Bandion-Ortner: „Dialog statt Monolog“

Bandion-Ortner: „Dialog statt Monolog“
Vize-Generalsekretärin Bandion-Ortner spricht im KURIER-Interview über das umstrittene Religionen-Zentrum in Wien.

Draußen vor der Wiener Hofburg eine Protest-Mahnwache mit symbolischem Hungerstreik, drinnen eine feierliche Eröffnungszeremonie mit rund 650 geladenen Gästen, darunter höchste Religionsvertreter, Top-Politiker und Diplomaten sowie UN-Generalsekretär Ban Ki-moon: Der heutige Montag steht in Österreich ganz im Zeichen des teils heftig umstrittenen Abdullah-Dialog-Zentrums, das nach dem saudi-arabischen König benannt ist. Vorab stand die Vize-Generalsekretärin des Zentrums, die ehemalige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, dem KURIER Frage und Antwort.

KURIER: Kritiker wenden ein, dass Saudi-Arabien, wo eine rigide Auslegung des Koran praktiziert wird und wo es keine Religionsfreiheit gibt, mit dem Zentrum bloß sein Image aufpolieren und als Geldgeber (bis zu 15 Millionen Euro) die dominante Rolle spielen will. Was sagen Sie dazu?
Bandion-Ortner:
Hier gibt es so viele Missverständnisse, die ich gerne aufklären will. Von der Organisationsstruktur ist es unmöglich, dass eine Kultur oder ein einzelnes Land die Richtung vorgibt. Die Religionsvertreter im neunköpfigen Board (siehe auch Artikelende) haben das Sagen. Das sind sehr selbstbewusste Leute, die würden das nie akzeptieren.

Aber heißt es nicht „Wer zahlt, schafft an“?
Der Dialog funktioniert wirklich. Ich war selbst überrascht, in welch harmonischer Art und Weise er abläuft.

Die Situation in Saudi-Arabien ist aber alles andere als erquicklich: Es finden Auspeitschungen statt, Frauen dürfen nicht Autofahren, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Gegenfrage: Was würde sich ändern, wenn der Austausch nicht stattfände. Dialog ist immer besser als Monolog. Wir sind nicht dazu da, um andere zu beurteilen oder uns irgendwo einzumischen. Es geht darum, Unterschiede herauszuarbeiten und zu akzeptieren. Wir können die Welt nicht von heute auf morgen verändern, das wissen wir, doch langfristig wird unsere Arbeit Früchte tragen – in allen Ländern dieser Welt. Und sie wird auch zur Verbesserung der Menschenrechte, letztlich zum Frieden beitragen.

„Können die Welt nicht von heute auf morgen verändern, doch unsere Arbeit wird Früchte tragen.“ Claudia Bandion-Ortner

Waren Sie schon einmal in Saudi-Arabien?
Nein, aber ich werde das nachholen. Mit König Abdullah bin ich vor zwei Monaten in Casablanca zusammengetroffen.

Die Grünen vermuten zudem, dass heimische Wirtschaftsinteressen ausschlaggebend für das Zentrum waren. Der Dialog der Religionen als Sprungbrett zu den reichen Öl-Scheichs auf der arabischen Halbinsel?
Ich weiß nicht, was sich die Grünen da vorstellen. Bei uns sind Religionsführer am Werk, nicht Wirtschaftskapitäne.

Auch von Postenschacher war schon die Rede. Für einen der hoch dotierten Direktoren-Posten (10.000 Euro monatlich) ist Markus Figl im Gespräch. Er ist Kabinettsmitarbeiter von Österreichs Außenminister Michael Spindelegger, der sich für das Zentrum massiv eingesetzt hat.
Einen noch transparenteren Personalauswahl-Prozess als den unseren gibt es wohl nicht. Wir haben für die Rekrutierung extra ein renommiertes Headhunter-Unternehmen beauftragt.

Wie sehen Sie Ihre Funktion ?
Ich bin das Bindeglied zwischen dem Zentrum und den österreichischen Institutionen. Zudem werde ich meine internationalen Kontakte als ehemalige Ministerin und Mitarbeiterin der Anti-Korruptionsakademie in Laxenburg einbringen.

Und was hat Österreich von der Begegnungsstätte?
Österreich kann seinen guten Ruf als Gastgeberland für internationale Organisationen weiter profilieren – frei nach dem Motto: Hier kann man gut reden, Dialog führen. Zudem profitieren die Stadt und das ganze Land auch wirtschaftlich von den Großkonferenzen, die wir abhalten werden. Es ist eine echte Chance für Österreich.

Wer übernimmt die Kosten für die Sicherung des Abdullah-Zentrums?
Wir werden einerseits eine eigene Security haben, andererseits wird es auch Gespräche mit dem Innenministerium geben. Fix ist in dieser Hinsicht aber noch nichts.

Sind Sie für ein Burka-Verbot in Österreich?
Die Debatte ist überflüssig, weil es in Österreich dieses Problem nicht gibt. Grundsätzlich möchte ich aber festhalten, dass jeder seine Religion in jedem Land ausüben können soll.

Anstoß Bei einem Treffen zwischen Papst Benedikt XVI. und dem saudischen König Abdullah, 87, im Jahr 2007 wurde angeblich die Idee eines Zentrums für den Dialog der Religionen und Kulturen geboren. Später setzte sich Österreichs Außenminister Michael Spindelegger dafür ein, dass Wien Sitz dieser neuen Institution wird. Angesiedelt ist sie im Palais Sturany am Wiener Schottenring, wo früher die Institute der katholischen Fakultät der Universität Wien untergebracht waren. Gründungsmitglieder sind Saudi-Arabien, Spanien und Österreich. Der Vatikan hat Beobachterstatus.

Struktur Neben dem Generalsekretariat, in dem Bandion-Ortner die Nummer zwei ist, ist das maßgebliche Gremium ein neunköpfiger Vorstand. Diesem gehören jeweils drei christliche und drei muslimische Vertreter an. Ergänzt wird er durch jeweils einen Repräsentanten des Judentums, des Hinduismus und des Buddhismus. Ein Expertenrat, dem 100 Personen angehören, steht dem Vorstand zur Seite.

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