Bauern-Chef attackiert Grüne

Bauern-Chef attackiert Grüne
Bauernbund-Chef Jakob Auer über Öko-Populismus und Folgen zu vieler Verbote.

Die EU hat gestern ein zweijähriges Verbot für gewisse Neonicotinoide verhängt. Es gilt ab Dezember 2013. Die „Neonics“ sind ein Beizmittel für Maissamen, um den Maiswurzelkäfer zu bekämpfen. Sie gelten als Ursache für das Bienensterben. Der KURIER lud Grün-Chefin Eva Glawischnig zu einem Streitgespräch mit Bauernbund-Präsident Jakob Auer, doch Glawischnig fand dann doch keine Zeit.

KURIER: Herr Präsident, haben die Bauern kein Herz für Bienen? Die Bauern müssen doch wissen, wie wichtig die Bienen sind. Jakob Auer: Das wissen sie auch. Die Frage ist nur, sind die Neonics der Grund für das Bienensterben? Erst gestern habe ich das Ergebnis einer Untersuchung bekommen, woran 160 Kilogramm Bienen gestorben sind – es war Faulbrut, eine Tierseuche. Das hat nichts mit Neonics zu tun. So geht es uns auch mit der Varroa-Milbe. Viele Imker sind leider nicht in der Lage, das Bienensterben in den Griff zu kriegen. Tatsache ist aber auch, dass es seit 2006 um 25 Prozent mehr Bienenvölker in Österreich gibt.

Sogar die EU, die nicht gerade als grüner Verein verschrien ist, verbietet die Neonics.
Ich vermute, dass da etwas anderes dahintersteckt. Über kurz oder lang wird die chemische Industrie mit neuen Produkten auf den Markt kommen, die ihr höheren Ertrag bringen als die Neonics. Jetzt heißt es rechtzeitig vorher, die Neonics seien so giftig. Außerdem freut sich die Gentechnik-Lobby. Die Ungarn werden Genmais anbauen bis an die Grenze, dann haben wir den Pollenflug und die Vermischung.

Was glauben Sie, warum man Bauern so leicht als Giftmischer denunzieren kann?
Alle schreien laut über die Bauern, spritzen aber gleichzeitig in den eigenen Gärten. Würden wir Bauern so viel Schneckenkorn ausstreuen wie die Leute in ihren Gärten, wären das 2000 Kilo Schneckenkorn pro Hektar. Erlaubt sind den Bauern fünf Kilo. Die ÖBB, die Straßenverwaltungen, die Kommunen – alle spritzen, weil das Grasrupfen zu mühsam ist. Aber vorgeführt wird immer der Bauer. Und viele Medien sind ahnungslos. Der ORF hat ständig Bauern mit dem Spritzfass hergezeigt, obwohl Neonics ein Beizmittel sind.

Wen trifft das Neonic-Verbot am härtesten?
Die Silomais- und Rapsbauern sowie die Maissaatgutvermehrer. Wir erzeugen doppelt so viel gentechnikfreies Maissaatgut wie Deutschland. Diese Sparte ist nun kaputt. Wir vertreiben mit den vielen Verboten Erzeugung aus Österreich. Zum Beispiel wird in der Steiermark Trockenei hergestellt, aber die verwendeten Eier kommen aus argentinischer Käfighaltung, die bei uns verboten ist.

Was haben Sie gegen unsere glücklichen Hühner?
Gar nichts. Aber es ist halt alles ein bisschen verlogen. Die Konsumenten haben zwar ihr Gewissen beruhigt, kaufen aber Produkte mit Käfigeiern, die halt von woanders herkommen. Im biologischen Weinbau wird so viel Kupfer ausgespritzt, dass der Boden, würde man ihn entsorgen, Sondermüll wäre. Da wird heile Welt vorgegaukelt. Ich habe Respekt vor jedem Bauern, ob er konventionell oder biologisch arbeitet. Aber dass man den konventionellen Bauern Giftmischerei zuordnet, ist sehr unfair.

Eine Folge der Bienen-Debatte ist, dass eine Trennung von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium verlangt wird, weil beides unvereinbar sei.
Das ist Nonsens. Das muss natürlich zusammenbleiben. Wer ist denn für Boden, Wasser, Luft mehr zuständig als der Landwirt? Ganz Europa beneidet uns um unser nachhaltiges Wirtschaften und unser Agrar-Umweltprogramm. Der Landschaftstourismus boomt, aber wir tun so, als ob alles kaputt wäre.

Glauben Sie, dass die Grünen zu wenig Rücksicht nehmen auf die Bauern?
Die Grünen wollen mit Öko-Populismus Österreich regieren. Den Grünen ist das Thema Atomstrom abhandengekommen, jetzt haben sie in den Bauern ein neues Feindbild gefunden. Aber man muss aufpassen, dass man nicht übertreibt, etwa beim Tierschutz. Eine junge Bäuerin wurde unlängst von einer Kuh erdrückt. Das ist das Ergebnis von Freilandhaltung, dass man die Tiere neunzig Tage frei laufen lassen muss. Tierschutz ist selbstverständlich, aber der Tierhalter muss auch noch eine Chance haben.

Hat die Bauernvertretung keine Fehler gemacht?
Ich frage mich, ob es richtig war, zwanzig Jahre lang unwidersprochen zu lassen, wie die lila Kuh, das sprechende Schweinderl, die heile Welt medial vermittelt wurden. Wir hätten erwidern müssen, dass Landwirtschaft in einem beinharten Wettbewerb steht. Das Wissen über die Landwirtschaft ist erschreckend gering. Die Leute wissen nicht, wie viel Arbeit hinter der Milch und dem Fleisch im Regal steckt.

Ist Schwarz-Grün-Stronach ein Modell? Ihr Haslauer hält das für eine Zukunftskoalition.
Jedes Bundesland hat so seine Eigenheiten. Ich lege immer Wert auf eine möglichst breite Stabilität.

Würden Sie gern Landwirtschaftsminister werden?
Das kann ich ausschließen. Vor zwanzig Jahren hätte mich das gereizt. Aber ich werde mitreden, wer Minister wird. Aber warten wir das Wahlergebnis ab.

Zur Person Jakob Auer:

Privat: Jakob Auer (1948 geboren) ist seit 1971 Bauer. Seine Frau und einer seiner beiden erwachsenen Söhne führen den Schweinemast- betrieb in Oberösterreich.

Politik: Auer ist seit 1983 Abgeordneter zum Nationalrat und seit 2001 Raiffeisen-OÖ-Chef. 2011 löste Auer Fritz Grillitsch als Obmann des ÖVP-Bauernbundes ab.

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