Bahnstreik: Trainiert Hebenstreit schon für die ÖGB-Spitze?

Roman Hebenstreit
In der Sozialpartnerschaft gilt der Bahngewerkschafter als ehrgeiziger "Scharfmacher".

Die Metaller erreichten 3,46 % Lohnerhöhung, die Beamtengehälter werden um durchschnittlich 2,76 % steigen.

Die Bahnarbeitgeber bieten 3,37 % – fast so viel, wie die Metaller herausverhandelten. Ein gutes Angebot, also.

Dennoch rief die Gewerkschaft zum Warnstreik.

Warum?

Eine These lautet, es sei der Versuch, doch noch einen „heißen Herbst“ zu inszenieren, um der SPÖ zu helfen.

Gegen diese These spricht: Die SPÖ verhielt sich am Montag völlig ruhig, sie machte nicht einmal eine Aussendung zum Warnstreik. Auf KURIER-Anfrage gab’s ein Statement von SPÖ-Kommunikationschef Stefan Hirsch, das aber auch mehr nach einem diplomatischen Communiqué als nach einem flammenden Kampfaufruf klingt: „Es handelt sich um Sozialpartnerverhandlungen, die wir als SPÖ von außen nicht kommentieren. Wenn die Gewerkschaft meint, dass Warnstreiks nötig sind, ist das zu akzeptieren. Die SPÖ unterstützt Bemühungen der Gewerkschaft nach fairen Löhnen.“

Zweite These: Der Streik sei einer Feindschaft zwischen der roten Bahngewerkschaft und dem blauen Verkehrsminister zu verdanken.

Doch auch diese Vermutung hält einer Überprüfung nicht stand. Norbert Hofer und Roman Hebenstreit können ganz gut miteinander, heißt es. Hofer äußerte am Montag zwar Unverständnis über den Warnstreik, aber seine Kritik an Bahngewerkschafter Hebenstreit geriet auffallend milde. Hebenstreit erwecke den Eindruck, als stünde er „auf einem Fußballfeld, spiele aber Rugby“. Da ist man von der FPÖ Schärferes gewöhnt.

Die Antwort dürfte viel eher in den Interna der Gewerkschaft zu finden sein. Kenner Hebenstreits erzählen, der Bahngewerkschafter sei sehr ehrgeizig. In der Sozialpartnerschaft gilt er als „Scharfmacher“. Er zählt nicht zu den konsensorientierten Gewerkschaftern alter Schule, sondern zu einer konfliktfreudigen jungen Garde.

In der sozialdemokratischen Gewerkschaft gilt Hebenstreit als potenzieller künftiger ÖGB-Präsident. Wolfgang Katzian hat den ÖGB-Vorsitz zwar gerade erst übernommen, doch der 62-Jährige will nur eine Funktionsperiode bleiben. Hebenstreits Verhalten wird als Profilierung gewertet, um sich für den Sprung an die ÖGB-Spitze in Stellung zu bringen.

Sehr zum Erstaunen türkis-blauer Koalitionäre hat sich die Gewerkschaft bisher weniger als Erfüllungsgehilfin der SPÖ verhalten, als es in Regierungskreisen erwartet worden war. Die Regierung ist von Massenstreiks und Demos ausgegangen. Doch auch diese These war bisher falsch, denn sie übersah, dass die Gewerkschaft ein Verein mit freiwilligen Mitgliedern ist. Sie muss in erster Linie für ihre zahlenden Mitglieder etwas erreichen, und denen sind gute Lohnabschlüsse wichtiger als Polit-Hilfe für eine Partei.

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