Berlin kommt Ankara entgegen: Verbot für Porträts von Öcalan
Die ruhige und pragmatische Art der deutschen Kanzlerin hat sich wieder einmal durchgesetzt. Während die Mehrheit der Bevölkerung und auch viele Politiker nach den verbalen Entgleisungen vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan abwärts eine härtere Gangart gegenüber Ankara eingefordert hatten, setzte sie eine Geste der Annäherung: Fahnen und Poster mit dem Konterfei des ehemaligen Anführers der Kurden-Guerilla PKK, Abdullah Öcalan, werden nun rigoros verboten. Laut Spiegel hat Innenminister Thomas de Maiziere bereits am 2. März ein entsprechendes Schreiben an alle Bundesländer und Sicherheitsbehörden versandt.
In der offiziellen Begründung heiße es, dass das Abbild des PKK-Gründers einen "erheblichen Emotionalisierungseffekt" habe, der in "besonderer Weise geeignet" sei, "den in Deutschland verbotenen Zusammenhalt der PKK zu fördern". Zudem seien weitere 32 Symbole verboten worden, die der als Terrororganisation eingestuften Gruppierung zugerechnet werden, darunter auch das Zeichen der Kurdenmiliz YPG. Diese bekämpft in Syrien unter anderem die Extremisten des "Islamischen Staates" (IS) und ist dort der wichtigste Verbündete der USA.
Die Machthaber in Ankara hatten Berlin in der Vergangenheit immer wieder vorgeworfen, Terroristen zu unterstützen. Nach den Auftrittsverboten türkischer Politiker in Deutschland bezichtigte Erdoğan das wichtigste und potenteste EU-Land nicht nur der Anwendung von "Nazi"-Praktiken, sondern packte erneut die "Terror-Keule" aus. Ob er nach der jüngsten Wendung seine Rhetorik zurückfährt, bleibt abzuwarten.
Kein "Öcalan"-Bann in Österreich
Österreich wird sich zumindest vorläufig der deutschen Vorgangsweise nicht anschließen. "Wir haben eine andere Rechtslage als unser Nachbar. Der Rechtsbestand ist ausreichend und keine Änderung der derzeitigen Regelung in Planung", meinte Karl-Heinz Grundböck, Sprecher von Innenminister Wolfgang Sobotka, zum KURIER. Sollten Straftaten drohen, habe man genügend Handhabe.
Gewalt-Eskalation in Kurdengebieten
Die PKK ging 1984 in den Untergrund, um für die Rechte der Kurden im Südosten des Landes zu kämpfen. Nach einer kurzen Phase eines Friedensprozesses eskalierte seit Mitte 2015 die Gewalt allerdings erneut. Seither gehen die türkischen Sicherheitskräfte kompromisslos vor. Die UNO wirft Ankara in einem am Freitag präsentierten Bericht vor, zahlreiche Tötungen begangen und Siedlungen systematisch zerstört zu haben. Mindestens 355.000 Menschen seien vertrieben worden.
Dazu kommt, dass nach dem gescheiterten Putsch vom 15. Juli des Vorjahres die Parteispitze der Kurden-Partei HDP verhaftet wurde, zahlreiche kurdische Bürgermeister wurden abgesetzt.
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