größte Wahlbewegung in der jüngeren Geschichte Österreichs" hinter sich. Aus allen politischen Lagern würden sich Bürger für ihn engagieren. Mehr als 10.000 ehrenamtliche Helfer seien unterwegs gewesen, zudem hätten sich "hunderte unabhängige Initiativen" für VdB gebildet. Die Arbeit sei kräfteraubend gewesen. Die engsten Helferleins des Wirtschaftsprofessors haben allein seit 1. Juli exakt 24.180 Fruchtgummis genascht und mehrere hundert Extrawurstsemmeln verzehrt – "natürlich mit Gurkerl".
Kommentare