Benkos "Luftschlösser": Grüne verärgern Koalitionspartner mit Vorschlag für U-Ausschuss

Benkos "Luftschlösser": Grüne verärgern Koalitionspartner mit Vorschlag für U-Ausschuss
Abgeordnete Tomaselli will Benko-Imperium untersuchen, ÖVP-Mann Hanger verbucht dies als "Einzelmeinung" und "persönliche Profilierung". Fest steht: Für einen neuen U-Ausschuss wird die Zeit knapp.

FPÖ und SPÖ haben in den vergangenen Monaten "intensiv" mit der SPÖ über einen neuen U-Ausschuss verhandelt - bislang ohne präsentables Ergebnis. Die Uhr tickt: Wenn es in der ablaufenden Legislaturperiode noch einen U-Ausschuss geben soll, dann sollte er noch im November beschlossen werden. Grund ist die lange Vorlaufzeit. 

Angenommen, das Verlangen wird kommende Woche im Nationalrat eingebracht - der inhaltliche Teil des U-Ausschusses würde frühestens Anfang März starten, sagt Parlamentarismusexperte Werner Zögernitz

Er rechnet vor: Der Antrag müsste zunächst dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen werden. Bis dieser entscheidet, kann es bis zu acht Wochen dauern - damit wären wir schon im Jänner. Der U-Ausschuss muss dann zusammentreten, Termine und Programm beschließen, Aktenlieferungen beantragen und Auskunftspersonen laden. 

Der U-Ausschuss könnte also Anfang März mit den Befragungen beginnen, spätestens Anfang Juli müssten diese schon wieder enden. Grund ist die Nationalratswahl, die regulär im September über die Bühne gehen soll. Anfang Juli deshalb, weil der U-Ausschuss dann noch seinen Bericht vorlegen muss - und das muss laut Verfahrensordnung bis zum 82. Tag vor der Wahl geschehen. 

Damit würde der neue U-Ausschuss nur vier Monate dauern. Zum Vergleich: Der Ibiza-U-Ausschuss dauerte 20 Monate (Jänner 2020 bis September 2021) und der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss 16 Monate (Dezember 2021 bis April 2023). 

Einen U-Ausschuss für die Zeit der Wahl zu pausieren und in der neuen Legislaturperiode fortzusetzen, ist eigentlich nicht vorgesehen. Es ließe sich aber über einen Trick bewerkstelligen: Der U-Ausschuss könnte seine Arbeit ohne abschließende Berichterstattung fristgerecht beenden und nach der Wahl zum selben Thema neu aufnehmen. 

Benko-Imperium

Heute, Mittwoch, ließ die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli aufhorchen: Sie interessiert sich für das Firmenimperium von rund um Investor René Benko, der erst vor einer Woche den Vorsitz im Beirat zurückgelegt hat. "Gab es da eine Spezialbehandlung seitens der Politik, dass der überhaupt sein Luftschlösserreich so aufbauen konnte?", will Tomaselli laut Ö1-"Morgenjournal" und Kronen Zeitung gerne untersuchen. Am Zug sieht sie aber die Opposition. 

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Die ÖVP dürfte von einem derartigen U-Ausschuss nicht begeistert sein, pflegte man doch einst enge Kontakte zu Benko. Tomaselli will aber kein Foul am Koalitionspartner erkennen: "Es sind ja viele dem angeblichen Wunderwuzzi ordentlich auf den Leim gegangen und das betrifft Vertreter fast aller Parteien."

Prüfen will die Grüne Abgeordnete, ob Benko von der Politik speziell gefördert worden sei, um seine Immobilienfirma auszudehnen, aber auch die Insolvenz der Kika/Leiner-Gruppe kurz nach dem Verkauf durch Benko. "Warum war der türkis-blauen Bundesregierung das überhaupt damals so ein Anliegen, dass Benko und seine Signa Kika/Leiner übernimmt?"

"Kurz und knackig - vor der Wahl 2024" soll der U-Ausschuss vonstatten gehen, schwebt Tomaselli jedenfalls vor. "Nun ist die Opposition am Zug. Sie könnte dank Minderheitenrecht den Ausschuss initiieren." Die Grünen würden mitmachen. Tomaselli erinnerte auch daran, dass es langsam zeitlich knapp wird, wenn man vor der nächsten Nationalratswahl noch einen U-Ausschuss einsetzen will.

