Ähnlich beurteilt das auch Meinungsforscher Peter Hajek. „Die Zeiten von großen Mehrheiten sind vorbei“, sagt Hajek. Was die Wahl mit Van der Bellens erster Wahl eint? „2016 hatten wir die Migrationskrise als dominantes Thema. Heuer die Energiekrise, die Ukraine-Krise und die Teuerungen. Diese Themen machten es einem Mitte-Links-Kandidaten schwer“, sagt Peter Hajek.
Die FPÖ erreicht am Sonntag zwar Platz zwei, „aber bei der FPÖ wurde wohl weniger gejubelt“, sagt Meinungsforscher und OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Die FPÖ habe sich mindestens 22 Prozent erwartet, erklärt Bachmayer. Also den Wert, den die Blauen derzeit bei der Sonntagsfrage zur Nationalratswahl erzielen. Der freiheitliche Kandidat Walter Rosenkranz lag mit rund 18 Prozent klar darunter.
"Rosenkranz war die falsche Wahl"
Dabei liege nahe, dass zumindest die FPÖ-Wähler für Rosenkranz votiert hätten. Gleichzeitig trafen mit ihm Nicht-FPÖ-Wähler eine Entscheidung gegen Van der Bellen. „Das Ergebnis ist für ihn und die FPÖ also eine herbe Enttäuschung und zeigt, dass Rosenkranz für die FPÖ die falsche Personalentscheidung war“, sagt Bachmayer. Die Folge könnten weitere interne Partei-Querelen bei den Blauen sein. Die Causa Jenewein etwa dürfte nur aufgrund der Bundespräsidentenwahl nach außen verstummt sein.
Einige für die FPÖ positive Aussagen hat das Wahlergebnis trotzdem: Trotz Konkurrenz im rechten Lager durch Tassilo Wallentin und Gerald Grosz (Ex-BZÖ und Ex-FPÖ), hat Rosenkranz klar den zweiten Platz belegt und „kann somit die rechte Vorherrschaft für die FPÖ reklamieren“, ergänzt Peter Hajek. Außerdem: Zählt man die Stimmen für die Mitte-Rechts-Kandidaten zusammen, gibt es in Österreich mit rund 35 Prozent eine veritable rechts-konservative Wählergruppe, „die man bei der nächsten Nationalratswahl ansprechen kann. Die FPÖ muss sich keine Sorgen machen“, sagt Hajek.
Die FPÖ werde vom Wahlkampf profitieren. Denn der Wert der Kandidatur für alle außer Van der Bellen liege darin, „dass sie mit dem Wahlkampf und der medialen Berichterstattung darüber mehr oder minder kostengünstig bei einem breiteren Publikum bekannt wurden“, sagt Meinungsforscher Bachmayer. Damit konnten sie sich für eine nächste Wahl „warm laufen“.
Aber wer konnte wen mobilisieren?
Besonders gering schätzt Bachmayer die Wahlbeteiligung bei den Unter-30-Jährigen. Das liege daran, dass es eine „völlig spannungslose Wahl war“, die politisch uninteressierte Menschen nicht zum Mitmachen animieren konnte. Außerdem handelte es sich nicht um eine Nationalratswahl, „wo die Messer fliegen. Denn: Das Bundespräsidenten-Amt ist eher das Amt des Opapas bis Staatsnotar“, so Bachmayer. Zudem ist ein Amtsinhaber noch nie beim zweiten Wahlgang nicht klar erster geworden, ergänzt er.
Besonders bei dieser Wahl: Es habe keinen „klassischen Gendergap“, also Geschlechterunterschiede in der Wählerstruktur gegeben habe, so Hajek. Der erst 35-jährige Bierpartei-Chef Dominik Wlazny konnte besonders bei den Jungen punkten, „zumindest bei jenen, die an der Wahl teilgenommen haben. Denn die Jungen sind signifikant weniger zur Wahl gegangen als die Generation 60 plus, die zu rund 74 Prozent für Van der Bellen stimmten.“
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