Streit über Gehälter: Heute streiken die Beamte
Das Super-Wahljahr ist noch nicht zu Ende. Am Mittwoch und Donnerstag bestimmen die Öffentlich Bediensteten ihre Personalvertreter, rund 250.000 Personen sind zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Fraktion christlicher Gewerkschafter (FCG) hat eine absolute Mehrheit zu verteidigen.
Fast ein wenig überlagert wird der Urnengang aber vom aktuellen Gehaltskonflikt, den die Gewerkschaft gemeinsam mit den Gemeindebediensteten bestreitet. Obwohl sich der November bereits dem Ende nähert und die Gehaltserhöhung Anfang 2025 wirksam werden soll, hat bisher erst eine Verhandlungsrunde mit der Regierung stattgefunden. Die schwierige budgetäre Lage und die laufenden Koalitionsverhandlungen machen die Ausgangsposition nicht einfacher.
Großer Streik angekündigt
Am Tag vor Beginn ihrer Wahl hat die Personalvertretung für Dienstag zu einer Groß-Demonstration in Wien aufgerufen. Mit wahrscheinlich rund um die 30.000 Teilnehmer will man ein machtvolles Zeichen an die Regierung senden. In der Tasche hat die GÖD mittlerweile auch eine Streik-Freigabe des ÖGB. Man könnte also loslegen, wenn man den richtigen Zeitpunkt gekommen sieht.
Nicht nur die zähen Verhandlungen, sondern auch Forderungen nach einer Nulllohnrunde, erzürnen die Beamtenschaft. Wie viel sich der Staat damit sparen könnte und welche Lösung bei den Gehaltsverhandlungen realistisch ist – die wichtigsten Fragen und Antworten:
Welche Berufe zählen zum öffentlichen Dienst?
In Österreich gibt es derzeit 797.300 Bundesbeschäftigte. Die meisten, rund 33 Prozent, arbeiten im Bildungssektor, 27 Prozent (unter anderem als Polizisten) im Sicherheitsbereich und 15 Prozent in der Landesverteidigung.
Wie hoch könnte die Lohnanpassung für 2025 ausfallen?
Als Untergrenze für die Gehaltsverhandlungen gilt die Inflationsrate des Vorjahres. Aktuelle Ausgangsbasis für Regierung und Gewerkschaften: eine Inflation von 3,8 Prozent bei einem Wirtschaftswachstum von minus 0,6 Prozent. Die Beamten fordern einen „angemessenen“ Abschluss, um die Kaufkraft der Bundesbediensteten zu erhalten. Angesichts der aktuellen Pensionierungswelle gehe es außerdem darum, dass die Berufe attraktiv blieben.
Was kostet die Lohnanpassung den Staat?
Laut Berechnungen des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria rund 180 Millionen Euro pro Jahr und Prozentpunkt. „Wenn die Gehälter also im Ausmaß der rollierenden Inflation, um 3,8 Prozent steigen, würde das 2025 zusätzlich 700 Millionen Euro kosten“, sagt Agenda-Austria-Ökonom Dénes Kucsera im Gespräch mit dem KURIER.
Wie stark erhöhten vergangene Regierungen die Beamtengehälter?
Von 2007 bis 2022 sind die Bruttojahreseinkommen der Vollzeitbeschäftigten in allen Berufsgruppen laut Agenda Austria über der Inflationsrate gestiegen. Im Gegensatz zu den vollzeitbeschäftigten Arbeitern, deren Gehälter „nur“ um 41,4 Prozent stiegen, seien Beamte mit 45,4 Prozent Lohnanstieg aber klar im Vorteil, betont Kucsera. Zusätzlich würden Beamte im Vergleich zu allen anderen Gruppen höhere Privilegien genießen – etwa beim Kündigungsschutz oder bei den Pensionen. In den vergangenen zehn Jahren seien die Beamtengehälter fast immer über der Inflationsrate angepasst worden, betont der Ökonom.
*Anmerkung zur Grafik: Es handelt sich um ganzjährig Vollzeitbeschäftigte. Die Inflationsrate im Zeitraum 2007-2022 beträgt 41,2 Prozent.
Wer fordert eine Nulllohnrunde?
Margit Kraker, Präsidentin des Rechnungshofs, sieht den richtigen Zeitpunkt für eine Beamten-Nulllohnrunde – also ein einmaliges Aussetzen der Lohnsteigerung. Das könnte ein Beitrag im Kampf gegen das hohe Budgetdefizit leisten. Auch Kucsera hält eine Nulllohnrunde oder eine Erhöhung unter der Inflationsrate für „berechtigt“. Natürlich würde das auch Lehrer oder Polizisten treffen, die in Problemvierteln arbeiten, doch: „So stark kann der Staat nicht differenzieren. Dafür müssen sich Beamte gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wie aktuell, auch keine Sorgen um den Arbeitsplatz machen.“
Wird das passieren?
Nein. Spitzenvertreter von ÖVP, SPÖ und Grüne haben Kraker teils deutlich kritisiert. Auch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger reagierte zurückhaltend.
Beschäftigte
Der Personalstand des Bundes beträgt rund 797.300 Personen. Neben den Gebietskörperschaften (Gemeindeämter, Länder, Bundesministerien etc.) zählen auch Angestellte der Sozialversicherungsträger, von Kammern und 400 Institutionen mit eigener Rechtspersönlichkeit (Universitäten, Unternehmen wie die Asfinag etc.) zu denjenigen, die von der öffentlichen Hand bezahlt werden.
Aufteilung
Die personalstärksten Bereiche sind die der Bildung (33 %, darunter fallen Lehrer), des Inneren (27 %, dazu gehören vor allem Polizisten) sowie der Landesverteidigung (15 %). Die Einkommen sind höchst unterschiedlich: Während im klassischen Verwaltungsdienst das mittlere Einkommen bei 46.109 Euro liegt, ist es unter Richtern und Staatsanwälten mit 101.654 Euro deutlich höher.
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