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ÖVP spricht von "Showpolitik"

ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger meldete sich dann am frühen Nachmittag zum Vorstoß der Grünen zu Wort: „Die Abgeordnete Tomaselli fällt einmal mehr mit einer Einzelmeinung auf. Ihr geht es offenbar nicht darum, konstruktive Politik betreiben, sondern einzig um persönliche Profilierungen. Seriöse politische Arbeit sollte im Zentrum der Arbeit von Abgeordneten stehen und nicht Showpolitik, wie Tomaselli sie betreibt .“

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss sei natürlich ein Recht der Minderheit, der jederzeit eingesetzt werden könne, so Hanger weiter. Er betont: „Zielführend wäre, wenn Tomaselli sich mit ihrem Anliegen an den neuen SPÖ-Chef Andreas Babler richten würde. Vielleicht kann dieser Licht in die Verstrickungen des Ex-SPÖ-Kanzlers und Signa-Aufsichtsratschefs Alfred Gusenbauer (Ex-SPÖ-Kanzler, Anm.) bringen.“ 

Neos: Seriöse Arbeit, keine Schlammschlacht

Die Causa Benko und Kika/Leiner gehöre sicher zu den Skandalen, die auf dem Tisch liegen und aufgeklärt werden müssten, heißt es vom SPÖ-Klub. "Wir sind dazu in Gesprächen mit den anderen Oppositionsparteien. Diesen Gesprächen greifen wir nicht vor." 

Die Grünen könnten auch jederzeit einen Ausschuss mit der ÖVP machen, wurde in der Stellungnahme angemerkt. "Als Regierungspartei der Opposition zu sagen, was die untersuchen soll, ist bisher noch nicht vorgekommen. Wir sind aber gespannt, was für einen Antrag sie vorlegen werden."

Nicht ganz abgeneigt sind die Neos. Abgeordneter Nikolaus Scherak, der mit SPÖ und FPÖ über Themen verhandelt, sagt aber: "Uns ist wichtig, dass sich ein U-Ausschuss seriös arbeitet und Missstände aufklärt, damit man am Ende gesetzliche Vorschläge machen kann, die dazu dienen, derartige Umtriebe in Zukunft zu verhindern." Für "nicht nötig" hält er öffentliche Schlammschlachten, die "gelegentlich" bei den vergangenen U-Ausschüssen vorgekommen seien. 

Aus Sicht der Neos liegt aber vor allem das Russland-Thema am Tisch: "Wie konnte es zu dieser enormen Abhängigkeit Österreichs von Russland kommen?", will Scherak wissen. 

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"SPÖ auf der Bremse"

Im Rahmen seiner Asyl-Pressekonferenz ging auch FPÖ-Chef Herbert Kickl auf das drängende Thema U-Ausschuss ein. Was den Vorschlag der Grünen bezüglich Benko betrifft, so erinnert er daran, dass seine Partei bereits im Juni einen Antrag auf einen U-Ausschuss "rund um den Dreh- und Angelpunkt Kika/Leiner" eingebracht habe. Dieser sei von allen anderen Parteien - auch den Grünen - abgelehnt worden. 

Mit der SPÖ habe es Verhandlungen gegeben, "ich habe aber das Gefühl, dass die SPÖ hier auf der Bremse steht, und ich habe das Gefühl, dass es mit der Person Gusenbauer zu tun hat." 

Ein U-Ausschuss sei ein erster politischer Schritt, er habe auch seine Juristen beauftragt, "nachzuschauen, wo überall strafrechtliche Relevanz wahrscheinlich ist", so Kickl. Für ihn gehe es nicht darum, "mit wem man es macht, sondern dass es gemacht wird. An uns liegt es nicht. Wir sind bereit."

Die Einsetzung eines U-Ausschusses ist ein Minderheitenrecht - es reichen die Unterschriften von 46 der 183 Abgeordneten im Nationalrat, also einem Viertel. 

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